Warum uns Tränen kommen "Beim Häuten der Zwiebel" und andere sich in die Hände klatschen
Welche Langeweile früher geherrscht haben muss! Da erschienen Bücher und wurden erst dann und zuweilen über Monate hinweg diskutiert! Inzwischen findet die Diskussion vor Erscheinen des Buches statt, und wir sind immerhin schon so weit, dass deren Verlauf über den Zeitpunkt der Buchveröffentlichung entscheidet.
Und die Zeiten dürften nicht fern sein, in denen die öffentliche Vorab-Diskussion über Erscheinen oder Nichterscheinen von Büchern richtet. Das Erregungsniveau ist mau? Na, dann nehmen wir doch lieber den nächsten, stärkeren Stoff!
Der ist diesmal allerdings so ziemlich das Stärkste, was die in dieser Hinsicht sich zur Weltklasse zählenden Deutschen bieten können: die Waffen-SS und der sozialdemokratische Vorzeigeintellektuelle und Nobelpreisträger Günter Grass! Menschenverachtung und Moral, KZ und Progressivität! Kein Wunder, dass die Diskussion gerade recht befriedigend für Verlag und Autor läuft, weshalb die Autobiographie früher als geplant, nämlich schon heute in den Buchhandlungen liegt. Pyromanen benutzen Brandbeschleuniger – hier handelt es sich um einen Debattenbeschleuniger.
Es ist auch ein Befreiungsschlag in eigener Sache. Denn der alte Auslieferungstermin am 1. September, just jenem Tag, an dem Hitler vor 67 Jahren den Krieg begann, lässt im Verein mit den Enthüllungen zur Waffen-SS, Grassens verführbare Jugendlichkeit hin oder her, fatale Assoziationen aufkommen. Etwa in dem Stil wie "Ab dem 1. September wird zurückgeschrieben." Der vorgezogene Verkauf zeigt: Angriff ist die beste Verteidigung, auch auf dem Büchertisch.
Das Tempo zieht also ordentlich an und kennt dabei weder Freund noch Feind. Schon muss das letzte Aufgebot ran: Ulrich Wickert, ja, der gute alte Werte-Wickert, bis zum Ende August Tagesthemen-Moderator, darf sich gar nicht erst des süßen Daseins als freier ARD-Mitarbeiter mit einer eigenen, im September startenden Literatursendung freuen. Er muss schon morgen Abend in die Bütt mit dem Butt-Autor. Pech gehabt.
Schlimmer noch sieht es für jene Frankfurter Zeitung aus, die mit einem langen Grass-Interview, das mit Sicherheit als Meilenstein der wohlfeilen Hofberichterstattung in die Annalen eingehen wird, den Stein ins Rollen brachte. Am Wochenende soll ein umfassender "Vorabdruck" aus dem Buch folgen, der nun, das Buch ist ja längst überall vorrätig, ein peinlicher Nachabdruck ist. Dumm gelaufen. Oder wie hämische Christen sagen: Die Ersten sind die Letzten.
Apropos Christentum: Mit Joseph Ratzinger will Grass ja im Gefangenenlager geknobelt haben. Die investigativen Journalisten dürften sich schon auf die Spur von Gottes oberstem Sendboten gesetzt haben. Je früher wir von ihren Recherchen hören, desto besser. Der erste Überdruss macht sich bemerkbar. Und Langeweile, bohrende Langeweile.
Der ist diesmal allerdings so ziemlich das Stärkste, was die in dieser Hinsicht sich zur Weltklasse zählenden Deutschen bieten können: die Waffen-SS und der sozialdemokratische Vorzeigeintellektuelle und Nobelpreisträger Günter Grass! Menschenverachtung und Moral, KZ und Progressivität! Kein Wunder, dass die Diskussion gerade recht befriedigend für Verlag und Autor läuft, weshalb die Autobiographie früher als geplant, nämlich schon heute in den Buchhandlungen liegt. Pyromanen benutzen Brandbeschleuniger – hier handelt es sich um einen Debattenbeschleuniger.
Es ist auch ein Befreiungsschlag in eigener Sache. Denn der alte Auslieferungstermin am 1. September, just jenem Tag, an dem Hitler vor 67 Jahren den Krieg begann, lässt im Verein mit den Enthüllungen zur Waffen-SS, Grassens verführbare Jugendlichkeit hin oder her, fatale Assoziationen aufkommen. Etwa in dem Stil wie "Ab dem 1. September wird zurückgeschrieben." Der vorgezogene Verkauf zeigt: Angriff ist die beste Verteidigung, auch auf dem Büchertisch.
Das Tempo zieht also ordentlich an und kennt dabei weder Freund noch Feind. Schon muss das letzte Aufgebot ran: Ulrich Wickert, ja, der gute alte Werte-Wickert, bis zum Ende August Tagesthemen-Moderator, darf sich gar nicht erst des süßen Daseins als freier ARD-Mitarbeiter mit einer eigenen, im September startenden Literatursendung freuen. Er muss schon morgen Abend in die Bütt mit dem Butt-Autor. Pech gehabt.
Schlimmer noch sieht es für jene Frankfurter Zeitung aus, die mit einem langen Grass-Interview, das mit Sicherheit als Meilenstein der wohlfeilen Hofberichterstattung in die Annalen eingehen wird, den Stein ins Rollen brachte. Am Wochenende soll ein umfassender "Vorabdruck" aus dem Buch folgen, der nun, das Buch ist ja längst überall vorrätig, ein peinlicher Nachabdruck ist. Dumm gelaufen. Oder wie hämische Christen sagen: Die Ersten sind die Letzten.
Apropos Christentum: Mit Joseph Ratzinger will Grass ja im Gefangenenlager geknobelt haben. Die investigativen Journalisten dürften sich schon auf die Spur von Gottes oberstem Sendboten gesetzt haben. Je früher wir von ihren Recherchen hören, desto besser. Der erste Überdruss macht sich bemerkbar. Und Langeweile, bohrende Langeweile.