Warwick BassCamp

Zwischen Bratwurst und Hüpfburg

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Der Metallica-Bassist Robert Trujillo © picture alliance / dpa / Thomas Frey
Von Bernd Gürtler |
Seit drei Jahren veranstaltet der Bassgitarren-Hersteller Warwick im Sächsischen Markneukirchen das BassCamp. Bassisten können dort ihre Spieltechnik verfeinern - dieses Jahr war ein ganz besonderer Meister des Instruments zu Gast.
Von den Besten der Besten lernen, der Traum eines jeden Musikanten. Soweit es die Bassgitarre angeht, bietet das Warwick BassCamp reichlich Gelegenheit. Jeder Dozent eine Weltklasse und sich keineswegs zu schade für ganz Grundsätzliches.
"Früher war das so, dass immer die schlechtesten Gitarristen oder die am besten Gigs ranschaffen konnten, die durften Bass spielen. Und als ich angefangen habe, war das eigentlich auch so. Ich hab' dann auch das Glück gehabt, eine Band zu haben, wo drei Gitarristen da waren, die alle ein bisschen Bass spielen konnten, und ich hab' dann einfach Feuer gefangen. Ich bin hängen geblieben, weil ich festgestellt habe, du bist der Libero, wie beim Fußball bist du der Libero, du kannst links außen, recht außen, du kannst verteidigen, du kannst aber auch Gas geben, und ich habe dann angefangen, Tore zu schießen."
Vom Gitarristen zum Bassisten
Hellmut Hattler konvertiert in den Siebzigern bei der westdeutschen Rockformation Kraan vom Gitarristen zum Bassisten. Obwohl er über die Jahre ein hervorragender Bass-Libero geworden ist, weiß er noch genau, was der Bass in einen Band-Kontext einbringen muss.
"Dann habe ich angefangen, mich vorn hinzustellen und hab' auch soliert, und die offenen Münder haben mich dazu gebracht, genau da weiter zu machen. Auf der anderen Seite ist es eine sehr soziale Verantwortung, die du hast. Du musst einen Teppich ausrollen für Sänger und Gitarristen, und wenn du zu viel machst, kommst du dir ins Gehege. Territorialkämpfe und Hackordnungen sind plötzlich am Start. Du hast eine unglaubliche Macht. Die verantwortungsvoll einzusetzen und geschmackvoll vor allen Dingen, das ist die Aufgabe eines Bassisten."
Teamgeist ist gefordert, genauso wie eine individuelle Handschrift, mehr noch mitunter als das perfekte Beherrschen einer bestimmten Bassspieltechnik. Wobei das Warwick BassCamp Spieltechnik in ganz unterschiedlichen Facetten vermittelt.
Bobby Vega konnte in Markneukirchen als BassCamp-Dozent den feinen Unterschied zwischen Handwerk und Persönlichkeit mit einer Anekdote illustrieren. Als er bei der US-Funk-Formation Tower Of Power für den erkrankten Rocco Prestia eingesprungen ist, gestand er dem Stammbassisten der Band, dass er nicht wie er spielen kann.
"Und bekam zur Antwort, Rocco Prestia kann auch nicht wie Bobby Vega spielen."
Das Warwick BassCamp ist aber nicht einfach nur eine Lehrveranstaltung der anderen Art. Gedacht ist an ein Ereignis für die Region mit überregionaler Wirkung, wenn es nach Warwick-Firmenchef Hans-Peter Wilfer geht.
"Ja, und das hat nix mit Wohltäter oder sonstiges zu tun, ich möchte etwas für die Region machen. Wir sind nur 350 km von Berlin, nur 350 von München, 350 von Frankfurt, von Prag 300, also wir sind schon im Zentrum von einem Umkreis von zehn, fünfzehn Millionen Menschen. Also das ist für mich konzeptionell schon so angelegt."
Gegründet wurde Warwick 1982 in Oberfranken. 1995 zog Hans-Peter Wilfer nach Markneukirchen, in der Hoffnung auf geschultes Fachpersonal. Musikinstrumente werden im Sächsischen Musikwinkel seit dem 17. Jahrhundert gebaut. Das diesjährige BassCamp hat Wilfer um einen neuen Konzertsaal ergänzt.
"Die Music Hall, wir wollen laufend da drinnen kleinere Rockkonzerte machen. Ist auch nicht groß gewählt, weil, wenn die Hall fünfhundert oder tausend Leute fassen würde, dann wäre es zu groß für die Region. Auf der anderen Seite, die Atmosphäre, die wir jetzt bieten können, zu dem BassCamp, für die Students, hat natürlich ein ganz anderes Niveau."
Spontanauftritt des Metallica-Bassisten
Der Saal bietet Platz für hundertfünfzig Konzertbesucher, Bands stehen zwei Proberäume und ein Tonstudio zur Verfügung. Während der BassCamps gingen jeden Abend Jam Sessions über die Bühne der Music Hall. Für Begeisterung sorgte ein Spontanauftritt des Metallica-Bassisten Robert Trujillo mit seiner Band Mass Mental.
Zum BassCamp-Finale beim Tag der offenen Tür am Samstag, sind Mass Mental noch einmal aufgetreten, zwischen Bratwurststand und Hüpfburg, vor gut tausend Besuchen, den wenigsten dürfte die Musik vertraut gewesen sein. Robert Trujillo blieb ganz entspannt.
"Mir gefällt das. Letzte Woche rief meine Assistentin an, wegen einer Mass-Mental-Show in Hollywood. Sie, es sind nur sechzig Tickets verkauft. Ich dachte, auweia. Aber dann fiel mir ein, 1999 verkauften wir fünf Tickets, das sind jetzt deutlich mehr als fünf. Am Ende sind doch ganz gut Leute da gewesen. Ein Riesenpublikum, Riesenstadien, das kenne ich. Aber wenn dir eine Musik vertraut ist, dir die Musiker, die dabei sind, angenehm sind, dann wird das vor einem kleinen Publikum etwas sehr Spezielles. Es macht Spaß, etwas für Überraschung zu sorgen."
Bei so viel Prominenz sogar im Rahmenprogramm, vermutet Hans-Peter Wilfer, wird sich das BassCamp parallel zu einem internationalen Treffpunkt der Weltklasse-Bassisten entwickeln.
"Ich denke mal, dass das ganze Ausmaß diese Community noch gar nicht begreifbar ist. Weil im Musikerbereich finden Sie auch das nicht in Frankfurt, oder sie finden es selbst nicht in Los Angeles. Das ist irre, was momentan bei uns entwickelt."
Das BassCamp 2015 ist schon in der Planung. Die Anzahl der Workshop-Teilnehmer bleibt unverändert, fünfundachtzig, mehr sollen es nicht werden. Und einer der achtzehn Dozenten wird sicher wieder Hellmut Hattler sein. Unter den BassCamp-Teilnehmer genießt er größten Respekt.
"Ich muss dazu sagen, ich bin sechzig Jahre alt, und er ist ungefähr auch so mein Alter. Und er ist derjenige, der in Deutschland als einer der ganz wenigen Bassisten Plektrum gespielt hat, das ist seine Spezialität gewesen."
Simone aus Holland findet es inspirierend, dass Hellmut Hattler sich nicht scheut, Emotionen zu zeigen.