Sorge um die Headliner von morgen
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Britische Musiker sind nicht gut zu sprechen auf ihre Regierung: Seit dem Brexit ist das Touren durch Europa für kleine Bands zu teuer und zu kompliziert. Dabei sind gerade sie auf Konzerte im Ausland angewiesen, um sich einen Namen zu machen.
Seit Großbritannien den europäischen Binnenmarkt verlassen hat, ist das Leben auf der Insel für Künstlerinnen und Künstler schwieriger geworden. Sonderregelungen, die es zum Beispiel Musikerinnen und Musikern erleichtern würden, in Europa Konzerte zu geben oder Tourneen zu planen, gibt es nicht. Man hat sie schlichtweg vergessen.
Kleinmachen will sich die Branche aber nicht. 2019 hat sie noch rund sechs Milliarden Pfund zur britischen Volkswirtschaft beigetragen.
Dass die Branche wieder einen ähnlich hohen Betrag erwirtschaften wird, ist fraglich – nicht nur wegen der Coronapandemie, die wie eine "perfekte Tarnung" für die negativen Effekte des Brexit wirkt, wie unser Londonkorrespondent Robert Rotifer erklärt.
Zahlreiche Hürden in der EU
Er ist selbst Musiker und berichtet von zahlreichen Hürden seit dem EU-Austritt: Dazu gehören aufwendig einzuholende Zollpapiere für Instrumente und Equipment sowie zusätzliche Genehmigungen für Lastwagen mit britischen Kennzeichen. Diese dürfen ganze dreimal in der Europäischen Union Halt machen. Das hat zur Folge, dass man nur Instrumente mitnimmt, die man auch tragen kann, und sich den Rest unterwegs leiht.
Zu den Neuerungen gehört auch die Mehrwertsteuer auf verkauftes Merchandise, aber auch das Beantragen von Arbeitsvisa für Crewmitglieder und in bestimmten EU-Ländern auch für die Musikerinnen und Musiker selbst. In Spanien und Italien ist die Erteilung eines solchen Arbeitsvisums zudem an den Nachweis eines Mindestkontostands gekoppelt.
So wird das Touren für kleine bis mittlere Acts fast unmöglich.
Ähnliche Hürden in Großbritannien
Booker lassen nun lieber die Finger von britischen Bands, berichtet Rotifer. Der Aufwand sei zu groß und zu kompliziert. Doch auch die britische Seite hat ähnliche Hürden aufgestellt für Musiker aus der EU – und keine der Parteien wolle einseitig einlenken, so Rotifer.
Darunter haben vor allem Nachwuchsmusiker zu leiden. Um sich einen Namen zu machen, müssten sie touren. Das sei auch schon vor dem Brexit kaum rentabel gewesen. "Und genau diese kleinen Tourneen, die dann die Bands größer machen und die Headliner von morgen erzeugen, sind gefährdet."
(ckr)