Knast oder Palast
Der abgesetzte katalanische Regierungschef Puigdemont ist in Berlin abgetaucht. Über seine Auslieferung an Spanien ist noch nicht endgültig entschieden. Seine Anhänger wollen, dass er wieder Präsident wird. Das könnte ihm gelingen. Vielleicht sogar per Skype.
Am 25. März wurde Carles Puigdemont, der zunächst ins Exil nach Belgien gegangen war, auf Grundlage eines Europäischen Haftbefehls in Deutschland festgenommen. Die deutsche Justiz lehnte eine Auslieferung an Spanien wegen des Vorwurfs der "Rebellion" aber ab, eine Auslieferung wegen des Vorwurfs der Veruntreuung öffentlicher Gelder wird derzeit richterlich geprüft.
Der Zeitpunkt der Verkündung der Entscheidung des zuständigen Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts ist völlig offen. Unter Auflagen wurde Puigdemont aus der Haft entlassen und lebt seitdem in Berlin.
Die spanische Justiz nimmt Einfluss
In Spanien wird der 55-Jährige nach wie vor per Haftbefehl gesucht. Doch selbst der spanische Finanzminister sagt öffentlich, dass keine handfesten Beweise dafür vorliegen, dass Puigdemont Mittel veruntreut haben könnte - was das ganze Konstrukt der spanischen Justiz weiter ins Wanken bringe, berichtet unser Korrespondent in Madrid, Oliver Neuroth.
Die spanische Justiz versucht nun zu retten, was zu retten ist, und will ihre deutschen Kollegen davon überzeugen, doch bei den harten Anklagepunkten zu bleiben.
"Es ist völlig offen, wie das OLG Schleswig sich entscheiden wird", sagt Neuroth. Man warte in Spanien voller Spannung auf die Entscheidung - die im für Puigdemont negativen Fall bedeuten könnte, dass er nach Spanien abgeschoben wird und sich der dortigen Justiz stellen muss.
Obwohl das Verhalten des spanischen Regierungschefs Mariano Rajoy in dieser Angelegenheit international eher negativ beurteilt wird, stehen die Spanier hier hinter ihm. Und auch wenn in Barcelona noch Mitte April Hunderttausende für die Freilassung der inhaftierten Separatistenführer auf die Strasse gingen - die Zeit arbeitet in Katalonien gegen Puigdemont.
Die Stimmung scheine langsam umzuschlagen, so Neuroth, Richtung prospanisch.
Bis zum 22. Mai muss Katalonien - nach mehreren gescheiterten Versuchen - eine Regierung gebildet haben, sonst gibt es Neuwahlen. Die wären nicht im Interesse der katalanischen Separatisten, weil sie mit deutlichen Verlusten rechnen müssen. Deswegen flogen am letzten Wochenende 28 Abgeordnete und Unterstützer von Puigdemonts Partei von Barcelona nach Berlin zur Krisensitzung.
Per Videoschalte zum Präsidenten?
Ihre Lösung: Carles Puigdemont soll wieder zum Präsidenten gewählt werden – und das in Abwesenheit. Eine Gesetzesänderung des katalanischen Parlaments macht es möglich.
Der abgesetzte katalanische Regierungschef könnte dafür per Skype von Berlin nach Barcelona geschaltet werden. Doch ob dieses Verfahren realistisch ist, daran gibt es erhebliche Zweifel.