Agonie und ein kleiner Rest Hoffnung
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Erwachsen oder schon gebrochen? Dichter*in Kae Tempest porträtiert in "Wasted" die Generation der knapp 30-Jährigen. Der Text ist einfühlsam und präzise, rhythmisch und glaubwürdig. Das Landestheater Detmold inszeniert das Stück fürs Internet.
Ted hat einen sicheren Bürojob und eine Freundin. Charlotte ist Lehrerin, Dani hangelt sich von Job zu Job und träumt davon, mit seiner Band Erfolg zu haben. Gerade fehlt allerdings ein Schlagzeuger.
Die drei waren mal zusammen jung. Jetzt sind sie irgendwas anderes. Sie fragen sich, ob sie erwachsen oder gebrochen aussehen. Charlotte kündigt, will neu anfangen, hat einen Flug gebucht und geht am Ende wieder zur Schule.
Eine im Theater vergessene Generation
"Wasted" heißt das Stück von Kae Tempest, in dem eine Generation porträtiert wird, über die im Theater selten erzählt wird.
Dass Erwachsene viele Jahre später noch einmal den Ort ihrer Jugend aufsuchen und mit den Träumen und Dämonen von einst konfrontiert werden, gibt es oft. Aber so weit sind Charlotte, Dani und Ted noch nicht von der Zeit entfernt, in der es für sie losgehen sollte.
Und doch nicht mehr nah genug. Der Glanz ist weg, vielleicht war er nur Einbildung. Sie fühlen in sich noch einen Schimmer. Und auch der wird schwächer.
Kae Tempest kann solche Gefühle unnachahmlich in Worte fassen. Einfühlsam und präzise, rhythmisch verdichtet und glaubwürdig. Gerade wurde Tempest mit dem Silbernen Löwen der Biennale in Venedig geehrt.
Die Ästhetik des Rap und der Spoken-Word-Performance findet sich im von Judith Holofernes übersetzten Stück. Ewa Noack, Felix Frenken und Emanuel Weber versuchen nicht, Kae Tempests Tonfall nachzuahmen. Ausstatterin Victoria Unverzagt hat sie in graue, unauffällige Klamotten gesteckt, die Bühne ist karg, ein paar schmucklose Stehtische aus Stahl. Möbel, die im Sturm überleben, aber nicht besonders aussehen.
Wie Lockdown-Theater - nur älter
Die Regisseurin Magz Barrawasser bringt Tempests Text in 70 dichten Minuten auf die Bühne des Landestheaters Detmold. Die Filmfassung, die online gestreamt wird, arbeitet mit Split Screens, was die Corona-Abstände kaschiert.
Doch allzu nah kommen sich die drei ohnehin nicht. Sie treffen sich am zehnten Todestag eines Freundes. Dani will was von Charlotte, wie früher auch schon. Sie wehrt ihn ab – und dann geht es irgendwie weiter.
Ein Stück über die Agonie und den Rest Hoffnung. Fühlt sich nach Lockdown-Theater an, ist aber schon acht Jahre alt. Wenn die Pandemie vorbei ist, taugt es wieder als Gesellschaftsanalyse.