WDR-Themenabend "Freiheit, Gleichheit, Hautfarbe!"

"Man muss bereit sein, Macht aufzugeben"

07:48 Minuten
Aufnahme eines männlichen Oberkörpers in Anzug. Am Handgelenk blitz eine Uhr hervor, während die Hände das Sakko zuknöpfen.
Wie stellt man Diversität in den Medien her? Die Journalistin Kemi Fatoba stellt Forderungen. © Unsplash / Hunters Race
Kemi Fatoba im Gespräch mit Sigrid Brinkmann |
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Für die achte Folge des Talks "Die letzte Instanz" bekam der WDR viel Kritik. Eine durchweg weiße Runde diskutierte über Rassismus. Nun widmete der Sender dem Thema einen ganzen Abend. Die Journalistin Kemi Fatoba fand diesen wenig überzeugend.
Die achte Folge des TV-Talks "Die letzte Instanz" bescherte dem WDR Ende Januar viel Kritik. Anlässlich der Frage, ob das "Zigeunerschnitzel" heutzutage weiter so heißen dürfe, wurde in einer rein weißen Diskussionsrunde über Rassismus diskutiert - Stimmen von unter Rassismus leidenden Menschen waren nicht vorgesehen.
Am Donnerstag hat der Sender mit dem Themenabend "Freiheit, Gleichheit, Hautfarbe!" darauf reagiert. Drei schwarze Frauen - eine Journalistin, eine Sängerin und eine Organisatorin von Black Lives-Matter-Demonstrationen in Deutschland - hatten allerdings im Vorfeld ihre Teilnehme an der TV-Diskussion abgesagt: Sie fühlten sich im Unklaren gelassen, in welcher Konstellation sie über welche Fragen genau sprechen sollten.

"Abfrühstücken" von Themen wie Rassismus

Die Journalistin Kemi Fatoba, Mitgründerin des Online-Magazins "daddy.land", das zur Diversifizierung der Medienlandschaft beitragen will, hat sich den Abend zu Hause angesehen und findet, dass die Diskussionsrunde das Problem von Diskriminierung und Rassismus nicht angemessen erfasst habe.
Sie habe ein generelles Problem damit, dass bei solchen Runden komplexe Themen wie Rassismus innerhalb einer Diskussion "abgefrühstückt" würden. Das passiere meistens auf der Basis von Betroffenheitsgeschichten. Grundsätzlich würden dann "schwarze Leute oder People of Colour nach Lösungsansätzen gefragt". Das allein finde sie absurd, sagt Fatoba.
"Denn Rassismus ist ein komplexes, hierarchisches, diskriminierendes System und wir haben das nicht erfunden. Wir profitieren nicht davon. Und wir sind auch nicht die richtigen Ansprechpartner, die gefragt werden sollten, wie das System wieder abgeschafft werden kann. Denn wir haben dazu keine Macht, wir profitieren in keinster Weise davon. Es sind weiße Menschen, die das System abschaffen können."

Die Führungsebenen sind gefordert

Sie könne die Perspektive der drei ursprünglich geladenen Personen sehr gut verstehen und nachvollziehen, dass sie abgesagt hätten, sagt Fatoba. Diejenigen, die stattdessen in der Show gewesen seien, hätten zwar durchaus valide Punkte genannt, sie finde es aber nicht sehr professionell, dass ein Aktivist, der an dem Abend teilgenommen hat, kaum Vorbereitungszeit gehabt habe.
"Er war erst auf den letzten Drücker eingeladen worden, und so sollten Diskussionsrunden eigentlich nicht stattfinden. Ich finde das nicht besonders professionell."
Das "Diversity-Handbuch" der Initiative "Neue Deutsche Medienmacher", das erklärt, warum Diversität Chefsache sein sollte, begrüßt Fatoba. "Es muss sich auf jeden Fall in den Führungsetagen etwas ändern, sonst passiert nichts." Sie finde es schön, dass auf WDR-Initiativen hingewiesen wurde, durch die "Menschen mit Einwanderungsgeschichte ins Unternehmen gebracht werden. Aber das reicht nicht. Wenn man wirklich Veränderungen möchte, muss man ganz oben anfangen, auch tatsächlich Platz machen und bereit sein, Macht aufzugeben."
Wichtig sei, dass Führungsetagen diversifiziert würden. "Mir persönlich ist nicht geholfen, wenn anstatt alter weißer Männer, alte weiße Frauen in Führungsetagen sind. Ich finde es viel wichtiger und interessanter, wenn sowohl die Kategorie Frau als auch die Kategorie Mann diversifiziert wird und man schwarze Experten hat, Menschen mit Behinderung, Menschen die queer sind. Und natürlich auch in Betracht zieht, dass es Menschen gibt, die übergreifende Perspektive mitbringen, also die zum Beispiel schwarz und queer sind, oder weiblich und muslimisch und so weiter. Und solange das nicht passiert, solange Führungsetagen so extrem homogen aussehen, solange werden auch die Redaktionen sehr homogen aussehen."
(rja)
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