Weihnachtseinkäufe

Geschenke shoppen – ja oder nein?

04:37 Minuten
Ein Mann ist in der mit einer weihnachtlichen Tanne geschmückten Fußgängerzone mit seinen Einkäufen unterwegs.
Ab Mittwoch müssen die meisten Geschäfte schließen. Sollte man vor dem Lockdown noch Weihnachtsgeschenke kaufen, obwohl es vermutlich voll wird? © picture alliance/dpa | Sven Hoppe
Von Michael Watzke und Henry Bernhard |
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Vorm Lockdown könnte man schnell noch die Läden stürmen und Weihnachtsgeschenke besorgen. Allerdings riskiert man dann, sich beim Einkaufen mit dem Coronavirus zu infizieren. Unsere Autoren streiten, ob man auch tun sollte, was erlaubt ist.

Pro: Gebt uns vier Stunden mehr Zeit zum Shoppen!

Meine Kinder – sieben, fünf und drei Jahre alt – glauben noch ans Christkind, das hier in Bayern zu Weihnachten die Geschenke bringt. Wenn die Geschäfte morgen Abend um 20 Uhr wirklich bis Weihnachten und weit ins neue Jahr hinein dicht machen, dann brauche ich eine gute Ausrede fürs Christkind. Sonst verlieren meine Kinder den Glauben.
Denn die Weihnachtswunschliste haben sie schon lange geschrieben. Nur ich, der Prokrastinator vor dem Herren, habe den Geschenkeeinkauf natürlich wie jedes Jahr immer weiter nach hinten geschoben. Jetzt stehe ich da und habe kaum mehr 24 Stunden Zeit für einen Puppenkinderwagen, ein Spielzeugauto zur Dinosaurierjagd und irgendwas mit Pferden.
Daher mein Appell: Könnten wir morgen Abend nicht die Ladenschlusszeiten verlängern? Auf 22 Uhr? Oder Mitternacht? So wie mir geht es garantiert Millionen Vätern und Müttern in Deutschland.
Ja, wir alle wissen, dass Weihnachten mehr ist als Geschenke und Kommerz. Aber wenn ich meinen Kindern am Heiligabend drei Apfelsinen und etwas Selbstgebasteltes unter den Baum lege, dann werden sie sicherlich nicht Halleluja singen. Dann wird es Enttäuschungen geben. Und die will ich verhindern. Einer Dreijährigen kann ich nicht mit Lockdown kommen.
Dieser Weihnachtslockdown kam plötzlich. Er ist notwendig und richtig. Aber wenn morgen die Geschäfte und Innenstädte aus allen Nähten platzen, weil jeder noch bis 20 Uhr shoppen will, dann könnte es helfen, die Deadline noch um ein paar Stunden nach hinten zu schieben.
Am Mittwoch trollt sich Deutschland in den Winterschlaf wie ein Bär. Aber Bären futtern sich, bevor sie einschlafen, noch mal ordentlich voll. Diese Gelegenheit brauche ich bis morgen Abend. Und das Christkind übrigens auch.
(Michael Watzke)

Contra: Besser Gutscheine schenken!

Wir sollten das überstürzte Einkaufen in vollen Läden sein lassen. Ja, es fällt schwer. Man wollte doch noch die neue Bob-Dylan-CD für den Opa, ein Buch für die Frau, ein Spiel für die Tochter kaufen. Wie soll denn sonst Weihnachten aussehen, so leer unter dem Weihnachtsbaum!? Nein, so funktioniert es nicht in diesem Jahr. So funktioniert nichts in diesem Jahr.
Man stelle sich nur vor, wie es wäre, wenn nun alle Einkäufe, die in den nächsten anderthalb Wochen noch anstünden, in zwei Tagen erledigt würden. Schon im normalen Weihnachtsverkauf stehen sich die Leute auf den Füßen. Nun aber wären die Einkäufe von normalerweise zehn in zwei Tagen fällig.
Vom entstehenden Chaos ganz zu schweigen, es wäre ein Fest für das Virus: Wenn Ihr Nächster Ihnen an der Kasse in den Nacken atmet, dass sich die Härchen aufstellen; wenn sich am Eingang die Massen drängeln und Ihnen ins Gesicht keuchen, wenn Sie schon auf der Anfahrt in der drangvollen S-Bahn dem bellenden Husten Ihres Nachbarn ausgesetzt sind. Natürlich können die alle virenfrei sein. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass sie infiziert sind, ist erheblich gestiegen. In den letzten Wochen hat sich die Deutschlandkarte der Infektionsraten in einen dunkelrot-violetten Teppich verwandelt.
Auf Eigenverantwortung, Vernunft und Rücksichtnahme zu setzen ist leider nur noch naiv – angesichts der Tatsache, dass der Widerstand gegen die Einschränkungen am stärksten ist, wo die Infektionsraten am höchsten sind.
Jetzt auf den Einkaufsbummel zu verzichten, heißt aber nicht, dass wir alles Weihnachtsgeld den Online-Giganten in den Rachen werfen sollten. Denn Einkäufe können wir nachholen. Bis dahin tut es ein Gutschein. Und dem Handel muss solange über die Runden geholfen werden, damit er noch da ist, wenn wir wieder besseren Gewissens in die Läden gehen können.
Shoppen oder feiern – das ist hier die Frage. Beides wird die Infektionen treiben und die Intensivstationen der Überlastung noch näher bringen. Wir sollten uns für das Wichtigere, das Essenzielle entscheiden.
(Henry Bernhard)
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