Weihnachtsmann auf Tour

Warum die himmlische Schlittenfahrt um den Globus möglich ist

Ein als Weihnachtsmann oder Nikolaus verkleideter Mann sitzt auf einem Schlitten, der von einem Rentier gezogen wird. Im Hintergrund sieht man schneebedeckte Tannen.
Weihnachtsmann auf einem Schlitten mit Rentier: Hier sind die himmlischen Reisenden bereits auf der Erde angekommen. © picture alliance / dpa / Martti Kainulainen
Von Peter Glaser |
Ein Kind glaubt an den Weihnachtsmann. Erwachsene halten eine 24-Stunden-Schlittenfahrt rund um den Globus, um alle Geschenke rechtzeitig zu verteilen, gemeinhin für unmöglich. Der Schriftsteller Peter Glaser belehrt sie eines Besseren.
Betrachtet man einmal ernsthaft die ungeheuerliche logistische Herausforderung, der sich der Weihnachtsmann jedes Jahr gegenübersieht, wird schnell klar, dass sie ohne technische Hilfestellung unmöglich zu bewältigen wäre.
So versuchte sich einer der Pioniere der Raketentechnik, der Südtiroler Max Valier, bereits in den Zwanzigerjahren des zurückliegenden Jahrhunderts an Beschleunigungsmöglichkeiten für den Schlitten. Valier, der alles, was fahrbar war, mit einem Raketenantrieb versah, war Mitglied des 1927 gegründeten "Vereins für Raumschifffahrt" in Berlin, dem unter anderem ein junger Mann namens Wernher von Braun angehörte.
Valier experimentierte mit Pulverraketen und hatte Fritz von Opel als Unterstützer gefunden, den Enkel des Firmengründers Adam Opel. Am 12. April 1928 fand die erste öffentliche Vorführung des Raketenwagens "RAK I" statt. Er legte die 1500 Meter lange Strecke mit über 100 km/h zurück.
Raketenschlitten als ultima ratio
1929 begann Valier dann mit dem Bau raketenbetriebener Kufenfahrzeuge. Am 3. Februar fanden anlässlich eines Wintersportfestes mehrere bemannte Fahrten des "Valier RAK BOB 2" statt. Bei einer weiteren Fahrt auf dem Starnberger See am 9. Februar erreichte der umgebaute Schlitten 378 km/h – die unbemannte Fahrt endete allerdings an einem Bootssteg, der Raketenschlitten wurde zerstört.
Der Geist der Weihnachtsmanndüsengeschwindigkeit aber war aus der Flasche.
Kritiker unterstellen, dass sich der Weihnachtsmann, um am Weihnachtsabend sämtliche Geschenke an sämtliche Kinder zuzustellen, mit einer Geschwindigkeit bewegen müsste, bei der er durch die Luftreibungshitze verdampfen würde. Physiker sind der Ansicht, dass der Weihnachtsmann mit einem sogenannten Ionen-Schild aus geladenen Teilchen dagegen angeht. Sie werden durch ein Magnetfeld zusammengehalten, das seinen Schlitten umgibt, und weisen die Hitze ab.
Eine Frage für die Theoretische Physik
Theoretische Physiker weisen darauf hin, dass der Weihnachtsmann möglicherweise gar nicht durch unser vierdimensionales Kontinuum reist. Die aktuelle Theorie über den Zustand des Universums erlaubt bis zu 26 Dimensionen, und je mehr Dimensionen, desto schneller lassen sich Geschenke verteilen.
Es gibt inzwischen mehr Menschen als jemals zuvor und also auch viel mehr brave Kinder, dadurch auch viel mehr Geschenke und dadurch wiederum viel mehr Luftwiderstand, den der Weihnachtsmann mit seinem Schlitten zu überwinden hat – und eine Menge mehr an Reibungswärme, die dadurch entsteht. Klimaforscher vermuten, dass die Erwärmung über den Polkappen mit dieser zusätzlich abgestrahlten Hitze zu tun hat.
Frühwarnsystem "Tracking Santa" unter NORAD
Im Dezember 1955 forderte das Kaufhaus Sears in Colorado Springs in einer Zeitungsanzeige Kinder auf, eine Telefonnummer anzurufen, um mit dem Weihnachtsmann persönlich zu sprechen. Irrtümlich wurde die Nummer mit einem Zahlendreher gedruckt. Auch diese Nummer existierte, aber sie stand in keinem öffentlichen Telefonbuch.
Die Kinder, die am Weihnachtsabend 1955 anriefen, hatten statt des Weihnachtsmanns den Befehlshaber des NORAD-Vorläufers CONAD, Colonel Harry Shoup, am Telefon. NORAD – das North American Aerospace Defense Command – ist die Leitstelle für die Frühwarnsysteme, die vor anfliegenden Atomraketen warnen sollen.
Colonel Shoup erfasste schnell, was passiert war. Er ließ seine Leute an den Radarschirmen Ausschau halten, ob der Weihnachtsmann sich schon vom Nordpol aus auf den Weg gemacht hatte. Die Kinder, die anriefen, wurden mit dessen aktueller Position versorgt.
Inzwischen gibt für dieses "Tracking Santa" eine eigene Website: www.noradsanta.org. Nach Auskunft der Experten glüht die rote Nase von Rentier Rudolph so stark, dass die Detektoren von Infrarot-Satelliten sie problemlos erfassen können.
Peter Glaser, Schriftsteller, schreibt über sich: "1957 als Bleistift in Graz geboren. Lebt als Schreibprogramm in Berlin." Glaser ist Ehrenmitglied des Chaos Computer Clubs, Bachmann-Preisträger und begleitet seit drei Jahrzehnten die Entwicklung der digitalen Welt. Seinen Blog nennt er "Glaserei".
Peter Glaser, Schriftsteller
Peter Glaser, Schriftsteller© privat
Mehr zum Thema