Chinesen kaufen Luxus-Schinken als Mitbringsel
Die Spanier lieben ihren "Jamón Ibérico" zu Weihnachten. Nun hieß es, dass der berühmte Schinken knapp werden könnte, weil Chinesen ihn wegkaufen. Was ist da dran?
Gedränge vor dem Schinken-Geschäft von Alberto in Madrid. Eine chinesische Reisegruppe steht vor dem Schaufenster und bestaunt die Schinkenkeulen. 30, 40 Stück hängen von der Decke.
Alberto: "Zu uns kommen natürlich viele Kunden aus Madrid, aus dem Viertel hier – aber auch immer mehr Ausländer. Zum Beispiel, weil sie über unseren Laden in einem Reiseführer gelesen haben. Wir begrüßen inzwischen sehr viele Chinesen und Urlauber aus Hongkong."
Schweine werden nur mit Eicheln der Steineiche gefüttert
Diese Touristen sind vor allem an hochwertigem Schinken interessiert, am Jamón de Bellota. Die Schweine, von denen der Schinken stammt, werden nur mit den Eicheln der Steineiche gefüttert – das soll ihm den außergewöhnlichen Geschmack bringen. Und erklärt den hohen Preis: Eine Keule kostet um die 600 Euro. Doch Chinesen sei es das wert, sagt Qian Xiaokun, Food-Blogger aus Shanghai. Wer sich eine Europa-Reise leisten könne, gebe auch gerne Geld für Luxus-Schinken als Mitbringsel aus.
Qian Xiaokun: "Schinken war immer schon ein Teil der chinesischen Küche. Er hat eine lange Geschichte. Der spanische Schinken ist zwar anders, hat aber viel mit dem traditionellen chinesischen Schinken gemeinsam. Der Unterschied ist der, dass aus chinesischem Schinken immer Suppe gekocht wird. Der spanische Schinken wird ja roh gegessen."
Asien-Geschäft könnte für Knappheit sorgen
Auch wenn in China gerade für Lebensmittel immer noch scharfe Import-Regeln gelten: Die Nachfrage nach ausländischen Gourmet-Artikeln steigt. Mehrere spanische Schweinefleisch-Produzenten spezialisieren sich auf den Direktverkauf in China. Sie haben allein im vergangenen Jahr Waren im Wert von rund 444 Millionen Euro auf dem chinesischen Markt verkauft. Weil das Asien-Geschäft so gut läuft, rechnen die Hersteller damit, dass hochwertiger Schinken in Spanien knapp werden könnte.
Francisco Javier Morato will das nicht bestätigen. Er ist der Präsident des spanischen Verbandes der Jamón-Ibérico-Hersteller. Doch Morato räumt ein, dass die Produktion von bestem Ibérico nicht einfach erhöht werden kann. Das spezielle Futter für die Schweine sei knapp:
"Auf unseren Weiden steht eine bestimmte Anzahl von Steineichen. Von den Eicheln können nicht so einfach mehr Schweine ernährt werden als bisher. Im Moment sind es 7000 Ibérico-Schweine im Jahr. Es stimmt, dass die Nachfrage in China sehr groß ist – doch niemand muss die Sorge haben, dass die Preise für Schinken hier in Spanien merklich steigen."
Preisaufschlag von etwa zehn Prozent
Andere Beobachter halten einen Preisaufschlag von etwa zehn Prozent für durchaus realistisch. Die 600-Euro-Schinkenkeule Jamón Ibérico könnte also bald 660 Euro kosten.
Die chinesischen Kunden in Albertos Geschäft in Madrid dürfte das wenig stören. Sie zücken ihre Kreditkarten und packen Unmengen von Schinken in ihre Taschen. Am liebsten gleich die geschnittenen Scheiben, eingeschweißt. Die ganze Keule ist den meisten zu sperrig fürs Gepäck. Doch der Madrider Schinkenhändler richtet sich auf die neue Kundschaft ein und bietet inzwischen seine Schätze in einem Online-Shop an – mit Versandoption nach China.