Weimar

Suche Raubgut

Anna-Amalia-Bibliothek in Weimar
Die Anna-Amalia-Bibliothek in Weimar soll NS-Raubgut besitzen. © dpa / picture alliance / Jan Woitas
Von Jürgen König und Henry Bernhard |
Die Bundespolitik reagierte aufgeschreckt, aber nicht planlos auf das Bekanntwerden des Falls um den Kunstsammler Gurlitt. Sie setzte eine "Task Force" ein, um die geschädigten Eigentümer aufzuspüren. Zugleich gilt aber die Gesetzeslage, wonach Diebesgut nach 30 Jahren ersessen werden kann, also dem aktuellen Eigentümer gehört. Jürgen König über die bundespolitische Komponente in der Debatte um Raubkunst.
Dass die Bundesregierung sich, wie sie beteuert, vorbehaltlos für die Suche nach NS-Raubkunst und deren Rückgabe an jüdische Besitzer oder deren Erben einsetzt, mag man getrost glauben. Das haben auch die unmittelbaren Vorgängerregierungen getan - doch: Zu spät kamen diese Erklärungen allemal.
Denn ein halbes Jahrhundert lang ist auf diesem Gebiet - mehr oder weniger - nichts passiert. In Deutschland hatte man nach dem Krieg eine 30-jährige Verjährungsfrist für richtig befunden, das heißt: Wenn innerhalb von 30 Jahren keine Besitzansprüche auf ein Kunstwerk unklarer Provenienz geltend gemacht werden, wird es zum rechtmäßigen Eigentum desjenigen, in dessen Besitz ist nach dem Krieg gekommen ist.
"Washingtoner Erklärung" im Jahr 1998
Dahinter stand die Annahme, 30 Jahre müssten reichen, die jüdischen Besitzer jener Werke zu ermitteln, die sie unter dem erpresserischen Druck der Nazis zu Spottpreisen "verkaufen" mussten, wenn man sie nicht kurzerhand einfach beschlagnahmt, sprich: gestohlen hatte. Dies taten die Nazis auf der Basis gesetzlicher Regelungen und in Zusammenarbeit mit Institutionen und Behörden, etwa der Finanzverwaltung.
Deren Nachfolgeeinrichtungen hatten nach dem Krieg trotz aller "Wiedergutmachungspolitik" kein wirkliches Interesse an der Aufklärung von Fällen "NS-verfolgungsbedingt entzogener" Kunstwerke. Erst 1998 wurden mit der "Washingtoner Erklärung" die ersten internationalen Regelungen für den Umgang mit Raubkunst und ihrer Rückgabe an die Eigentümer oder ihre Erben definiert.
Danach verpflichtete sich Deutschland, alle öffentlichen Museen und Archive und Bibliotheken auf NS-Raubkunst und die Eigentumsfragen sämtlicher Bestände für den Zeitraum von 1933 bis 1945 zu überprüfen. In Verdachtsfällen sollen frühere Eigentümer oder Erben mit Hilfe der "Koordinierungsstelle für Kulturgutverluste" und ihrer Seite "LostArt.de" ausfindig gemacht, soll eine "gerechte und faire Lösung" gefunden werden.
Die Umsetzung dieser Verpflichtungen kommt aber nur schleppend voran, vor allem, weil den meisten Einrichtungen das Geld fehlt, um für die Provenienzforschung zusätzliche Stellen zu schaffen Trotzdem hat es immer wieder Fälle von Restitution gegeben, die Zahl der bis heute nicht an die rechtmäßigen Eigentümer restituierten Werke wird aber immer noch auf bis zu 100.000 Kunstwerke weltweit geschätzt – verstreut in öffentlichen Sammlungen und privatem Besitz. Für Privatsammler gelten die "Washingtoner Prinzipien" nicht.
Raubgut in der Anna-Amalia-Bibliothek
Die Tür öffnet sich in die heiligen Hallen, ins Tiefenmagazin der Anna-Amalia-Bibliothek in Weimar. Hierher gelangt kein Leser, hier stehen die Schätze, die nicht ausgeliehen werden, weil sie zu wertvoll oder zu alt sind. Und hier steht auch ein Regal mit 3-400 Büchern, die auf den ersten Blick nicht hierher zu passen scheinen: nicht alt, nicht besonders wertvoll. "Das Volk des Ghetto", "Kindheit", Heine, "Erde unter den Füßen. Arbeiterinnen erzählen", eine Hindenburg-Biografie, ein bisschen Goethe, Upton Sinclair, Jack London. Alles schon ein bisschen älter – um die 80 Jahre.
Rüdiger Haufe: "Das ist schon entdecktes, festgestelltes Raubgut aus den Beständen der Anna-Amalia-Bibliothek, geordnet nach unterschiedlichen Provenienzen, die wir schon feststellen konnten. Da handelt es sich zum Teil um Fälle, wo wir uns in Restitutionsverhandlungen befinden, wo wir aber auch teilweise schon restituiert haben und eine ganze Reihe von Büchern, Exemplaren, wo es noch offene Fragen gibt. Die sehen ganz normal aus, ja!"
Aber die werden nicht mehr ausgeliehen hier?
"Die kann man jetzt nur noch im Sonderlesesaal benutzen. Außer Haus gehen solche Dinge natürlich nicht mehr, sobald das festgestellt ist."
Es sind ganz normale Bücher, die Menschen gehört haben, die fliehen mussten, die deportiert wurden, die ihren Besitz unter Druck verkaufen mussten oder einfach beraubt wurden. Irgendwann zwischen 1933 und 1945 sind diese Bücher in die Weimarer Bibliothek gelangt. Rüdiger Haufe arbeitet seit 2009 daran, solche Bücher zu finden und sie den Erben ihrer früheren Besitzer zurückzugeben. Provenienzforschung heißt dieser seltene Berufszweig - Herkunftsforschung.
Rüdiger Haufe: "Wir haben also versucht, ein Mengengerüst zu erstellen, was denn in den Beständen der Anna-Amalia-Bibliothek überhaupt überprüft werden muss mit Blick auf die Erwerbungen der Jahre 1933 bis 1945. Und haben feststellen können, dass wir um die 35.000 Erwerbungen verzeichnet haben in den Zugangsbüchern.
Und von diesen 35.000 Eintragungen haben wir festgestellt für etwas mehr als 10.000 Indizien für einen Anfangsverdacht, also Momente, die wir genauer anschauen müssen - seien es Spuren in den Büchern, seien es verdächtige Eintragungen in den Zugangsbüchern. Generell überprüfen wir alles, was antiquarisch erworben worden ist, weil: Da liegt natürlich ein besonderer Verdacht vor. Wir gehen im Bereich der Bibliothek von etwas weniger als einem Drittel Verdachtsfällen aus."
Gigantische Zahlen. Auch Haufes Chef, Hellmut Seemann, der Präsident der Stiftung Weimarer Klassik, ist verblüfft.
Hellmut Seemann: "Ich muss ganz offen gestehen, dass ich den Umfang völlig fehleingeschätzt habe. Ich habe nämlich geglaubt, dass in Sammlungen in Berlin, in Wien, in Frankfurt, wo die jüdische Bevölkerung eine große Rolle gespielt hat, dass in diesen Sammlungen auch die verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgüter in den Museen eine große Rolle spielen. Das glaube ich immer noch!
Aber ich glaube nicht mehr, dass es eine klare Korrelation zwischen Anteil der jüdischen Bevölkerung an Weimar zu verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgütern in den Weimarer Sammlungen gibt! Und das hat halt damit zu tun, dass erstens die Weimarer Sammlungen auf den großen Auktionen in den 30er-Jahren aufgetreten sind, als Käufer. Und es hat zum anderen damit zu tun, dass die Weimarer Sammlungen auch von den staatlichen Stellen des NS immer wieder von sich aus bedacht worden sind."
Die Klassik-Stiftung Weimar hat - wie alle deutschen Kulturinstitutionen - beschämend spät damit begonnen, ihre Bestände daraufhin zu untersuchen, ob und wie viel NS-Raubgut sich darunter befindet. Dessen ist sich auch Seemann bewusst. In den allermeisten der 6500 deutschen Museen mangele es an Personal, da ist Provenienz-, also Herkunftsrecherche schwierig bis unmöglich.
Aber Seemann weist stolz darauf hin, dass die Weimarer Klassik-Stiftung im Deutschland-weiten Vergleich nicht schlecht da stünde: Man wisse immerhin schon mal um den Umfang der genauer zu untersuchenden Bestände, und: Seemann hat im vergangenen Jahr noch zwei Historiker und eine Juristin angestellt, befristet auf zwei Jahre, die sich nur mit der Suche nach dem NS-Raubgut und dessen Restitution, also Rückgabe, beschäftigen. Finanziert werden die Stellen zum Teil vom Bund.
Hellmut Seemann: "Ich glaube, dass es jetzt so ein politisches Bewusstsein dafür gibt, dass das notwendig ist. Aber es ist für alle schmerzlich, die bei 'Kultur' immer denken: Das müssen doch die schönen Feuerwerke sein, die man dann abbrennt. Da gibt's nichts abzubrennen! Da gibt's hier und dort den glücklichen Fall, dass wir jemandem etwas zurückgeben dürfen. Das ist alles, was passieren kann; und mehr Glück gibt's da nicht!"
"Herr Haufe, wo steht denn die Bibliothek Weißstein?"
Zurück im Tiefenmagazin: Rüdiger Haufe und Peter Prölß sind auf der Suche nach einigen historischen Almanachen der Sammlung Weißstein. Sie stehen zwischen all den anderen Büchern, die vermutlich verfolgungsbedingt zwischen 1933 und 45 den Besitzer gewechselt haben. Ein heikler Fall.
Peter Pröhls:"Gotthilf Weißstein, ein Redakteursmitglied des Berliner Tageblatt, bibliophiler Sammler, Germanist, trug so im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts bis zu seinem Tod 1907 eine große Bibliothek zusammen. Nach seinem Tod wird die Bibliothek von seinem Bruder geordnet und fällt nach dessen Tod an die Witwe des Bruders. Sie wird in den 20er-Jahren an die Preußische Staatsbibliothek als Leihgabe abgegeben.
Und im Laufe des Jahres 1933 trifft Margarete Weißstein, die Erbin, den Entschluss, die Leihgabe aufzulösen und die Bibliothek zu verkaufen. Ob das schon unter dem Eindruck der Verfolgung geschieht, ist unklar; und das ist das, was wir lösen müssen. Die Bibliothek wird über den Antiquar Martin Breslauer verkauft."
Jelena Wachowski: "Wir haben hier einen verfolgungsbedingten Ersterwerb, der im Grunde nach der Handreichung, die der Kulturstaatsminister herausgegeben hat, maßgebend für uns ist."
Jelena Wachowski, die Juristin im Provenienzrecherche-Team der Klassik-Stiftung.
Jelena Wachowski: "Wir haben jetzt die besondere Situation, dass wir hier eine Vermutung haben, die zugunsten eines Verfolgten etabliert wird, und möglicherwiese in diesem besonderen Fall eben zulasten eines anderen Verfolgten angewendet werden muss, das heißt, es muss eine intensive Rücksprache erfolgen und wir müssen gucken, wie wir in dieser besonderen Situation verfahren."
Peter Pröhls: "Ein weiterer Bereich der Weißstein-Bibliothek wird von Arthur Goldschmidt gekauft - vermutlich auch über Martin Breslauer. Martin Breslauer, der Antiquar, der die Bücher verkaufte, war selber Verfolgter des NS-Regimes. Als er fliehen musste, hat er Teile der Bibliothek zurücklassen müssen. Und das ist die große Frage: Wer - verfolgt waren alle drei Personen! –, wer ist jetzt der Anspruchsberechtigte?"
"Wir haben intensiv unsere eigene Aktenüberlieferung geprüft"
Nicht alle Fälle sind so kompliziert wie dieser. Andererseits ist es oft nicht so leicht, Herkunft und Weg eines Buches zu rekonstruieren.
Rüdiger Haufe: "Wir haben intensiv unsere eigene Aktenüberlieferung geprüft, das heißt, wir haben nicht nur die Zugangsbücher und Inventare der Bibliothek angeschaut, sondern auch Korrespondenz- und Verwaltungsakten eingesehen, Rechnungsbücher durchgesehen. Der nächste Schritt ist dann immer die Autopsie: Wir schauen uns die Bücher genau an und schauen dort nach weiteren Spuren. Häufig reicht das schon, um sich auf die Suche nach den Erben zu begeben.
In vielen Fällen ist es aber auch so, dass wir noch andere Quellen erschließen müssen. Die können sehr unterschiedlicher Art sein. Wir sehen uns, wenn das möglich ist für uns, die Aktenüberlieferungen der Händler an; auch die sind z.T. vorhanden in unterschiedlicher Art und Weise, in sehr, sehr unterschiedlichen Beständen."
Und wenn schließlich fest steht, wem das Buch, das Gemälde, die Handschrift ursprünglich gehört hat, dann kommt die Justiziarin Jelena Wachowski ins Spiel. Dann geht es darum, die Erben zu finden.
Jelena Wachowski: "Es gibt Fälle, da hat sich die Rechtsnachfolge tatsächlich über die Jahre hinweg und über die verschiedenen Familienstränge sehr kompliziert entwickelt, das heißt, man hat dann wirklich Anspruchsberechtigte im zweistelligen Bereich - und damit muss man dann umgehen.
Und in anderen Fällen ist mitunter gar niemand mehr zu ermitteln. Das heißt, man muss dann unter Umständen mit der Commission for looted arts kooperieren, man muss mit den deutschen Nachlassgerichten kooperieren, man muss Archivgut durchsehen, damit man unter Umständen die Destination einer Ausreise nachverfolgen kann Und das kann sich dann unter Umständen im schlimmsten Fall über Jahre hinziehen."
Die spektakulären Fälle wie das Kirchner-Gemälde "Berliner Straßenszene", das 2006 vom Berliner-Brücke-Museum an die Erben der früheren jüdischen Besitzerin zurückgegeben wurde, bestimmen das Bild der Restitution in der Öffentlichkeit. Die Normalität sind Bücher wie die im Tiefenmagazin der Anna-Amalia-Bibliothek in Weimar. Massenware, billig zu beschaffen.
Rüdiger Haufe: "Es geht letztlich bei der Frage, wie wir damit umgehen, überhaupt nicht um den materiellen Wert."
Peter Pröhls: "Ich erinnere mich an einen Rabbi aus New York, der hatte drei Schriften seines Vaters zurückbekommen - es waren Schriften des Deutschen Alpenvereins in Deutsch aus den 20er-Jahren. Er spricht kein Deutsch und inhaltlich-thematisch interessiert's ihn auch nicht, aber das waren die einzigen Bücher aus der Bibliothek seines Vaters, die er dann in den Händen halten konnte! Und das ist schon sehr bewegend für alle Beteiligten gewesen."
Die Erbenermittlung in Weimar kommt in Gang. Einiges wurde bereits zurückgegeben, andere Erben verkaufen die restituierten Stücke lieber zurück an die Klassik-Stiftung, die diese dann - diesmal mit gutem Gewissen - behalten kann. Die Entscheidung über die Art und Weise der Restitution obliegt einzig und allein den rechtmäßigen Erben.
Raus aus dem Tiefenmagazin - über den Markt und den Frauenplan ins Goethe-Nationalmuseum. Aus dem Depot wurde ein Gemälde angeliefert, das als NS-Raubgut identifiziert wurde.
Ein kleines Ölgemälde, fast quadratisch.
Ein Mann mit 'nem Cello. Und der andere - hat der eine Geige?
Das ist schwer zu sagen. Na, er hat eine Gei ... Schwer zu sagen: Vielleicht ein Cello und ein Kontrabass, ein kleiner ...
"Wie gehen wir mit Geschichte um?"
Heike Krokowski:" ... ganz wichtig, gerade bei Gemälden, ist, dass man sich die Rückseiten anschaut. Das ist die sogenannte Rückseiten-Autopsie, man hat da ein bisschen sich bei der Medizin bedient.
An der Rückseite kann man häufig Hinweise finden auf ehemaligen Besitz, auf ehemalige Ausstellungen. In diesem Fall haben wir relativ wenig, weil wir einen Rückseitenschutz angebracht haben. Und es gibt ganz viele Gemälde, die haben all diese Nachweise nicht! Die sind dann ganz blank – und dann hat man wieder gar nichts."
Also, hier haben wir zum Beispiel eine Inventarnummer, da steht "1944"; das könnte ja schon etwas bedeuten ... ?
Rüdiger Haufe: "Im Prinzip haben wir dieses Gemälde sehr eindeutig identifiziert, über den Eintrag im Zugangs- bzw. Inventarbuch Gemälde der staatlichen Kunstsammlungen. Dort ist genau unter dieser Nummer, die wir hier auch auf der Rückseite des Rahmens sehen, vermerkt, dass es 1944 über das Weimarer Finanzamt aus dem Besitz des verstorbenen Malers Fritz Fleischer in die Kunstsammlungen gekommen ist. Der Hinweis auf das Finanzamt - für uns ausreichend Grund, um hier zumindest von einem Anfangsverdacht auszugehen.
Und die weiteren Recherchen haben gezeigt, dass das Gemälde aus dem Besitz der Witwe von Fritz Fleischer kommt, Jenny Fleischer. Jenny Fleischer war jüdischer Herkunft, und sie begeht 1942 angesichts der drohenden Deportation als verfolgte Jüdin Selbstmord. Danach wird ihr Besitz eingezogen durch die Finanzbehörden und zum Teil versteigert, zum Teil direkt in bestimmte Institutionen weiter gegeben."
Jenny Fleischer war zum Zeitpunkt ihres Selbstmords 78 Jahre alt. Ihr Haus diente als Ghetto für Weimarer Juden. Ihre Nichte ging mit ihr in den Tod. Zu ihren Erben gibt es eine Spur. Ein Neffe ist in den 70er-Jahren aus der DDR in den Westen ausgereist. Nach ihm und seinen Nachfahren suchen die Weimarer Provenienzforscher.
In zwei Jahren werden drei der vier Stellen auslaufen. Dann werden sie, wenn alles gut geht, die Einlieferungsjahre 1933 bis 1939 durchsucht haben. Sie lassen keinen Zweifel daran, dass ihnen diese Arbeit wichtig ist und dass es vielen Museen gut anstünde, sich um ihre Bestände zu kümmern.
Heraus aus dem Goethe-Haus, wieder über Frauenplan und Markt zum Schloss, Präsidenten der Klassik-Stiftung, Helmut Seemann. Er betont, dass nach und nach alle Bestände, die ab 1933 eingegangen sind, durchsucht werden müssen.
Hellmut Seemann: "Ich glaube, wir müssen verstehen, dass Kulturinstitute Institute sind, die damit zu tun haben: Wie gehen wir mit Geschichte um? Und deswegen können wir in solchen Instituten nicht zulassen, was man so zum Beispiel im Familienleben vielleicht akzeptieren kann, 'Das Glas hat der Opa aus Russland mitgebracht ..:' - oder solche Dinge; die gibt es ganz viel in deutschen Häusern; in deutschen Museen darf es das nicht geben. Die Attraktivität von Provenienzrecherche in den staatlichen und öffentlichen Sammlungen ist kein attraktives Geschäft.
Es ist sehr aufwendig, es führt eher zu Abgängen als zu Zugängen, aber wir müssen uns als Museum in diese Aufgabe stellen, weil: Es ist die genuine Aufgabe eines Museums, zu wissen, über was es verfügt. Das muss kein Privater so genau wissen, wie es ein Museum wissen muss. Das ist geradezu Definition des Museums! Und deswegen ist es doch ziemlich skandalös, wie lange auch nach der Washingtoner Erklärung die Dinge noch so weitergegangen sind, wie sie jahrzehntelang gingen. Museum kann solche Bestände in den eigenen Räumen nicht dulden! Das darf nicht unklar sein! Und ich glaube, wir brauchen das auch für uns selber!"
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