Weinlese in Brandenburg

Der Geschmack nach Lausitz

05:57 Minuten
Weinberg in Brandenburg mit roten Trauben
In Brandenburg lebt die alte Weinbautradition wieder auf, auch an ungewöhnlichen Orten wie im früheren Tagebau. © Christoph Richter
Von Christoph Richter |
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Im Weinbau ist gerade Erntezeit, so auch in Brandenburg. Dort werden im früheren Tagebaugebiet seit Jahren erfolgreich zahlreiche Rebsorten angebaut und für gute Qualität Preise gewonnen. Unser Reporter war bei der Lese dabei.
Herbstzeit ist auch in Brandenburg Weinlesezeit. In der Nähe von Spremberg, an der brandenburgisch-sächsischen Landesgrenze, hat man einen ungewöhnlichen Ort gewählt und in einem ausgekohlten Tagebau einen Weinberg angelegt.
Was zu Beginn noch den Charakter eines Experiments hatte, ist heute längst Routine geworden, wie andernorts in Rheinhessen oder an der Mosel. Erste Preise hat der Wein aus dem Tagebau auch schon gewonnen.

Weinberg am Tagebauhang

Leicht gebückt steht der freiwillige Helfer Martin Schultze am Hang des Weinbergs Wolkenberg in der Lausitz. Er schneidet die vertrockneten und fauligen Trauben ab und lässt sie auf den Boden fallen. "Wir lesen hier Rotwein der Sorte Rondo", sagt Schultze. "Der Wein ist hervorragend, der schmeckt nach der Lausitz, weich und rund." Es sei wichtig, nur die besten Beeren zu ernten. "Alles, was diesem Qualitätsanspruch nicht genügt, kommt nicht in den Eimer."
Der gelernte Landwirt streckt ein Bein nach hinten aus und stützt sich so gekonnt ab, dass er am Hang aufrecht steht. Unter ihm fließt aber kein malerischer Fluss, sondern es sieht aus wie in einer Mondlanschaft. Der Weinberg liegt direkt in einem Tagebauhang, eine halbe Autostunde südlich von Cottbus. Früher war dort einfach nur ein 80 Meter tiefes Loch.

Rückkehr zur Tradition

"Vor etlichen Hundert Jahren gab es sehr viele Weingüter, viel Weinbau, etwa 800 Hektar in Brandenburg", so Schultze. "Im Moment sind wir wieder bei 40 Hektar, stecken noch in den Kinderschuhen." In der Gegend habe es eine gewisse Tradition gegeben, deshalb habe man die wieder aufleben lassen.
Im Hintergrund zwitschern keine Vögel, sondern dröhnen riesige Braunkohle- Abraumbagger, die sich noch immer durch den etwa 500 Meter Luftlinie entfernten Tagebau Welzow fressen. Der sattgrüne Weinberg befindet sich in einem schon ausgekohlten Teil. Dort befand sich einst das sorbische Dorf Wolkenberg, das 1991 für die Braunkohle weichen musste.

Regen bereitet Sorgen

Heute arbeiten pro Reihe, in denen sich etwa 40 Rebstöcke befinden, zwei, drei Helfer. Bettina Muthmann ist Lehrerin und Geschäftsführerin der Wolkenberg GmbH, des Weinguts am Tagebau. Angebaut werden hier neben zwei Rotweinsorten hauptsächlich Weißweinreben: Grauburgunder, Weißburgunder, Kernling, Schönburger. Der Regen der letzten Tage bereitet allen gerade große Sorgen.
In blauen Containern werden die geernteten Beeren gesammelt und mit kleinen Raupen abtransportiert. Eine normale Ernte des Lausitzer Weinbergs am Wolkenberg ergibt etwa 30.000 Flaschen Wein. Dieses Jahr rechnet Bettina Muthmann wegen des Regens mit einem Verlust von einem Drittel der Ernte.
2005 wurden in der Lausitz am Tagebauhang die ersten Reben gepflanzt. Der damalige Bergbaubetreiber Vattenfall und die Brandenburgisch Technische Universität Cottbus wollten die alte Weinbaugeschichte der Zisterzienser wieder aufleben lassen. Fünf Jahre später wurden an der früheren Tagebaukante rund 30.000 Rebstöcke gepflanzt. Der tonhaltige Boden sei ideal für mineralisch-schmeckende Weine, heißt es.
2013 wurde der erste Tagebauwein geerntet, gekellert und abgefüllt. Die Herstellung übernimmt Winzer Martin Schwarz von der Weinmanufaktur Mariaberg im sächsischen Meißen und Geschäftspartner der Weinbergspächterin Bettina Muthmann.

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