Der wichtigste Club Washingtons
Die Volksnähe des Weißen Hauses ist viel informeller als in Deutschland. Der Hipster-Präsident Obama, wie ihn manche nennen, hat durch die Pop-Konzerte im East Room nur eine Tradition erweitert. Das kann sich mit Trump ändern.
Popstars zu Besuch im Weißen Haus dienten immer auch der Außenwirkung, und es gehört zur Show, dass Präsidenten sich mit Leuten umgeben, die ihre Wähler auch toll finden: Der scheinbar große Liberale John F. Kennedy fühlte sich nicht nur zu Marilyn Monroe hingezogen, sondern auch zum legendären Rat Pack um seinen persönlichen Freund Frank Sinatra: Allerdings lud er Sinatras Rat-Pack-Kumpel Sammy Davis jr. von der Künstlerliste zur Inauguration vorsichtshalber aus – weil der schwarze Davis ja mit einer blonden Schwedin verheiratet war, und John F. wollte die politischen Freunde aus dem Süden nicht vergrätzen, denn Mischehen waren damals in 31 Staaten noch verboten!
Rock & Co. für die mächtigsten Männer der Welt
Jimmy Carter, in den späten Siebzigern, war dann der erste Präsident, der auf Rockmusik stand! Als Südstaaten-Gouverneur hatte er mehrere Anti-Platten-Piraterie-Gesetze auf den Weg gebracht und dadurch persönliche Freunde im Musikgeschäft gewonnen; und so wunderte es in Amerika niemanden, als eines Tages die Allman Brothers an der Tür des Weißen Hauses klingelten, Gregg Allmans damalige Gattin Cher den Präsidenten herzte und die Musiker für den mächtigsten Mann der Welt ein bisschen Southern Rock jammten.
Die Symbiose zwischen Präsidenten und Popstars verändert sich, als die Kinder von Elvis und den Beatles plötzlich selbst Politiker wurden, und mit der Mediengesellschaft waren die Popstars zu den neuen Granden geworden, deren Respektabilität sich auf die Politiker übertrug – auch noch bei Obama: Der HipHop-Mogul Jay-Z sang für ihn und dessen Frau Beyoncé, Bruce Springsteen und der mexikanische Superstar Mana, aber auch Lady Gaga: Und so hat sich Präsident Obama fest eingeschrieben in die große Pop-Erzählung!
Allerdings hat er auch ganz ernsthaft diverse Rapper eingeladen, um über die Reform des Strafvollzugs zu diskutieren, und er lobt den politisch expliziten Kendrick Lamar. Dass Chance the Rapper aber allein in diesem Jahr drei mal zu Gast im Weißen Haus war, soll an quasi-familiären Bindungen liegen: Chance’s Dad war Mitarbeiter in Obamas frühen Jahren als Senator, erzählte er neulich im Radio:
"I first met Chance when he was eight years old... [Ich habe Chance zum ersten Mal getroffen als er acht Jahre alt war..."]
Popstars unterstützen den US-Wahlkampf
Nun sind Popstars im Wahlkampf ja längst alte Hüte, auch dass die gerne zur Inaugurationsbällen musizieren. Bei den Ehrungen fürs Lebenswerk, die das Kennedy Center für die Künste im Weißen Haus verleiht, gibt der Präsident den Moderator.
Der Soulbrother Barack öffnete tatsächlich das Weiße Haus für Musiker: ließ die White House Music Series installieren – ein Programm von genrespezifischen Konzerten, die uramerikanische Musikrichtungen feiern: Country, Protestsongs, Gospel... Und nachdem ziemlich schnell eine bunte Mischung aus Earth, Wind and Fire, Paul Simon, den Marsalis-Brüdern, aber auch den Foo Fighters und Ziggy Marley im East Room aufgespielt hatte, war (wie die Washington Post meinte) die Schlange derer, die im wichtigsten Club Washingtons spielen wollten, ziemlich lang.
Keine singenden US-Präsidenten mehr?
Gelegentlich hat der Präsident selbst mitgesungen, wenn die Stimmung passte wie an dem Abend mit Buddy Guy und B.B. King, wo Mick Jagger Obama das Mikro reichte.
Wer aber, um Gottes Willen, (so beginnen sich jetzt amerikanische Medien zu fragen) soll am 20. Januar zur Inauguration von Donald Trump aufspielen (- außer dem neulich durchgedrehten Kanye West)? Das Fachmagazin Billboard vermutet, der sowieso dem Irrsinn nahe Hardrockgitarrist Ted Nugent könnte wollen, die Countrylegende Loretta Lynn, vielleicht auch die reaktionären Lynyrd Skynyrd... Aber da der ganze vergangene Wahlkampf ja völlig unvorhersehbar gewesen sei, könne man davon ausgehen, dass einige populäre Musiker mit konservativen Neigungen jetzt aus dem Unterholz gekrochen kämen. Und notfalls könne Trump ja einfach – Militärmusiker zur Party ordern!