Weissrussland

Keine Belohnung für die Wahlfarce

Der weißrussische Präsident Alexander Lukaschenko
Der weißrussische Präsident Alexander Lukaschenko hat auch bei dieser Wahl nicht fair gekämpft, meint unsere Korrespondentin. © Imago
Von Sabine Adler |
Die jetzige Wahl in Weißrussland war genauso eine Farce wie die drei Wahlen davor. Trotzdem sollte die Europäische Union über Lockerungen der Sanktionen gegen das Land nachdenken, empfiehlt unsere Korrespondentin Sabine Adler.
Wenn die Europäische Union über die Lockerung oder gar das Ende der Sanktionen gegenüber Weißrussland nachdenkt, dann sollte sie diesen Schritt nicht mit dieser Wahl begründen.
Die war eine Farce wie mindestens die drei Wahlen zuvor. Nur 1994 hat Alexander Lukaschenko leidlich fair gekämpft. Mit einer angeblichen Zustimmung von 83 und eine Wahlbeteiligung von 87 Prozent fühlt sich der Autokrat jetzt stärker als US-Präsident Obama und hat noch immer nicht verstanden, dass weniger mehr gewesen wäre.
Denn tatsächlich fürchteten viele Bürger den Wandel, ließen sich ins Bockshorn jagen von den Propagandisten aus Minsk und Moskau, die mit Verweis auf die Ukraine einen Machtwechsel gleich zur Kriegsgefahr heraufbeschwörten. Auch dieser Teil der ideologischen Kriegsführung war erfolgreich. Es ging völlig unter, dass die größere Gefahr von Russland droht, die Angst Lukaschenkos, dass sich das Krimszenario in Belarus wiederholt, war oft genug zu beobachten.
Lukaschenko ist vorsichtig auf Distanz zu Putin gegangen
Nicht die Opposition bedroht Weißrussland, sondern der große Nachbar Russland ist nicht mehr zu kalkulieren. Lukaschenko ist bei allem Lavieren, es sich nicht mit Präsident Putin zu verscherzen, vorsichtig auf Abstand zum Kreml gegangen. Der Minsker Autokrat zeigte sich unerwartet solidarisch mit dem Kiewer Kollegen Poroschenko und dem ukrainischen Volk.
Das ist der Ansatz für die Europäische Union, die Eiszeit mit Minsk allmählich zu beenden. Die gestrige Präsidentschaftswahl eignet sich nicht die für einen Kurswechsel der EU. Es wurden zwar keine Demonstrationen niedergeschlagen, was auch fast nicht möglich gewesen wäre, denn es haben nur kleine vereinzelte Proteste stattgefunden.
Die Bevölkerung hat sich aus Angst vor einem weißrussischen Maidan nicht auf die Straße getraut. Anlass hätte sie dafür genau wie 2010 gehabt. Auch das gestrige Wahlergebnis wurde vielfach gefälscht. Es begann mit der Knebelung der Opposition, die in den vergangenen fünf Jahren keine Organisation geschweige denn Partei neu gründen konnte.
Weißrussland benötigt dringend ausländische Investitionen
Alle Bewegungen, die seitdem entstanden sind, zwingt der Staat in den Untergrund. Die Registrierung von Kandidaten war beschränkt. Der Druck auf die Wähler, Arbeit oder Studienplatz bei einer falschen Wahl zu verlieren, ist keine leere Drohung, sondern eine Erfahrung, die bereits genug Bürger machen mussten. Die Auszählung, an deren Überwachung die internationalen und oppositionellen Beobachter gehindert wurde, war nur das Tüpfelchen auf dem i.
Weißrussland wird ein Dritte-Welt-Land, befürchtet ein anerkannter Minsker Ökonom. Kredite, Investitionen vor allem aber das Know-how für eine Modernisierung von Wirtschaft und Gesellschaft werden dringend benötigt. Die Aufhebung der Sanktionen gegen Lukaschenko und seine Gefolgsleute wird keinen Boom verursachen, aber ein Signal an Geldgeber sein, dem Land wieder mehr zu vertrauen. Es ist ein Schritt, den das Regime nicht verdient hat, den aber die Menschen dringend brauchen.
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