Weißt du, wie viel Sternlein stehen?
Forscher des Berliner Projekts "Verlust der Nacht" haben eine kostenlose App für Android-Smartphones entwickelt, mit der sich die Anzahl der am Nachthimmel sichtbaren Sterne ermitteln lässt. Sie wollen so herausfinden, wie weit die Lichtverschmutzung fortgeschritten ist.
Berlin-Kreuzberg in einer wolkenlosen, klaren Nacht. Die Geoökologin Helga Küchly geht eine Straße entlang, biegt dann in den dunklen Görlitzer Park ein. Ein paar Minuten später ist sie am Ziel – und dem Himmel ein Stückchen näher gekommen.
"Wir stehen gerade am hinteren Ende des Görlitzer Parks, auf einem Hügel. Und wir versuchen, mit der Verlust-der-Nacht-App Sterne zu finden. Und damit, ja, bekommen wir Informationen über die Lichtverschmutzung hier in Berlin."
Vom Hügel blickt man auf die Berliner Nachtkulisse: Man sieht den beleuchteten Fernsehturm, entfernte Hochhäuser und hell erleuchtete Fenster in den umliegenden Straßen. Und über allem spannt sich der Berliner Nachthimmel. Helga Küchly holt ihr Smartphone hervor und tippt auf die App "Verlust-der-Nacht".
"Also es kommt ein Fenster, Sternbeobachtung beginnen, da klicken wir dann drauf. Jetzt kommt eine kurze Einführung, dass mit sieben Sternen begonnen wird, und wir klicken okay. Und jetzt erscheint in roter Farbe, damit das auch unsere Nachtsicht nicht beeinträchtigt, eine Sternenkarte auf dem Handy, mit einem roten Kreis und Pfeil. Und dieser Pfeil, der weist in die Richtung des Sterns, den ich jetzt eben gerade suchen soll."
Die Suche beginnt mit einem besonders hellen Stern. So ist zumindest am Anfang ein Sucherfolg wahrscheinlich - auch wenn der Himmel von künstlichem Licht aufgehellt sein sollte. Helga Küchly hält ihr Smartphone in den Nachthimmel, bewegt es in die Richtung, die roter Kreis und Pfeil auf der Sternenkarte vorgeben.
"Und wenn man dann in die Nähe des Sterns kommt, dann wird dieser Kreis ganz groß, und zeigt mir jetzt an, dass ich gerade den Stern Arktur suche. Und den sehe ich sehr deutlich. Das heißt, ich kann jetzt den nächsten Button klicken und das ist Stern sichtbar."
Hoch über dem Kopf der Geoökologin leuchtet Arktur, ein riesiger Stern mit dem 22-fachen Sonnendurchmesser. Dass er es wirklich ist, lässt sich auch auf der Sternenkarte überprüfen – durch den Vergleich mit umliegenden Sternen. Wer allerdings unsicher ist, weil er den Stern etwa nur ganz schwach am Himmel erkennt, kann auch das eingeben. Denn an vielen Orten sind eigentlich helle Sterne kaum noch zu sehen, sagt Weltraumwissenschaftler Christopher Kyba.
"In Gegenden, die ausschließlich durch das Licht der Sterne erleuchtet sind, kann man nachts bis zu 6000 Sterne sehen. Mehr Sterne zu sehen ist nicht möglich, denn das Himmelslicht selbst überstrahlt sehr schwache Sterne. In Städten passiert das Gleiche, allerdings durch künstliches Licht. In Berlin etwa können wir daher nur einige 100 Sterne sehen, alle anderen werden durch künstliches Licht überstrahlt."
Das Licht von abertausenden Laternen, Häusern und Industriegebäuden bildet über den Städten regelrechte Lichtglocken. In Berlin sind in dieser Nacht daher schätzungsweise nur einige Dutzend Sterne am Himmel zu sehen. Und durch diese künstliche Aufhellung verlieren wir eine ganz grundlegende, auch kulturell gewachsene Verbindung zum Universum, sagt Annette Krop-Benesch vom Forschungsprojekt Verlust der Nacht.
"Wir dürfen nicht vergessen, dass die Sterne uns Menschen seit Jahrtausenden geprägt haben. Viele Religionen haben ihre Gottheiten in den Sternen gesehen. Das heißt, das ist unser kulturelles Erbe. Und was heute passiert ist, dass wir diese Verbindung zu den Sternen verlieren. Und die Sterne und die Milchstraße erinnern uns auch daran, dass wir eigentlich kleiner sind, als wir manchmal gerne denken. Also es setzt uns auch einfach ins Verhältnis zum Universum."
Und dieses Verhältnis lässt sich an vielen Orten der Welt heute nicht mehr ausloten. Satellitenaufnahmen belegen dabei sehr deutlich, wie hell das nächtliche Europa mittlerweile ist – auch wenn es durchaus Unterschiede gibt.
"Ein Bereich, der zum Beispiel relativ dunkel ist im Vergleich zu anderen Ländern, ist Deutschland. Wobei wir gerade Bereich in Süddeutschland noch eher hell beleuchtet haben. Wir sehen Städte wie Berlin. Wenn man sich jetzt aber zum Beispiel die Niederlande anschaut oder Belgien, das ist ein ganz großer, strahlend heller Bereich. Das liegt daran, dass in den Niederlanden die Gewächshäuser nachts beleuchtet werden. Und in Belgien ist es zum Teil noch die Beleuchtung der Autobahnen, die aber inzwischen abgeschaltet worden ist."
Maßnahmen gegen die Lichtverschmutzung wären möglich: Skybeamer, die Gebäude von unten anleuchten, könnten ausbleiben, Straßenlampen ihr Licht nur zum Boden werfen, statt es in alle Richtungen zu streuen. Das interdisziplinäre Forschungsprojekt Verlust der Nacht will auch dafür sensibilisieren.
"Okay, dann geht es jetzt zu unserem nächsten Stern. Wir sehen jetzt wieder die Sternkarte und den Kreis mit dem Pfeil, der uns in die Richtung weißt."
Vier Sterne hat Helga Küchly heute Nacht bereits gesucht und entdeckt. Mindestens sieben Messungen pro Nacht benötigen die Forscher vom Projekt Verlust der Nacht, um die Daten nutzen zu können. Die App geht dabei von sehr hellen zu eher dunklen Sternen – um auszuloten, welche gerade noch zu sehen sind. Beim fünften Stern wird’s schließlich undeutlich – also ein heller Stadthimmel.
"Ja, das ist jetzt schwer, weil der Stern, der ist auch ganz alleine (lacht) im Himmel. Also man kann sich jetzt gerade im Moment schwer an anderen Sternen orientieren. Ich würde sagen, wir sind uns vielleicht unsicher, ob wir diesen Stern sehen."
Die Geoökologin gibt auch das in die App ein. Die Ergebnisse lassen sich schließlich mit einem Tipp an die Datenbank der Wissenschaftler schicken. Die Forscher nutzen sie, um eine möglichst umfangreiche Karte der Lichtverschmutzung anzulegen, sagt Helga Küchly.
"Das Suchen der Sterne sind mehr oder weniger Messungen der Himmelshelligkeit. Also jeder, der auch nur ein paar Sterne sucht, trägt dazu bei, dass man diesen globalen Datensatz eben erweitert."
Anonymes versenden mit Standorterkennung ist möglich, ergänzt sie - steckt ihr Smartphone ein und beendet die Suche für heute Nacht.
"Wir stehen gerade am hinteren Ende des Görlitzer Parks, auf einem Hügel. Und wir versuchen, mit der Verlust-der-Nacht-App Sterne zu finden. Und damit, ja, bekommen wir Informationen über die Lichtverschmutzung hier in Berlin."
Vom Hügel blickt man auf die Berliner Nachtkulisse: Man sieht den beleuchteten Fernsehturm, entfernte Hochhäuser und hell erleuchtete Fenster in den umliegenden Straßen. Und über allem spannt sich der Berliner Nachthimmel. Helga Küchly holt ihr Smartphone hervor und tippt auf die App "Verlust-der-Nacht".
"Also es kommt ein Fenster, Sternbeobachtung beginnen, da klicken wir dann drauf. Jetzt kommt eine kurze Einführung, dass mit sieben Sternen begonnen wird, und wir klicken okay. Und jetzt erscheint in roter Farbe, damit das auch unsere Nachtsicht nicht beeinträchtigt, eine Sternenkarte auf dem Handy, mit einem roten Kreis und Pfeil. Und dieser Pfeil, der weist in die Richtung des Sterns, den ich jetzt eben gerade suchen soll."
Die Suche beginnt mit einem besonders hellen Stern. So ist zumindest am Anfang ein Sucherfolg wahrscheinlich - auch wenn der Himmel von künstlichem Licht aufgehellt sein sollte. Helga Küchly hält ihr Smartphone in den Nachthimmel, bewegt es in die Richtung, die roter Kreis und Pfeil auf der Sternenkarte vorgeben.
"Und wenn man dann in die Nähe des Sterns kommt, dann wird dieser Kreis ganz groß, und zeigt mir jetzt an, dass ich gerade den Stern Arktur suche. Und den sehe ich sehr deutlich. Das heißt, ich kann jetzt den nächsten Button klicken und das ist Stern sichtbar."
Hoch über dem Kopf der Geoökologin leuchtet Arktur, ein riesiger Stern mit dem 22-fachen Sonnendurchmesser. Dass er es wirklich ist, lässt sich auch auf der Sternenkarte überprüfen – durch den Vergleich mit umliegenden Sternen. Wer allerdings unsicher ist, weil er den Stern etwa nur ganz schwach am Himmel erkennt, kann auch das eingeben. Denn an vielen Orten sind eigentlich helle Sterne kaum noch zu sehen, sagt Weltraumwissenschaftler Christopher Kyba.
"In Gegenden, die ausschließlich durch das Licht der Sterne erleuchtet sind, kann man nachts bis zu 6000 Sterne sehen. Mehr Sterne zu sehen ist nicht möglich, denn das Himmelslicht selbst überstrahlt sehr schwache Sterne. In Städten passiert das Gleiche, allerdings durch künstliches Licht. In Berlin etwa können wir daher nur einige 100 Sterne sehen, alle anderen werden durch künstliches Licht überstrahlt."
Das Licht von abertausenden Laternen, Häusern und Industriegebäuden bildet über den Städten regelrechte Lichtglocken. In Berlin sind in dieser Nacht daher schätzungsweise nur einige Dutzend Sterne am Himmel zu sehen. Und durch diese künstliche Aufhellung verlieren wir eine ganz grundlegende, auch kulturell gewachsene Verbindung zum Universum, sagt Annette Krop-Benesch vom Forschungsprojekt Verlust der Nacht.
"Wir dürfen nicht vergessen, dass die Sterne uns Menschen seit Jahrtausenden geprägt haben. Viele Religionen haben ihre Gottheiten in den Sternen gesehen. Das heißt, das ist unser kulturelles Erbe. Und was heute passiert ist, dass wir diese Verbindung zu den Sternen verlieren. Und die Sterne und die Milchstraße erinnern uns auch daran, dass wir eigentlich kleiner sind, als wir manchmal gerne denken. Also es setzt uns auch einfach ins Verhältnis zum Universum."
Und dieses Verhältnis lässt sich an vielen Orten der Welt heute nicht mehr ausloten. Satellitenaufnahmen belegen dabei sehr deutlich, wie hell das nächtliche Europa mittlerweile ist – auch wenn es durchaus Unterschiede gibt.
"Ein Bereich, der zum Beispiel relativ dunkel ist im Vergleich zu anderen Ländern, ist Deutschland. Wobei wir gerade Bereich in Süddeutschland noch eher hell beleuchtet haben. Wir sehen Städte wie Berlin. Wenn man sich jetzt aber zum Beispiel die Niederlande anschaut oder Belgien, das ist ein ganz großer, strahlend heller Bereich. Das liegt daran, dass in den Niederlanden die Gewächshäuser nachts beleuchtet werden. Und in Belgien ist es zum Teil noch die Beleuchtung der Autobahnen, die aber inzwischen abgeschaltet worden ist."
Maßnahmen gegen die Lichtverschmutzung wären möglich: Skybeamer, die Gebäude von unten anleuchten, könnten ausbleiben, Straßenlampen ihr Licht nur zum Boden werfen, statt es in alle Richtungen zu streuen. Das interdisziplinäre Forschungsprojekt Verlust der Nacht will auch dafür sensibilisieren.
"Okay, dann geht es jetzt zu unserem nächsten Stern. Wir sehen jetzt wieder die Sternkarte und den Kreis mit dem Pfeil, der uns in die Richtung weißt."
Vier Sterne hat Helga Küchly heute Nacht bereits gesucht und entdeckt. Mindestens sieben Messungen pro Nacht benötigen die Forscher vom Projekt Verlust der Nacht, um die Daten nutzen zu können. Die App geht dabei von sehr hellen zu eher dunklen Sternen – um auszuloten, welche gerade noch zu sehen sind. Beim fünften Stern wird’s schließlich undeutlich – also ein heller Stadthimmel.
"Ja, das ist jetzt schwer, weil der Stern, der ist auch ganz alleine (lacht) im Himmel. Also man kann sich jetzt gerade im Moment schwer an anderen Sternen orientieren. Ich würde sagen, wir sind uns vielleicht unsicher, ob wir diesen Stern sehen."
Die Geoökologin gibt auch das in die App ein. Die Ergebnisse lassen sich schließlich mit einem Tipp an die Datenbank der Wissenschaftler schicken. Die Forscher nutzen sie, um eine möglichst umfangreiche Karte der Lichtverschmutzung anzulegen, sagt Helga Küchly.
"Das Suchen der Sterne sind mehr oder weniger Messungen der Himmelshelligkeit. Also jeder, der auch nur ein paar Sterne sucht, trägt dazu bei, dass man diesen globalen Datensatz eben erweitert."
Anonymes versenden mit Standorterkennung ist möglich, ergänzt sie - steckt ihr Smartphone ein und beendet die Suche für heute Nacht.