Weitergabe des Iffland-Rings

Gesucht: der nächste "Überschauspieler"

Das Bild zeigt das vom Burgschauspieler Josef Meinrad am 26.Januar 1984 verfaßte Testament über die Weitergabe des Iffland-Rings nach seinem Tod. Darin steht: "Mein Wunsch ist es, daß nach meinem Tode BRUNO GANZ den IFFLANDRING erhält. Josef Meinrad". Links oben, der Ring in einer Schatulle.
Die Verfügung von Burgschauspieler Josef Meinrad, durch die Bruno Ganz 1984 als neuer Träger des Iffland-Rings bestimmt wurde. © HansTecht/dpa
Esther Slevogt im Gespräch mit Valdimir Balzer |
Der Iffland-Ring soll seinen Träger auf Lebenszeit als wichtigsten Darsteller der deutschsprachigen Theaterwelt auszeichnen. Nun ist der aktuelle Träger Bruno Ganz gestorben. Die Theaterkritikerin Esther Slevogt über mögliche Nachfolger.
Der Iffland-Ring ist nach dem deutschen Schauspieler August Wilhelm Iffland (1759 – 1814) benannt. Er gilt als höchste Auszeichnung des deutschsprachigen Theaters. Er wird auf Lebenszeit und der Tradition nach ausschließlich an Männer verliehen. Der Träger soll testamentarisch darüber verfügen, wer der Nachfolger sein wird.
Wer der künftige Träger des Iffland-Rings ist, werde aber erst nach der Beerdigung von Bruno Ganz bekannt gegeben, sagt Esther Slevogt im Gespräch mit Deutschlandfunk Kultur. Infrage kämen Schauspieler wie Ulrich Matthes oder Martin Wuttke, der auch im Wiener Burgtheater spiele.
Der Schauspieler Bruno Ganz
Der Schauspieler Bruno Ganz© picture alliance / Jörg Carstensen / dpa
"Die Fama dieses Preises besagt ja, dass es der 'größte und würdigste' und 'Überschauspieler' sein muss. Und das sind ja oft welche, die schon auf eine gewisse Karriere zurückblicken können."

Verbindung bis ins 18. Jahrhundert

Wenn der Ring alle paar Jahrzehnte wieder auftauche, dann sei dies wie eine Zeitreise. Im öffentlichen Bewusstsein sei die Weiterreichung des Ringes wie ein "Zeittunnel", der bis in Goethes Zeiten zurückreiche.
"Iffland war ein Zeitgenosse von Goethe und hat mit ihm zusammengearbeitet. Er hat in der Uraufführung von Schillers 'Räubern' den Franz Moor gespielt und war dann Intendant des Königlichen Hoftheaters am Gendarmenmarkt. Der Iffland-Preis stand jetzt nicht immer für die Avantgarde des Theaters."
Zeitgenössische Darstellung des deutschen Schriftstellers und Dramatikers August Wilhelm Iffland (1777-1814).
Eine zeitgenössische Darstellung des deutschen Schauspielers, Schriftstellers und Dramatikers August Wilhelm Iffland (1777-1814), nach dem der Ring benannt ist.© picture-alliance / dpa / Bifab
Im Laufe der deutschen Geschichte sei der letzte legitime, dem Mythos angemessene Träger des Ringes der Berliner Schauspieler Albert Bassermann gewesen, der Ende des 19. Jahrhunderts im Berliner Deutschen Theater unter dem Intendanten Max Reinhardt berühmt wurde, so Slevogt:
"Er hatte den Ring von Friedrich Haase vermacht bekommmen und hatte drei Schauspieler bestimmt, die aber alle zu seinen Lebzeiten gestorben sind."

Durch Nazis zerstörte Theaterwelt

In der Zeit des Nationalsozialismus hätten viele jüdische Theaterleute, wie auch Max Reinhardt, emigrieren müssen. "Die Nazis hatten im Grunde die gesamte Theaterkultur zerstört, aus denen all diese Ring-Träger hervorgegangen waren."
Bevor Bassermann 1952 im US-amerikanischen Exil starb, habe er den Ring dem Österreichischen Theatermuseum übergeben. Dort habe man nach dessen Tod die Tradition des Iffland-Rings wieder aufleben lassen wollen, aber dann ausgerechnet einen Schauspieler bestimmt, der aufgrund seiner Rolle im Nationalsozialismus des Ringes nicht würdig gewesen sei.
"Sie vergaben diesen Ring ausgerechnet an Werner Krauß. Er war 1933 von Goebbels zum Präsidenten der Reichstheaterkammer – also die Gleichschaltungsbehörde des Theaters – ernannt worden."

Beschädigte Bedeutung des Rings

Krauß habe in Propagandafilmen gleich mehrere jüdische Karikaturen gespielt, wie etwa in "Jud Süß" von 1940. Krauß sei zweifellos ein großer Schauspieler gewesen, aber er hätte seine Kunst im Grunde verraten: "Das hat für mich den Ring auch irgendwie anrüchig gemacht. Und ich habe mich gewundert, dass jemand wie Bruno Ganz, der für ein linkes, antifaschistisches 68er-Theater stand überhaupt nicht nach dem Erbe gefragt hat, das er da angetreten hat. Und das macht es für mich schwierig, diese Geschichte aus der 'Theatermottenkiste' zu betrachten."
(mle)
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