Neue Runde im Streit um NS-Raubkunst
Erben jüdischer Kunsthändler haben Deutschland vor einem US-Gericht verklagt, weil sie die Herausgabe des Welfenschatzes fordern. Sie führen neue Dokumente als Beweisstücke an - andere Interessenten seien damals unter Druck gesetzt worden. Der Wert der mehr als 40 Kunstwerke, um die es geht, wird auf 260 Millionen Euro geschätzt.
Im Streit um den legendären Welfenschatz haben die Erben jüdischer Kunsthändler Deutschland vor einem US-Gericht verklagt. Sie werfen der Bundesrepublik vor, den millionenschweren mittelalterlichen Kirchenschatz nicht herauszugeben, obwohl es sich um NS-Raubkunst handele.
Bei den Klägern handele es sich um die Nachfahren von vier jüdischen Kunsthändlern, erläuterte Kunstkritiker und Raubkunst-Experte Stefan Koldehoff. Sie hätten 1928 den Auftrag erhalten, den Welfenschatz zu veräußern. Die Argumentation der Kläger ziele jetzt darauf, dass es durch die Machtübernahme der Nazis nicht mehr möglich gewesen sei, einen marktgerechten Preis zu erzielen. Darüber hinaus hätten die damaligen Kunsthändler auch nicht mehr frei über das Geld verfügen können:
"Damit wäre nach der Washingtoner Raubkunst-Erklärung von 1998 eine Restitution eigentlich angezeigt."
Interessenten unter Druck gesetzt
Die Anwälte gäben an, dass sie Dokumente gefunden hätten, aus denen hervorginge, dass die preußische Regierung und Hermann Göring andere Interessenten unter Druck gesetzt hätten, sagte Koldehoff:
"Beispielsweise muss die Stadt Hannover als Sitz der Welfen Interesse daran gehabt, diesen Schatz zu erwerben. Da gab es wohl sehr deutlilche Signale aus Berlin: 'Lasst da mal die Finger von, da gibt es höhere Interessen.' Insofern wäre also das Argument der Gegenseite, der Staatlichen Museen zu Berlin und der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, dass es gar keine Interessenten gegeben habe, ein bisschen entkräftet."
Die Klage der Erben
Das "Wall Street Journal" berichtet, dass die Erben jüdischer Kunsthändler in Washington Klage eingereicht haben. Sie fordern den Kirchenschatz von Deutschland zurück, weil er 1935 unter Druck und weit unter Wert abgegeben worden sei. "Würde Deutschland etwas anderes behaupten, würde es noch 2015 Görings Plündereien ausdrücklich billigen", heißt es in dem Schriftsatz.
Der Streit um den Welfenschatz zieht sich bereits über Jahre hin. Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz lehnt den Anspruch der Erben ab. Auch die Limbach-Kommission hat sich gegen eine Rückgabe ausgesprochen. Der Welfenschatz besteht aus 44 Meisterwerken mittelalterlicher Kirchenkunst. Die Kläger schätzen den Wert auf 260 Millionen Euro.