Wellnessdrink mit Genussproblem
Der Nonibaum gilt auf Hawaii als eine mächtige Pflanze. Der Frucht werden so starke Kräfte zugeschrieben, dass sie nur sehr selten genutzt wird. Hierzulande wird die Pflanze trotz des scheußlichen Geschmacks als traditionelles Wundermittel verkauft. Doch der sündhaft teuere Wellnessdrink hat auch Risiken und Nebenwirkungen.
Was ist Noni?
Ein Baum, der heimisch ist in Nordaustralien, dem westlichen Pazifik und dem Indischen Ozean. Genutzt wird der Baum gerne – außer für Nahrungszwecke. Seine ovalen, etwa sieben Zentimeter langen, blassgelben, narbigen Früchte gelten aufgrund ihres ausdruckslosen Geschmacks und strengen Duftes nach Käsefüßen bei den Einheimischen als ungenießbar. Deshalb stehen sie kostenlos in großer Menge zur Verfügung. Auf das "Genussproblem" weisen auch andere Namen der Pflanze hin wie Sauapfel, Affenapfel oder Mäuseananas. In der einschlägigen Literatur fehlt nicht der Hinweis, dass herumliegende Früchte vor allem Schweine und Ratten anziehen.
Und wozu ist er nun gut?
Genutzt wird der Baum vorzugsweise als Schattenspender in Kaffeeplantagen, als Stützbaum für den Anbau von Pfefferpflanzen und als Windschutz. Er ist anspruchslos und gedeiht auf mageren, salzigen, sauren, oder alkalischen Böden gleichermaßen. Er verträgt Trockenheit wie Nässe, Buschbrände ebenso wie Überflutungen. Dafür ist er anfällig für Krankheiten und Schädlinge aller Art, insbesondere, wenn er kommerziell in Plantagen angebaut wird.
Rinde und Wurzeln liefern einen roten beziehungsweise orangefarbenen Farbstoff. Das Holz ist begehrt. Die Blätter, die Rinde und die Wurzeln dienen als Medikament gegen Parasiten, Arthritis, AIDS, Vergreisung, Verkalkung, Diabetes usw. Die Liste ist endlos, weil die Pflanze als Geistermedizin eingesetzt wurde – also zur Abwehr böser Geister. Da nach dem volkstümlichen Glauben alle Krankheiten von bösen Geistern herrühren, muss die Nonipflanze auch gegen alle Krankheiten helfen. (Da mag man drüber schmunzeln, aber die Idee ist nicht abwegiger als unsere Vorstellung, dass man praktisch alle Krankheiten mit gesunder Ernährung verhindern könnte.)
Enthält sie also keine medizinisch interessanten Wirkstoffe?
Doch! Und das wussten natürlich auch die Heiler der indigenen Völker. Ein Ethnobotaniker berichtet, dass ihm ein hawaiischer Heiler bestätigt hätten, der Nonibaum sei eine "mächtige" Pflanze, "so stark, dass man sie normalerweise nicht verwendet". Wenn Naturheiler vor der "Macht" einer Pflanze warnen, spricht das für massive Nebenwirkungen. Sieht man sich die botanische Verwandtschaft des Nonibaumes an, ist das naheliegend. Er stammt aus der Familie der Rötegewächse (Rubiaceae). Dort sind nicht nur viele Färberpflanzen zu Hause, wie etwa der Krapp (Färberwaid), sondern auch die Bäume, die die Chinarinde liefern, die Brechwurzel, der Yohimbebaum und der Kaffeestrauch. Zu den "mächtigen" Inhaltsstoffen dieser Familie zählen Alkaloide wie das Chinin, das zum Fiebersenken, als Antimalariamittel, als Wehenmittel, aber auch für Abtreibungen verwendet werden kann, und das Erbrechen auslösende Emetin. Außerdem enthalten Rötegewächse antibiotisch und fungizid wirkende Iridoide und verschiedenste Anthranoide, die häufig in starken pflanzlichen Abführmitteln vorkommen.
Gibt es Hinweise auf unerwünschte Nebenwirkungen? Leider ja. Aus Österreich wurden drei Fälle von Leberschäden gemeldet. In einem erkrankte ein 45-jähriger Mann an akuter Hepatitis, nachdem er über mehrere Wochen täglich ein Glas Nonisaft getrunken hatte. Erst als alle gängigen Auslöser (Medikamente, Alkohol, Vergiftungen und Infektionen) ausgeschlossen werden konnten, geriet der Wellnessdrink in Verdacht. Tatsächlich sanken die Leberwerte des Patienten bereits zwei Tage nach Absetzen des Saftes. Die behandelnden Ärzte haben als Ursache die Anthrachinone im Verdacht. Auch dem deutschen Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) wurden zwei Fälle gemeldet. Auch hier kam es zur Gelbsucht und dramatisch erhöhten Leberwerten. Nachdem der Gesundheitstrank abgesetzt wurde, normalisierten sich die Laborwerte wieder. Inzwischen liegt ein ähnlicher Fall aus Spanien vor. Diese Beobachtungen deuten darauf hin, dass die Nonifrucht zumindest für Personen mit Leberproblemen weniger geeignet ist – auch wenn das die Branche aus naheliegenden Gründen heftig von sich weist.
Noni ist also nicht einfach nur ein neuer exotischer Fruchtsaft? Sicher nicht. Dies legen die Ergebnisse der Lebensmittelüberwachung nahe, die feststellen musste, dass viele Produkte aus Konzentrat hergestellt und dabei verfälscht wurden, gewöhnlich durch Zusatz von Zuckern und Säuren, vermutlich um den Geschmack angenehmer zu gestalten. Damit wird das Produkt nicht nur deutlich billiger - auch die fraglichen Wirkstoffe werden verdünnt.
Fazit: Bleibe im Lande und nähre dich redlich.
Literatur:
Nelson SC: Morinda citrifolia (noni) In: Elevitch CR (Ed): Species Profiles for Pacific Island Agroforestry. PAR, Holualoa 2006
Smillie D: Tale of the South Pacific. Forbes Magazine, 24.05.2004. http://www.forbes.com/business/forbes/2004/0524/178.html
McClatchey W: From Polynesian healers to health food stores: changing perspectives of Morinda citrifolia (Rubiaceae). Integrative Cancer Therapies 2002/1/S.110-120
Frohne D, Jensen U: Systematik des Pflanzenreichs unter besonderer Berücksichtigung chemischer Merkmale und pflanzlicher Drogen. WVG, Stuttgart 1998
Bundesinstitut für Risikobewertung: Können Noni-Säfte die Gesundheit schädigen? Aktualisierte Information Nr. 045/2006 des BfR vom 06. März 2006, aktualisiert am 28. September 2006
Stadlbauer V et al: Hepatotoxicity of Noni juice: report of two cases. World Journal of Gastroenterology 2005/11/S.4758-4760
Millonig G et al: Herbal hepatotoxicity: acute hepatitis caused by a noni preparation (Morinda citrifolia). European Journal of Gastroenterology & Hepatology 2005/17/S.445-447
Yüce B et al: Hepatitis induced by Noni juice from Morinda citrifolia: a rare cause of hepatotoxicity or the tip of the iceberg? Digestion 2006/73/S.167-170
Lopez-Cepero JM et al: Hepatoxidad grave asociada al consumo de Noni (Morinda citrifolia). Revista Espanola de Enfermedades Digestivas 2007/99/S.179-181
Pawlus AD et al: An anthraquinone with potent quinone reductase-inducing activity and other constituents of the fruits of Morinda citrifolia (noni). Journal of Natural Products 2005/68/S.1720-1722
Kamiya K et al: New anthraquinone and iridoid from the fruits of Morinda citrifolia. Chemical & Pharmaceutical Bulletin (Tokyo) 2005/53/S.1597-1599
Francis JK: Morinda citrifolia. U.S. Department of Agriculture, Forest Service, International Institute of Tropical Forestry
Schlicht C, Lander V: Authenticity control at juices from "morinda citrifolia" (Noni-fruit) proof of addition of water, sugar and/or acids with the aid of stable isotope technique. Lebensmittelchemie 2007/61/S.96-97
Ein Baum, der heimisch ist in Nordaustralien, dem westlichen Pazifik und dem Indischen Ozean. Genutzt wird der Baum gerne – außer für Nahrungszwecke. Seine ovalen, etwa sieben Zentimeter langen, blassgelben, narbigen Früchte gelten aufgrund ihres ausdruckslosen Geschmacks und strengen Duftes nach Käsefüßen bei den Einheimischen als ungenießbar. Deshalb stehen sie kostenlos in großer Menge zur Verfügung. Auf das "Genussproblem" weisen auch andere Namen der Pflanze hin wie Sauapfel, Affenapfel oder Mäuseananas. In der einschlägigen Literatur fehlt nicht der Hinweis, dass herumliegende Früchte vor allem Schweine und Ratten anziehen.
Und wozu ist er nun gut?
Genutzt wird der Baum vorzugsweise als Schattenspender in Kaffeeplantagen, als Stützbaum für den Anbau von Pfefferpflanzen und als Windschutz. Er ist anspruchslos und gedeiht auf mageren, salzigen, sauren, oder alkalischen Böden gleichermaßen. Er verträgt Trockenheit wie Nässe, Buschbrände ebenso wie Überflutungen. Dafür ist er anfällig für Krankheiten und Schädlinge aller Art, insbesondere, wenn er kommerziell in Plantagen angebaut wird.
Rinde und Wurzeln liefern einen roten beziehungsweise orangefarbenen Farbstoff. Das Holz ist begehrt. Die Blätter, die Rinde und die Wurzeln dienen als Medikament gegen Parasiten, Arthritis, AIDS, Vergreisung, Verkalkung, Diabetes usw. Die Liste ist endlos, weil die Pflanze als Geistermedizin eingesetzt wurde – also zur Abwehr böser Geister. Da nach dem volkstümlichen Glauben alle Krankheiten von bösen Geistern herrühren, muss die Nonipflanze auch gegen alle Krankheiten helfen. (Da mag man drüber schmunzeln, aber die Idee ist nicht abwegiger als unsere Vorstellung, dass man praktisch alle Krankheiten mit gesunder Ernährung verhindern könnte.)
Enthält sie also keine medizinisch interessanten Wirkstoffe?
Doch! Und das wussten natürlich auch die Heiler der indigenen Völker. Ein Ethnobotaniker berichtet, dass ihm ein hawaiischer Heiler bestätigt hätten, der Nonibaum sei eine "mächtige" Pflanze, "so stark, dass man sie normalerweise nicht verwendet". Wenn Naturheiler vor der "Macht" einer Pflanze warnen, spricht das für massive Nebenwirkungen. Sieht man sich die botanische Verwandtschaft des Nonibaumes an, ist das naheliegend. Er stammt aus der Familie der Rötegewächse (Rubiaceae). Dort sind nicht nur viele Färberpflanzen zu Hause, wie etwa der Krapp (Färberwaid), sondern auch die Bäume, die die Chinarinde liefern, die Brechwurzel, der Yohimbebaum und der Kaffeestrauch. Zu den "mächtigen" Inhaltsstoffen dieser Familie zählen Alkaloide wie das Chinin, das zum Fiebersenken, als Antimalariamittel, als Wehenmittel, aber auch für Abtreibungen verwendet werden kann, und das Erbrechen auslösende Emetin. Außerdem enthalten Rötegewächse antibiotisch und fungizid wirkende Iridoide und verschiedenste Anthranoide, die häufig in starken pflanzlichen Abführmitteln vorkommen.
Gibt es Hinweise auf unerwünschte Nebenwirkungen? Leider ja. Aus Österreich wurden drei Fälle von Leberschäden gemeldet. In einem erkrankte ein 45-jähriger Mann an akuter Hepatitis, nachdem er über mehrere Wochen täglich ein Glas Nonisaft getrunken hatte. Erst als alle gängigen Auslöser (Medikamente, Alkohol, Vergiftungen und Infektionen) ausgeschlossen werden konnten, geriet der Wellnessdrink in Verdacht. Tatsächlich sanken die Leberwerte des Patienten bereits zwei Tage nach Absetzen des Saftes. Die behandelnden Ärzte haben als Ursache die Anthrachinone im Verdacht. Auch dem deutschen Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) wurden zwei Fälle gemeldet. Auch hier kam es zur Gelbsucht und dramatisch erhöhten Leberwerten. Nachdem der Gesundheitstrank abgesetzt wurde, normalisierten sich die Laborwerte wieder. Inzwischen liegt ein ähnlicher Fall aus Spanien vor. Diese Beobachtungen deuten darauf hin, dass die Nonifrucht zumindest für Personen mit Leberproblemen weniger geeignet ist – auch wenn das die Branche aus naheliegenden Gründen heftig von sich weist.
Noni ist also nicht einfach nur ein neuer exotischer Fruchtsaft? Sicher nicht. Dies legen die Ergebnisse der Lebensmittelüberwachung nahe, die feststellen musste, dass viele Produkte aus Konzentrat hergestellt und dabei verfälscht wurden, gewöhnlich durch Zusatz von Zuckern und Säuren, vermutlich um den Geschmack angenehmer zu gestalten. Damit wird das Produkt nicht nur deutlich billiger - auch die fraglichen Wirkstoffe werden verdünnt.
Fazit: Bleibe im Lande und nähre dich redlich.
Literatur:
Nelson SC: Morinda citrifolia (noni) In: Elevitch CR (Ed): Species Profiles for Pacific Island Agroforestry. PAR, Holualoa 2006
Smillie D: Tale of the South Pacific. Forbes Magazine, 24.05.2004. http://www.forbes.com/business/forbes/2004/0524/178.html
McClatchey W: From Polynesian healers to health food stores: changing perspectives of Morinda citrifolia (Rubiaceae). Integrative Cancer Therapies 2002/1/S.110-120
Frohne D, Jensen U: Systematik des Pflanzenreichs unter besonderer Berücksichtigung chemischer Merkmale und pflanzlicher Drogen. WVG, Stuttgart 1998
Bundesinstitut für Risikobewertung: Können Noni-Säfte die Gesundheit schädigen? Aktualisierte Information Nr. 045/2006 des BfR vom 06. März 2006, aktualisiert am 28. September 2006
Stadlbauer V et al: Hepatotoxicity of Noni juice: report of two cases. World Journal of Gastroenterology 2005/11/S.4758-4760
Millonig G et al: Herbal hepatotoxicity: acute hepatitis caused by a noni preparation (Morinda citrifolia). European Journal of Gastroenterology & Hepatology 2005/17/S.445-447
Yüce B et al: Hepatitis induced by Noni juice from Morinda citrifolia: a rare cause of hepatotoxicity or the tip of the iceberg? Digestion 2006/73/S.167-170
Lopez-Cepero JM et al: Hepatoxidad grave asociada al consumo de Noni (Morinda citrifolia). Revista Espanola de Enfermedades Digestivas 2007/99/S.179-181
Pawlus AD et al: An anthraquinone with potent quinone reductase-inducing activity and other constituents of the fruits of Morinda citrifolia (noni). Journal of Natural Products 2005/68/S.1720-1722
Kamiya K et al: New anthraquinone and iridoid from the fruits of Morinda citrifolia. Chemical & Pharmaceutical Bulletin (Tokyo) 2005/53/S.1597-1599
Francis JK: Morinda citrifolia. U.S. Department of Agriculture, Forest Service, International Institute of Tropical Forestry
Schlicht C, Lander V: Authenticity control at juices from "morinda citrifolia" (Noni-fruit) proof of addition of water, sugar and/or acids with the aid of stable isotope technique. Lebensmittelchemie 2007/61/S.96-97