Weltberühmte antike Schönheit
"Farben wie eben aufgelegt. Arbeit ganz hervorragend. Beschreiben nützt nichts, ansehen", notierte der Archäologe Ludwig Borchardt, als er am 6. Dezember 1912 bei Grabungen in Armana die Büste der Nofretete entdeckte. Bis heute lockt die Schöne Besuchermassen nach Berlin und bis heute fordert sie Ägypten zurück.
Im Januar 1911 begann der deutsche Archäologe Ludwig Borchardt mit Ausgrabungen in Amarna. Über 3200 Jahre zuvor hatte Echnaton die Stadt errichten lassen, und von dort mit seiner Frau Nofretete über Ägypten geherrscht. Nach dem Tod des Pharaos verfiel die Stadt, verschwand unter Wüstensand.
"Etwa in Kniehöhe vor uns im Schutt wurde ein fleischfarbener Nacken mit aufgemalten Bändern bloß."
Notierte Ludwig Borchardt am 6. Dezember 1912 in sein Grabungstagebuch.
"Wir arbeiteten mit den Händen weiter. Als das Stück ganz befreit war, hielten wir das naturgetreueste ägyptische Kunstwerk in Händen. (Eine) lebensgroße bemalte Büste der Königin, 47 cm hoch."
Borchardt und seine Leute hatten die heute weltberühmte Büste der Nofretete entdeckt. Dies geschah zu einem Zeitpunkt, als in Ägypten die Briten herrschten, die Altertumsverwaltung aber den Franzosen oblag. Jahrzehntelang hatten Frankreich und Großbritannien um die Vormachtstellung am Nil gerungen. Von diesen machtpolitischen Interessen war auch die Archäologie geprägt: Massenhaft schafften die weißen Herren fremdes Kulturgut nach Europa, wo es als Ausdruck imperialer Macht in den Museen präsentiert wurde - allen voran im Louvre und im British Museum.
Im Deutschen Reich bestand dagegen kaum Interesse an Ausgrabungen. Bis 1886 ein Archäologe forderte:
"Preußen muss graben, damit wir nicht wieder einmal das Nachsehen haben!"
Wenig später entstand die "Deutsche Orientgesellschaft". Finanziert wurde sie vor allem von dem Berliner Unternehmer James Simon, protegiert von Kaiser Wilhelm II., so der Historiker Olaf Matthes:
"Deren Ziele waren: Die deutschen Museen zunächst, aber dann die Berliner Museen vor allem, als die Museen der Reichshauptstadt, so weit mit Objekten zu versehen, dass sie dem British Museum und dem Louvre Paroli bieten konnten. Und so auch die Leistungsfähigkeit der deutschen Kultur unter Beweis stellen konnten."
Ludwig Borchardt grub im Auftrag der Orientgesellschaft. Weit über 10.000 Objekte holten er und seine Leute aus dem Wüstensand Amarnas. Und als er die Nofretete entdeckte, war ihm die Einmaligkeit des Fundes sofort bewusst:
"Farben wie eben aufgelegt. Arbeit ganz hervorragend. Beschreiben nützt nichts, ansehen."
Aber wo? In Ägypten? In Berlin?
"James Simon, der Finanzier der Ausgrabung, hätte sogar bis zu 36.000 Mark extra dafür ausgegeben, nur um diese eine Büste zu erwerben. 36.000 Mark war mehr, als eine ganze Grabungskampagne in Amarna kostete. Das musste man nicht, weil die Büste nach damaligem Recht legal nach Berlin gekommen ist."
Anfang 1913 hatte ein Mitarbeiter der Ägyptischen Altertümerverwaltung vor hunderten gepackter Kisten nach dem Prinzip der sogenannten Fundteilung darüber entschieden, welche Hälfte nach Kairo ging und welche an Simon. Doch von der schönen Königin wussten nur Borchardt und seine Mitarbeiter etwas. Und als Ende 1913 die Schätze aus Amarna erstmals in Berlin zu sehen waren, fehlte - auf Betreiben Borchardts - die Nofretete.
"Weil er glaubte, wenn diese Büste zu sehen sein wird - und das war seine große Befürchtung, dass die Franzosen und die Engländer sich gegenseitig beschuldigen würden, dass so ein herausragendes Objekt außer Landes gegangen sei, hätte die Konsequenz, dass möglicherweise die Berliner Museen keine Grabungslizenz mehr bekommen, bzw. die Deutsche Orientgesellschaft."
So geschah es auch - einige Jahre später: 1924 wurde die Nofretete erstmals in Berlin ausgestellt. Kurz zuvor hatte die ägyptische Altertümerverwaltung von der Existenz erfahren und reagierte sofort: Sie verbot den Deutschen weitere Grabungen in Amarna. Und: Sie forderte die Rückgabe der Pharaonin. Angesichts dieser noch immer aktuellen Forderung verweisen hiesige Politiker und Wissenschaftler bis heute auf die "Rechtmäßigkeit der Fundteilung". Doch wie "rechtmäßig" können eine Archäologie und ihre Regeln sein, wenn sie untrennbar verbunden waren mit kolonialen und imperialen Machtinteressen? Die französische Kunsthistorikerin Bénédicte Savoy jedenfalls gibt in ihrem kürzlich erschienenen Buch "Der Fall Nofretete" zu bedenken:
"Die Nofretete-Affäre ist ein Paradebeispiel für die dringende Notwendigkeit einer weltweiten offenen Diskussion über den Umgang unserer westlichen Museen mit den archäologischen Schätzen, die im 19. und frühen 20. Jahrhundert den Weg in ihre Sammlungen gefunden haben."
"Etwa in Kniehöhe vor uns im Schutt wurde ein fleischfarbener Nacken mit aufgemalten Bändern bloß."
Notierte Ludwig Borchardt am 6. Dezember 1912 in sein Grabungstagebuch.
"Wir arbeiteten mit den Händen weiter. Als das Stück ganz befreit war, hielten wir das naturgetreueste ägyptische Kunstwerk in Händen. (Eine) lebensgroße bemalte Büste der Königin, 47 cm hoch."
Borchardt und seine Leute hatten die heute weltberühmte Büste der Nofretete entdeckt. Dies geschah zu einem Zeitpunkt, als in Ägypten die Briten herrschten, die Altertumsverwaltung aber den Franzosen oblag. Jahrzehntelang hatten Frankreich und Großbritannien um die Vormachtstellung am Nil gerungen. Von diesen machtpolitischen Interessen war auch die Archäologie geprägt: Massenhaft schafften die weißen Herren fremdes Kulturgut nach Europa, wo es als Ausdruck imperialer Macht in den Museen präsentiert wurde - allen voran im Louvre und im British Museum.
Im Deutschen Reich bestand dagegen kaum Interesse an Ausgrabungen. Bis 1886 ein Archäologe forderte:
"Preußen muss graben, damit wir nicht wieder einmal das Nachsehen haben!"
Wenig später entstand die "Deutsche Orientgesellschaft". Finanziert wurde sie vor allem von dem Berliner Unternehmer James Simon, protegiert von Kaiser Wilhelm II., so der Historiker Olaf Matthes:
"Deren Ziele waren: Die deutschen Museen zunächst, aber dann die Berliner Museen vor allem, als die Museen der Reichshauptstadt, so weit mit Objekten zu versehen, dass sie dem British Museum und dem Louvre Paroli bieten konnten. Und so auch die Leistungsfähigkeit der deutschen Kultur unter Beweis stellen konnten."
Ludwig Borchardt grub im Auftrag der Orientgesellschaft. Weit über 10.000 Objekte holten er und seine Leute aus dem Wüstensand Amarnas. Und als er die Nofretete entdeckte, war ihm die Einmaligkeit des Fundes sofort bewusst:
"Farben wie eben aufgelegt. Arbeit ganz hervorragend. Beschreiben nützt nichts, ansehen."
Aber wo? In Ägypten? In Berlin?
"James Simon, der Finanzier der Ausgrabung, hätte sogar bis zu 36.000 Mark extra dafür ausgegeben, nur um diese eine Büste zu erwerben. 36.000 Mark war mehr, als eine ganze Grabungskampagne in Amarna kostete. Das musste man nicht, weil die Büste nach damaligem Recht legal nach Berlin gekommen ist."
Anfang 1913 hatte ein Mitarbeiter der Ägyptischen Altertümerverwaltung vor hunderten gepackter Kisten nach dem Prinzip der sogenannten Fundteilung darüber entschieden, welche Hälfte nach Kairo ging und welche an Simon. Doch von der schönen Königin wussten nur Borchardt und seine Mitarbeiter etwas. Und als Ende 1913 die Schätze aus Amarna erstmals in Berlin zu sehen waren, fehlte - auf Betreiben Borchardts - die Nofretete.
"Weil er glaubte, wenn diese Büste zu sehen sein wird - und das war seine große Befürchtung, dass die Franzosen und die Engländer sich gegenseitig beschuldigen würden, dass so ein herausragendes Objekt außer Landes gegangen sei, hätte die Konsequenz, dass möglicherweise die Berliner Museen keine Grabungslizenz mehr bekommen, bzw. die Deutsche Orientgesellschaft."
So geschah es auch - einige Jahre später: 1924 wurde die Nofretete erstmals in Berlin ausgestellt. Kurz zuvor hatte die ägyptische Altertümerverwaltung von der Existenz erfahren und reagierte sofort: Sie verbot den Deutschen weitere Grabungen in Amarna. Und: Sie forderte die Rückgabe der Pharaonin. Angesichts dieser noch immer aktuellen Forderung verweisen hiesige Politiker und Wissenschaftler bis heute auf die "Rechtmäßigkeit der Fundteilung". Doch wie "rechtmäßig" können eine Archäologie und ihre Regeln sein, wenn sie untrennbar verbunden waren mit kolonialen und imperialen Machtinteressen? Die französische Kunsthistorikerin Bénédicte Savoy jedenfalls gibt in ihrem kürzlich erschienenen Buch "Der Fall Nofretete" zu bedenken:
"Die Nofretete-Affäre ist ein Paradebeispiel für die dringende Notwendigkeit einer weltweiten offenen Diskussion über den Umgang unserer westlichen Museen mit den archäologischen Schätzen, die im 19. und frühen 20. Jahrhundert den Weg in ihre Sammlungen gefunden haben."