Physiotherapeuten über die Schulter geschaut
Wenn Mats Hummels oder Jérôme Boateng sich an die Wade fassen, dann stürmt ein Physiotherapeut auf den Platz. Die Wade wird unter Umständen weltberühmt, der Masseur eher nicht.
"Es gab ja nur so ganz kleine Blessuren nach dem Spiel, ich glaube, der Sami hatte en bisschen Probleme mit den Adduktoren, aber kein Problem, Mats Hummels hatte en Schlag bekommen, Julian Draxler, Jerome Boateng war auch ne reine Vorsichtsmaßnahme, er hatte ja ne Gelbe Karte und dann ne Wadenverletzung jetzt aus der letzten Woche."
Bundestrainer Jogi Löw während der Europameisterschaft nach dem Spiel gegen die Slowakei.
Bundestrainer Jogi Löw während der Europameisterschaft nach dem Spiel gegen die Slowakei.
"Von daher war's für mich einfach auch gut, ihn rechtzeitig rauszunehmen, fürs Wochenende wird das kein Problem sein. Die medizinische Abteilung hat klasse gearbeitet und so gesehen stehen uns alle Spieler zur Verfügung."
Die Wade der Nation. Der Unterschenkel Boatengs wurde berühmt, weil alle Welt sich fragte, ob dieses Teil für das gesamte Turnier halten würde. Wer aber dafür Sorge tragen sollte und wie derjenige heißt, weiß bis heute kein Mensch. Immerhin walkten vier Physiotherapeuten an den Muskeln der Nationalspieler herum, im Verborgenen.
Da scheint es eher eine Meldung wert, dass einer der Physios, namentlich Klaus Eder, die Unterhose von Christiano Ronaldo trug. Zumindest eine aus dessen Unterwäsche-Kollektion. Das sah man, als er sich auf dem Platz über den Fuß eines Spielers beugte.
Die Spieler rufen nach dem Physiotherapeuten und retten sich durch die Spielzeit
"Doch. Also Physios die kennen den. Klaus Eder. Den kenn ich also auch. Den kennt man."
Und nun kennen wir auch Fabienne Zwickl. Sie ist Physiotherapeutin beim Cronenberger SC, Oberliga Niederrhein. Die Truppe spielt als Aufsteiger gegen die Spielvereinigung Schonnebeck, und Zwickl hat nichts zu tun.
"Ja Gott sein Dank. Das ist dann immer natürlich positiv für'n Physio. Hihihihi. Ich glaube ich hab meine Mannschaft in dieser Hinsicht ganz gut im Griff, die bleiben wirklich meistens nur liegen, wenn es wirklich auch was ist. Natürlich ist das auch manchmal ein bisschen 'ne taktische Frage in manchen Spielsituationen, aber die sind da schon eigentlich pflegeleichter."
Im Gegensatz dazu wälzen die Spieler von Schonnebeck sich in der zweiten Halbzeit ständig auf dem Rasen. Sie führen knapp, und deren Physio läuft ständig mit seinem Betreuerkoffer auf den Platz. Alles nur Show.
"Ich glaube, der Spieler ist umgeknickt oder wurde am Knöchel berührt, so wie ich das gesehen hab, und dann hat er ihm da ein bisschen auch mit dem Schwamm, glaube ich, so`n bisschen Kühlwasser drauf getan. Dass es einfach erstmal zum Gefässchluss kommt oder die Gefäße enger gestellt werden, ja."
Denn durch das Eiswasser tritt an der verletzten Stelle weniger Flüssigkeit ins Gewebe aus, und die Schwellung bleibt gering.
Fabienne Zwickl ist eine zierliche junge Frau, ehemalige Leichtathletin über 400 Meter Hürden. Man sieht ihr gar nicht an, dass sie im Notfall auch fest zupacken, Muskel durchkneten oder irgendetwas einrenken kann.
Neben ihr steht griffbereit der Behandlungskoffer, der diesmal während des Spiels ja nicht gebraucht wurde. Schonnebeck hat sich über die Zeit gerettet, weil immer öfter Spieler auf dem Boden liegend nach dem Physio riefen.
"Hier haben wir einmal Kompressen, wir haben Hautbinden, wenn sich mal irgendjemand verletzt oder Platzwunden sind, da habe ich hier für die Vorbereitung ein Kinesiatape, normales Tape füt etwas festere, ja für stabilere Tapes für das Sprunggelenk, ja dann haben wir hier verschiedene Wärmesalben wenn Spieler ne Verhärtung haben oder irgendwie kommen die schon mal selber, auch oft ist einfach nur für den Kopf, ist ja im Sport oft auch das Problem, dass man das halt einfach präventiv denen gibt, und dann wird die Muskulatur so`n bisschen angewärmt. Massagelotion, so Sporttonikum, was so`n bisschen kühlt, tut denen immer ganz gut nach dem Spiel, ja Desinfektionsspray, Jodsalbe für offene Verletzungen, ja."
Und daneben die Box mit Eiswürfeln. So sitzt Fabienne Zwickl gewöhnlich mit den Ersatzspielern auf der Bank, einmal wöchentlich auch beim Training und wartet auf ihren Einsatz, der meistens plötzlich kommt.
"Sehr, sehr schnelle Entscheidungen müssen da getroffen werden. Also je nachdem was passiert, können ja auch schonmal schlimmere Verletzungen passieren, muss dann schnell gehandelt werden, um die erstbeste Versorgung zu erzielen, ne. Mir sind noch bis jetzt die ganz schlimmen Verletzungen erspart geblieben, wobei sich ja im Training hat sich einer mal das Kreuzband gerissen und gleichzeitig ne Clavicula-Fraktur gehabt, also Schlüsselbein gebrochen, ja dann bin ich mit dem ins Krankenhaus gefahren. Weil das passiert dann ja auch oft, dass der Kreislauf zusammensackt, und dann muss er ins Krankenhaus."
Gelegentlich, wenn die andere Mannschaft mal ohne Physiotherapeut anreist, kommt es vor, dass sie sich auch um einen Gegenspieler kümmern muss. Man kann ihn ja schlecht liegen lassen.
Die Kommunikation zwischen Trainer und Physiotherapeut muss stimmen
Das Wesentliche aber passiert nicht auf dem Platz, sondern in der Kabine.
"Vor dem Spiel sind dann meistens die Spieler dran, die vielleicht ein bisschen angeschlagen sind, da werden dann zum Beispiel die Sprunggelenke getapt, ja, Muskulatur schon mal so'n bisschen gelockert, in der Halbzeit gehe ich immer mit in die Kabine, um einfach zu horchen, hat irgendjemand Probleme, aber das war heute zum Glück nicht der Fall."
"Vor dem Spiel sind dann meistens die Spieler dran, die vielleicht ein bisschen angeschlagen sind, da werden dann zum Beispiel die Sprunggelenke getapt, ja, Muskulatur schon mal so'n bisschen gelockert, in der Halbzeit gehe ich immer mit in die Kabine, um einfach zu horchen, hat irgendjemand Probleme, aber das war heute zum Glück nicht der Fall."
Lockerer Job diesmal und doch auch verantwortungsvoll, weil Physiotherapeuten nämlich auch dafür zuständig sind, wer überhaupt aufgestellt wird.
"Ja, wenn jemand Probleme hat, dann liegt das in meiner Aufgabe zu sagen, okay, der kann spielen oder der darf nicht spielen, 'ne, oder der kann es probieren, gucken, wie es ihm geht, das entscheide ich mit. Auf jeden Fall. Die Kommunikation zwischen Physio und Trainer die muss immer gut sein."
Alter Streitpunkt zwischen Pep Guardiola und der medizinischen Abteilung bei Bayern München. Erst sorgte Guardiola, der mittlerweile Manchester City coacht, dafür, dass Doktor Müller-Wohlfahrt geschasst wurde, dann machte Matthias Sammer dem Phyiotherapeuten Fredi Binder klar, dass man auch mit ihm nicht mehr plane.
Immerhin war der Mann 36 Jahre im Verein. Grund für die Missstimmungen: Guardiola dauerten die Heilungsprozesse einfach zu lange. Er war da von Spanien etwas anderes gewohnt. "Wenn der Arzt sagt, der Spieler ist in acht Wochen fit, will ich ihn in sieben Wochen haben", erklärte er trotzig und soll in der Kabine regelrecht ausgerastet sein. Mit der neuen medizinischen Abteilung gab es genau so viele Verletzte wie zuvor, und Fredi Binder machte sich als Privat-Physio für Bastian Schweinsteiger nach Manchester auf - was aber auch kaum jemand mitbekam.
Der einzige Berufskollege, der wirklich Kultstatus errang, war der langjährige HSV-Masseur Hermann Rieger. Er wurde zum Hamburger des Jahres ernannt. Es gab sogar Fangesänge für ihn.
"Ja, doch einmal in Kleve, jetzt bei unserem Relegationsspiel, tatsächlich haben die applaudiert, als ich auf den Platz gelaufen bin, einmal. Hehe. Aber sonst ist man, nöö, ist man im Hintergrund."
"Jeder Spitzensportler will ja so schnell wie möglich wieder auf dem Platz stehen"
"Wir sind die Arbeiter im Hintergrund, und wir sorgen halt dafür, dass die Sportler ihre Waden fit bekommen."
Markus Schreiber, Physiotherapeut in einer Klinik im westfälischen Herne. Er spielt sich mit der so genannten Signaltherapie in den Vordergrund.
"Jeder Spitzensportler will ja so schnell wie möglich wieder auf dem Platz stehen. Haben wir so ein gewisses Verfahren entwickelt, wo wir sagen, diese Signaltherapie, wir haben spezielle Massageformen, wir haben das ionisierte Wasser, und das immer zum richtigen Zeitpunkt eingesetzt, haben wir den bestmöglichen Erfolg. Also wir können heute sagen: Jeder Faserrriss, der drei Mal am Tag bei uns behandelt wird, ist nach zehn Tagen komplett wiederhergestellt, zu hundert Prozent. Jeder."
Klare Ansage. Pep Guardiola könnte seine helle Freude haben.
"Dann haben wir als Einzigster bisher auf der Welt ein Wasser entwickelt mit Forschern aus Serbien, Kroatien, die auf eine Technik von Nicola Tesla beruht, wir haben im Prinzip das erste energetische ionisierte Wasser, das fügen wir halt bei dieser Therapie noch bei."
In der Regel wird das zu behandelnde Körperteil innerhalb einer Luftspule gelagert. Diese Spule wird von einem pulsierenden Gleichstrom durchflossen, der so ein pulsierendes Magnetfeld schafft. Dieses Magnetfeld wiederum sorgt dafür, dass die roten Blutkörperchen vermehrt Sauerstoff an jede einzelne Zelle abgeben.
"Wir wollten erst datt Haarwachstum, datt ist ja ne ganz andere Schiene, so, dann haben wir diese Sachen festgestellt bei Muskelfaserrissen oder bei Blutergüssen, die sensationelle Erfolge haben, weil wir auch gleichzeitig, wir können Parkinson wieder zum Stillstand bekommen. Wir können das Fatik-Syndrom, bei vielen Patienten, bei MS-kranken komplett ausschalten, die Leute schlafen wieder, also das ist so eine sensationelle Sache, dieses Magnetfeld, da werden wir in Zukunft noch viel von haben. Es geht im Prinzip immer durch eine Mehrdurchblutung. Was wir erreichen wollen, ist eine Zunahme der Mikrozirkulation in den kleinsten Kapillaren. So."
Markus Schreiber, ein Geradeaus-Typ, klappt sein Notebook auf und fährt eine Animation hoch, bei der die Durchblutung von Gefäßen angezeigt wird, nach dem Prinzip: vorher, nachher.
"Wenn irgendetwas nicht in Ordnung ist, sieht man, wie schlecht das Blut hier fließt. Ja, sehen Sie das, hier so schlecht? So, jetzt machen wir datt nochmal, nach acht Minuten läuft datt so. Nach der Signaltherapie. So soll es auch laufen."
Und da ist ja nur so tröpfelweise.
"Genau. Da ist alles wirklich datt geht schleppend da durch, ist einfach nur schlecht durchblutet. So und dann machen wir halt diese Acht-Minuten-Therapie, und dann sieht`s so aus. Das Besondere ist noch, wir können mit dieser Technik die Kraft steigern. Um 20 bis 30 Prozent. Für acht Stunden."
Markus Schreiber war bei Schalke 04 Physiotherapeut, zu Zeiten, als der Verein zwei Mal knapp an der Meisterschaft vorbeischrammte. Heute ist er Diener vieler Herren.
"Ich betreue Spitzensportler aller Sportarten. Nicht nur Fußballspieler, jetzt am Wochenende war der Dennis Lynch, ein irischer Springreiter, den ich seit Jahren betreue, den haben wir halt vor Ort betreut."
Der Therapeut schwingt auch mal den Wischmop
Dabei ist es interessant zu erfahren, dass nicht nur die Reiter, sondern auch die Pferde eigene Physiotherapeuten haben, von denen sie durchgewalkt werden. Warum auch nicht, schließlich haben die ja auch die Hauptlast zu tragen.
"'Ne schöne Anekdote noch, hat nichts direkt mit Physiotherapie zu tun, ich hatte, das war in Florida 2008, mit Axel Schulz, dann fliegt man erst mal da runter, man lernt sich kennen, man guckt, ob man passt zusammen, und wenn man schon mal in Florida war, weiß, datt Wetter ist da sehr sehr schwül, sehr hohe Luftfeuchtigkeit, und der Axel hat ständig sein Sparring gemacht und ist ausgerutscht, ausgerutscht deshalb, weil vor ganzem Schweiß der Boden nass war. So, dann geht man als Physiotherapeut, holt e'n Wischer, macht datt sauber, datt gehört genauso zu 'ner Arbeit wie datt massieren oder andere Sachen. Man muss e'n Blick haben für das Gesamte. Ne, das immer ganz entscheidend, auch Verletzungen dann zu vermeiden in dem Fall."
Wenn Markus Schreiber nicht unterwegs ist, kommen die angeschlagenen Sportler in die Klinik, aber in der Regel nicht durch den Vordereingang.
"Wenn sie jetzt ne Erkrankung haben, gehen sie damit auch nicht spazieren und sagen: "Ich hab das und das." Und jeder Sportler, der ja erkannt wird, der kommt lieber durch die Tiefgarage, wird hier behandelt und keiner erfährt, dass er vielleicht ein ernsthaftes Problem hat. Datt war letztes Jahr so, da war ein A-Sportler, also schon ein sehr bekannter Sportler, die haben gar keine Ruhe, sich therapieren zu lassen. Jeder der ihn sieht, 'Kann ich mal ein Autogramm haben, kann ich das haben', die wollen ganz in Ruhe behandelt werden, und so kann man einfach relaxt arbeiten auch."
Manchmal beschleicht die Fans der Verdacht, die Ernsthaftigkeit von Verletzungen soll in der Öffentlichkeit heruntergespielt oder verheimlicht werden. Da gibt es rätselhafte Krankheiten, bei denen man sich fragt, warum das so lange dauert, bis jemand wieder fit ist: Markus Reus mit seiner Schambeinverletzung ist so ein Beispiel. Oder was war wirklich mit Ilkay Gündogans Rücken, der ihn ein Jahr lang lahmlegte? Physios müssen auch schweigen können.
"Die Leute, die zu mir kommen, die werden vom ersten Tag an analysiert, man macht en Check-up vom ganzen Körper, so, und dann weiß man genau, wo ist was zu tun. Ich kenn den Körper eins zu eins, ich betreue die im Training auch, um genau zu sehen, wie sind die Bewegungsabläufe, dann kann ich sofort reagieren. Nicht erst warten, bis was passiert ist, sondern sofort im Ansatz erkennen, "hör mal, da läuft irgendwatt unrund", und da setze ich dann ganz gezielt halt die Therapien an."
In seiner Zeit bei Schalke 04 gab es sehr spezielle Waden, mit denen Schreiber zu tun hatte. Die einen hatte er ständig im Griff, mit anderen hatte er heftig zu kämpfen.
"Ich sag mal, die Waden von Jouri Mölder da träume ich heute noch von. Nicht zu vergessen sind natürlich die Waden von Gerald Asamoah, wo ich mir erst mal gedacht hab, da brech ich mir die Hände. So kräftige Muskulatur."
Wie lange darf ein Spieler krank sein?
Zurück zur Signaltherapie. Einige Kollegen sind skeptisch ob einer solchen Blitzheilung.
"Das ist jetzt nicht so mein Ding, ich glaub, dass wenn man ne Verletzung hat, dann muss man dem Spieler auch genug Zeit geben, da vernünftig rauszukommen, und wenn man das jetzt mit irgendwelchen anderen Therapien beschleunigen will, ich glaub, in der Physiotherapie kann man das Rad nicht neu erfinden, ne Verletzung dauert ne Zeit lang, bei dem einen länger, bei dem anderen nicht so lang, aber ist jetzt nicht so mein Bereich, dass ich da mit irgendwelchen Schallwellen dran gehe."
Lukas Lai, Physiotherapeut bei den Gießen 46ers. Die Mannschaft trainiert, und Lai schaut sich an, ob die Spieler auch schön rundlaufen. Die 46ers sind in der vergangenen Saison in die Bundesliga aufgestiegen und versuchen erst mal, die Klasse zu halten. Einer läuft nicht rund, Lukas Lai geht mit ihm unter einen der Körbe, um ein spezielles Wurftraining zu machen.
"Ist ein verletzter Spieler, der jetzt beim fünf gegen fünf nicht mitmachen kann, und mit dem mache ich Reha-Training. Der hat sich am Fuß verletzt, am linken Fuß und hat heute am ersten Tag schon dreiviertel vom Training mitgemacht, aber so das letzte Viertel nehmen wir ihn nochmal raus, und ich arbeite alleine mit ihm. Alles im Fokus auf den Fuß letztendlich. Damit's ein bisschen anspruchsvoller für den verletzten Fuß wird, damit da die Balance drauf trainiert wird, dass er die nächsten Tage wieder voll Kontakt gehen kann."
Bei der Rehabilitation geht es nicht nur um das Heilen, sondern auch ums Fordern. Der Spieler maulte ein wenig und brach das Training frühzeitig ab. Er hatte Angst, dass seinem Fuß zu viel zugemutet wird.
"Wobei das im Moment auch relativ normal ist, weil ja viel trainiert wird, das bedeutet, derjenige, der nicht komplett rundläuft so, der gibt vielleicht nicht so viel Gas, wie er könnte. Also wenn er im Moment nicht rund läuft, das ist relativ normal."
Jede Sportart weist spezielle Verletzungen auf. Reiter haben es vermutlich durch das ständige Gehoppel am Rücken, die Pferde ebenso, Handballer logischerweise an den Armen, Dreispringer an Füßen und Knien und Basketballer an den Sprunggelenken.
"Sprunggelenke, Knie und Rücken, genau. Achillessehne ist jetzt nicht das Häufigste beim Basketball. Da gibt's jetzt mittlerweile auch Werte, sodass die meisten Verletzungen wirklich beim Fußball passieren, deutschlandweit gesehen, und Eishockey und Handball ist auch noch vor Basketball, aber das muss man immer in Relation sehen, was jetzt wirklich eine Verletzung ist, es ist jetzt nicht so, dass wir im Basketball die Leute eher schonen. Sondern da gibt's auch Verletzungen."
Nach dem Trainingsspiel hat Lukas Lai in der Ecke der Halle sein Notebook hochgefahren. Jeder der Spieler hat sich einen Pulsmesser geschnappt, und sogleich absolviert man ein Lauftraining. Währenddessen wird die Herzfrequenz über ein Signal auf eine Leinwand projiziert, in Form von Diagrammen.
"Sieht aus wie ein Busfahrplan, genau. Und dann rennen wir weiter. Die müssen jetzt warten, bis sie wieder auf dem blauen sind, und dann- ruft: Let`s go, Marco, man hört laufen."
"Was ist das, die 157 da oben links?"
"155 jetzt? Das ist die Herzfrequenz. Unten haben wir 176, also nach so nem Lauf sind die immer ganz oben, die Herzfrequenzen, und dann warten wir jetzt, bis sie unten in dem blauen Bereich sind."
Nach dem Training legt sich der erste Spieler auf die blaue, portable Liege, die im Eingangsbereich der Halle steht, darunter der obligatorische Massagekoffer. Muskel- und Knochenarbeit sind angesagt.
Die anderen Spieler relaxen auf den drei Zuschauerreihen und trinken Wasser.
"One two one two, Lukas ist der beste Physio, yeah."
Lai: "'Ne Rückenbehandlung, nach so nem harten Training, kann der Rücken da auch schon mal zumachen, und den wollen wir jetzt einfach lockern. Mobilisation."
"Hat der zugemacht?"
Spieler. "Ja, ja, kann man so sagen, ja."
Lai: "Anscheinend schon, ja."
Lai: "'Ne Rückenbehandlung, nach so nem harten Training, kann der Rücken da auch schon mal zumachen, und den wollen wir jetzt einfach lockern. Mobilisation."
"Hat der zugemacht?"
Spieler. "Ja, ja, kann man so sagen, ja."
Lai: "Anscheinend schon, ja."
Was heißt zugemacht?
Lai: "Wir haben auch Krafttraining gemacht heute Morgen, und da kann so`n Muskel sich auch mal zusammenziehen, verhärten sagt man auch dazu, und die wollen wir jetzt einfach wieder lockern. Tut`s weh?"
Spieler: "Fühlt sich großartig an."
Lai: "Im Ernst oder tut`s weh?"
Spieler ächzt: "Tut weh. Es geht, ist so`n bisschen Druck. Aber weh tun ist übertrieben. Ooh."
Es knackt.
Lai: "Ja, damit lösen wir quasi kleine Blockaden."
Spieler: "Fühlt sich großartig an."
Lai: "Im Ernst oder tut`s weh?"
Spieler ächzt: "Tut weh. Es geht, ist so`n bisschen Druck. Aber weh tun ist übertrieben. Ooh."
Es knackt.
Lai: "Ja, damit lösen wir quasi kleine Blockaden."
Der Patient stöhnt weiter vor sich hin, während Lai ihm mit dem Daumen zu Leibe rückt.
"Man nennt das Trigger-Punkt-Behandlung, das ist quasi der Muskel, der fest ist, der wird gedrückt hinten mit dem Daumen und wird dann so mehr durchblutet."
Der nächste schwingt sich auf die Bank. Er drückt einen Eisbeutel ans rechte Knie.
"Wieso hat er einen Eisbeutel?"
Lai: "Ja, also er hat Knieprobleme, man nennt das jumpers knee oder Patellaspitzensyndrom, kommt durchs häufige Springen, ist ne Überlastung der Patellasehne, der Oberschenkelmuskelsehne, und ja, da behandeln wir ihn jetzt. Hüfte hat auch ein bisschen zugemacht, hat er mir grad gesagt."
"Jetzt drücken Sie da rein?"
Lai: "Genau. Das ist ähnlich wie vorhin, und durch so`n Druck können wir ne Mehrdurchblutung hervorrufen, und durch Blut kriegen wir die Nährstoffe wieder an den Muskel oder an die Sehne, dass es danach weniger weh tut, beziehungsweise heilt."
"You have pain?"
"Yeah, just typical, just usual."
Dass Physiotherapeuten sich ganzheitlich den Körpern ihrer Schützlinge annehmen, ist heutzutage beinahe unerlässlich. Nur Massage geht gar nicht. Da spielen alle möglichen Faktoren eine Rolle. Nicht wenige Physios sind auch Heilpraktiker, viele beraten in Ernährungsfragen, zumal Sportler ja auch schon mal zu Nahrungsergänzung greifen.
"Wir müssen am Anfang der Saison auch immer unterschreiben, dass wir da dieser Antidopingbestimmung nachgehen, und dementsprechend müssen wir wirklich gucken, was die für Tabletten nehmen, weil's ja eben verbotene Substanzen gibt."
Eishockeyspieler haben andere Blessuren als Basketballer
Szenenwechsel: Wer ständig gegen die Bande geschubst wird, muss irgendwann behandelt werden.
"Weil die Rückenprobleme haben, und dann muss man immer mit Massagen nach dem Training noch arbeiten."
Die DEG trainiert im alten Eisstadion an der Düsseldorfer Brehmstraße. Zwei gegen zwei auf ein Tor. Claudia Hess und Freddy Hemelik stehen hinter der Bande und halten sich bereit.
"Die Probleme sind öfter bei uns, und wenn vor dem Training schon Spieler kommt und beschwert sich, wir schicken ihn zum Arzt wie heute einer, und dann müssen wir ihn gleich behandeln und abwarten, was da kommt, und da beschwert sich zum Beispiel der eine mit Nackenproblemen, dann versuchen wir es mal selber behandeln, einrenken und justieren."
Soeben kommt einer der Cracks an die Bande gefahren, damit Hemelik ihm den Hals wieder justieren kann. Das tut beim Hinschauen schon weh, wie er ihm den Kopf zurechtruckt.
Soeben kommt einer der Cracks an die Bande gefahren, damit Hemelik ihm den Hals wieder justieren kann. Das tut beim Hinschauen schon weh, wie er ihm den Kopf zurechtruckt.
Hemelik ist immer auch beim Training dabei, Claudia Hess nur einmal pro Woche. Sie behandelt die Verletzten in der eigenen Reha-Praxis. Eishockeyspieler haben wiederum mit anderen Blessuren zu tun als Basketballer.
Sie: "Beim Eishockey ist es mehr Schulterverletzungen, auch Knieverletzungen, aber weniger Sprunggelenke."
Er: "Gehirnerschütterungen, das ist so bei uns, Nackenprobleme und so, das ist schon Kontaktsport und so, wo richtige, heftige Zusammenpralle kommen und dann passiert was. Hauptsache Gehirnerschütterungen, und Nackenprobleme."
Sie: "Wenn man in die Bande gecheckt wird, dann passiert es hat schnell, dass die Schulter, Schultereckgelenksprengung passiert und das meistens operiert werden muss danach."
Hinzu kommen Hämatome ohne Ende. Eishockeysport ist rau, wir wissen es, aber dennoch sieht man Physios eher selten während des Spiels auf den Platz laufen, wie beim Fußball.
"Das stimmt nicht, wenn passiert was, sofort starten und auf dem Eis der Junge erst mal abchecken und dann entweder runtertragen oder mit andere Helfer und Sanitäter."
Autor: "Das wäre dann schon ne schwerere Verletzung."
"Genau. Genau, da sind zum Beispiel Gehirnerschütterungen oder andere so Knieprobleme, dann müssen wir bestimmte Spieler helfen und vom Eis tragen."
Autor: "Haben Sie auch Schlittschuhe an beim ... ?"
"Neinneinnein, ich hab nur klassische Turnschuhe und ab und zu schon passiert, dass ich auch selber weggerutscht."
Autor: "Das wäre dann schon ne schwerere Verletzung."
"Genau. Genau, da sind zum Beispiel Gehirnerschütterungen oder andere so Knieprobleme, dann müssen wir bestimmte Spieler helfen und vom Eis tragen."
Autor: "Haben Sie auch Schlittschuhe an beim ... ?"
"Neinneinnein, ich hab nur klassische Turnschuhe und ab und zu schon passiert, dass ich auch selber weggerutscht."
Weggerutscht und hingeschlagen, aber definitiv haben die beiden in den Drittelpausen im wahrsten Sinne des Wortes alle Hände voll zu tun. Doch damit allein ist es nicht getan.
"Ja, da arbeiten wir Hauptsache mit Eis und mit Tabletten auch, und dann müssen wir die Jungs wieder fit halten und vorbereiten für die zweite oder dritte Drittel und dass die ganze Spiel absolvieren."
Nach dem Training stakst der Coach Christof Kreutzer hinüber zu den Kabinen, über Gummimatten mit einem Schläger in der Hand. Er muss sich bei den Physios noch schlau machen, ob der eine Halsjustierte so weit wieder fit ist fürs kommende Spiel.
"Die sind schon so erfahren, dass sie natürlich schnell selber die Entscheidung treffen können. Wir haben da ne sehr hohe Vertrauensbasis, und es wär auch nix, wenn ich en verletzten Spieler einsetzte, wo die Verletzung hinterher noch schlimmer wird, und das spricht man schon sehr gut ab. Man muss ja vernünftig bleiben, man kann da den Spieler auch nicht unter Druck setzen oder mit ner Verletzung einsetzen, das ist kontraproduktiv."
Mit Pep Guardiola jedenfalls wäre das nicht so einvernehmlich. Der besagte Streit mit der medizinischen Abteilung soll dermaßen eskaliert sein, dass Franck Ribéry dazwischengehen musste. Auch er selbst war schon einmal betroffen, als Guardiola ihn nach einer Sprunggelenkverletzung zu früh wieder eingesetzt hatte. Die Folge: ein Muskelbündelriss. Also: Immer auf die Physios hören, auch wenn sie keiner kennt.