Welternährung

Asien wird satt

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Den Erfolg gegen den Hunger verdankt Asien vor allem seinen neuen Reissorten. © picture alliance / dpa / Alexandra Schuler
Von Udo Pollmer |
Gute Nachrichten: Anfang Juni wurden von der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen FAO die Leistungen Chinas im Kampf gegen den Hunger ausgezeichnet. Unser Lebensmittelchemiker Udo Pollmer berichtet über den Stand der Welternährung.
Vor kurzem ist der Welternährungsbericht erschienen. Demnach sinkt die Zahl der unterernährten Menschen. Heute hungern gut 200 Millionen weniger als noch vor zwei Jahrzehnten - trotz einer stetig wachsenden Weltbevölkerung. Als Motor bei der Bekämpfung des Hungers gilt China. Noch vor ein paar Jahren lebten zwei Drittel der Unterernährten dieser Welt im Reich der Mitte. Vor wenigen Tagen wurde das Land ob seiner Leistungen im Kampf gegen den Hunger von der Welternährungsorganisation FAO ausgezeichnet.
Die chinesische Regierung betrachtet die Landwirtschaft als Basis der "ökonomischen und sozialen Entwicklung". Für uns Deutsche, die wir seit über einem halben Jahrhundert klaglos satt werden, mag das etwas befremdlich klingen, aber wir sollten nie vergessen: Ohne ausreichend Nahrung gibt es keinen sozialen Frieden. Für China ist die Lage prekär, denn mit 20 Prozent der Weltbevölkerung verfügt das Land aber nur über zehn Prozent der globalen landwirtschaftlichen Nutzfläche, der größte Teil des Landes ist für Landwirtschaft ungeeignet.
Zahlreiche Superreissorten
Den Erfolg gegen den Hunger verdankt Asien vor allem seinen neuen Reissorten. Den Grundstein dafür legte die Mutationszüchtung in China und Indien. Dabei wird der Reis in einem Atomkraftwerk direkt der Strahlung des Reaktors ausgesetzt. Diese würfelt das Erbgut so stark durcheinander, dass künstliche Gene entstehen. Damit sind durchgreifende Veränderungen am Genom möglich, die der Gentechnik bisher versagt geblieben sind. Auf diesem Wege gelang es, zahlreiche Superreissorten zu züchten, die heute durch Schwerionen-Beschuss weiter verbessert werden.
Der gigantische Bedarf an Nahrung von bald anderthalb Milliarden Chinesen und gut einer Milliarde Inder kann bei einer Missernte den Weltmarkt jederzeit in Aufruhr versetzen und die Getreidepreise in ungeahnte Höhen treiben. Der Mangel trifft Menschen mit geringer Kaufkraft besonders hart. Die Folge sind Unruhen und Hungerrevolten. Auch Hilfsorganisationen können nur Nahrungsmittel verteilen, die vorher produziert wurden - also die Überschüsse. Unter diesem Aspekt könnten Deng Xiaopings Worte "Ohne Landwirtschaft gibt es keine Stabilität, ohne Getreide gibt es Chaos" auch als subtile Drohung verstanden werden.
Nach Angaben der Evangelischen Kirche leben die meisten Hungernden in kleinbäuerlichen Familien auf dem Land. Die geringen Ernten verursachen die Landflucht. Dadurch entstehen gigantische städtische Agglomerate mit 20 und mehr Millionen Einwohnern - zumeist planlos wachsend: Delhi, Mumbai, Mexico City, Lagos, Jakarta oder Karachi. Derartige Konglomerate gerade mithilfe von Kleinbauern des entvölkerten Umlandes versorgen zu wollen, ist pure Illusion. Dies erfordert effiziente, das heißt moderne Produktionsmethoden.
Globale Seuchengefahr
Die schnelle Verstädterung gilt übrigens als eine Voraussetzung für die großen Seuchenzüge bis zum Beginn des letzten Jahrhunderts. Ähnliche Zustände wie damals herrschen heute wieder in den Megacities. Zu den unbeschreiblichen hygienischen Zuständen kommen nun die Multi-Resistenzen. In den Slums fehlen Kanalisation und zentrale Trinkwasserversorgung, dafür sind modernste Reserveantibiotika für jedermann überall zu haben. So wächst die globale Seuchengefahr, diese geht wiederum mit Hunger und Armut Hand in Hand.
Nach Angaben der FAO werden gegenwärtig 1,5 Milliarden Hektar beackert, weitere 3,4 Milliarden Hektar sind durch Beweidung mit Vieh nutzbar. Die bisher ungenutzten Reserven an Land mit ausreichenden Niederschlägen werden auf eine Milliarde Hektar geschätzt. Doch diese Flächen stehen unter Naturschutz oder sind bewaldet. Um den wachsenden Nahrungsbedarf zu decken, sind steigende Erträge mit hoher Ertragssicherheit notwendig. Derweil wird in der EU bestes Ackerland unter dem Vorwand, die Natur schützen zu wollen, extensiv bewirtschaftet. Wer aber soziale Stabilität und zugleich Naturschutz will, wird an einer hocheffektiven Landwirtschaft zur Erzeugung von ausreichend Nahrung für eine wachsende Zahl von Bürgern nicht vorbeikommen. Mahlzeit!
Literatur:
Radio China International: China erhält FAO-Preis: "Besondere Leistungen im Kampf gegen Hunger". CRI-Online 8. Juni 2015
FAO: The State of Food Insecurity in the World. Rom 2015
Stein M: Welternährung: mehr als nur eine Schale Reis. EU.L.E.nspiegel 1997; H.7: 7-14
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2013
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