Weltklasseleistung statt Karriereende

Mit 52 Jahren zur Europameisterschaft

Von Jutta Heeß |
Merlene Ottey war 52 Jahre alt als sie bei der Europameisterschaft die 4x100 Meter-Staffel lief. Auffällig viele Sportlerinnen und Sportler, die eigentlich schon im Ruhestand sein könnten, machen Schlagzeilen. Haben sie in einem Jungbrunnen gebadet?
"Wenn alle Leute 120 Jahre demnächst werden, ist man mit 45 oder 50 nicht alt."
"Ich will noch fünf Jahre oder sogar noch zehn Jahre springen."
"We congratulate 20 times Grand Slam Champion: Roger Federer."
"Ich befinde mich quasi im Spätherbst meiner Karriere, wobei ich sage, auch der Spätherbst kann immer noch goldene Momente oder sehr schöne Tage vorhalten."
Vier Sportler, vier außergewöhnliche Karrieren: Claudia Pechstein, Eisschnellläuferin, 46 Jahre. Noriaki Kasai, Skispringer, 46. Roger Federer, Tennisspieler, 36. Andreas Raelert, Triathlet, 41.
Diese Sportlerinnen und Sportler haben alle etwas gemeinsam: Sie sind unglaublich lange in Höchstform. Man kann die Liste der Athleten, die in reiferem Alter mit der Weltspitze mithalten noch ergänzen: Timo Boll, Tischtennisspieler, 37 Jahre. Dirk Nowitzki, Basketballer, 40. Andrea Eskau, Handbikesportlerin, 47. Bernhard Langer, Golfspieler, 60. Ole Einar Bjoerndalen, Biathlet, 44. Gianluigi Buffon, Torwart, 40.
"....Buffon, Buffon!! "
Der Torhüter der italienischen Nationalmannschaft, Gianluigi Buffon, während des WM-Qualifikationspiel gegen Schweden 13.11.17  im San Siro Stadion in Mailand.
Der Torhüter der italienischen Nationalmannschaft, Gianluigi Buffon, während des WM-Qualifikationspiel gegen Schweden 13.11.17 im San Siro Stadion in Mailand.© AFP PHOTO / Marco BERTORELLO

Diese Sportler könnten im Ruhestand sein

Was ist da los? Zurzeit machen auffällig viele Sportlerinnen und Sportler Schlagzeilen, die eigentlich schon im Ruhestand sein könnten. Haben sie in einem Jungbrunnen gebadet? Plötzlich mischen viele Athleten jenseits der 35 noch bei Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften vorne mit, spielen ganz großes Tennis oder Tischtennis, wollen den Iron Man gewinnen. Sind die alle gedopt? Außergewöhnliche Leistungen – egal in welcher Sportart und in welchem Alter – nähren immer den Verdacht, dass mit verbotenen Mitteln nachgeholfen wurde. Doch die genannten Sportlerinnen und Sportler sind nie mit entsprechenden Vorwürfen konfrontiert worden.
Claudia Pechstein wurden 2009 zwar verdächtige Blutwerte nachgewiesen. Wie sich später herausstellte stammen sie von einer ererbten Blutanomalie. Doping ist also offenbar nicht die Erklärung für Höchstleistungen im höheren Alter. Doch welche gibt es dann? Und sind Ü35-Weltklasseathleten nach wie vor Ausnahmen oder der Beginn eines Trends?
"Man findet immer mehr ältere Sportler, oder Sportler im etwas höheren Alter, die noch im sehr guten Leistungsbereich sind. Ob sie Maximalleistung für ihren Bereich bringen, ist noch mal eine andere Frage, aber die tatsächlich noch kompetitiv weltklasse sind."
Prof. Wilhelm Bloch, Leiter des Instituts für Kreislaufforschung und Sportmedizin an der Deutschen Sporthochschule in Köln
Prof. Wilhelm Bloch, Leiter des Instituts für Kreislaufforschung und Sportmedizin an der Deutschen Sporthochschule in Köln.© Deutschlandradio - Jessica Sturmberg
Wilhelm Bloch ist Sportmediziner an der Deutschen Sporthochschule in Köln. Er beobachtet, dass immer mehr Athletinnen und Athleten über lange Zeit auf hohem Niveau ganz vorne dabei sind - auch wenn ab dem 35. Lebensjahr die maximale Sauerstoffaufnahme und damit die Leistungsfähigkeit generell nachlässt. Zudem beeinträchtigen die Alterungsprozesse des Körpers die sportliche Fitness.
"Im Endeffekt, wir gucken uns selber an, gucken uns im Spiegel an, wie wir mit 20 aussehen, wie wir mit 35 aussehen, und wir werden sehen, wir haben ja ein paar Falten mehr, oder? Im Körper entstehen auch die Falten, das heißt, das Gewebe baut sich an allen Stellen um. D.h. das Bindegewebe wird ein bisschen anders, die Zellen in sich, in ihrer Struktur werden ein bisschen anders, vielleicht sind nicht mehr alle Strukturen ganz optimal in der maximalen Form wie sie sein sollten, Moleküle altern auch in einem gewissen Maß, es kann wohl ausgetauscht werden, aber auch da nimmt die Austauschkapazität etwas ab und da läuft im Prinzip eine Alterungsuhr ab."
"Wenn ich bei mir persönlich zurückblicke, weiß ich natürlich, dass meine sportliche Karriere im Profibereich endlich ist. Das ist vielleicht auch vorab eine wichtige Einstellung, dass man weiß, man hat nur diese bestimmte Zeit, die möchte man nutzen. Das treibt mich natürlich an."
Der Triathlet Andreas Raelert wird im August 42 Jahre alt. 2000 und 2004 nahm er an den Olympischen Spielen teil, 2012 war er Europameister, und beim Iron Man auf Hawaii wurde er drei Mal Zweiter. Auch 2012:
"Wenn man den Rennverlauf heute betrachtet, bin ich überglücklich mit dem zweiten Platz. Ich habe den ersten Platz nicht verloren, sondern den zweiten Platz mir hart erkämpft."

Ausdauer- oder technische Sportarten sind gut für "Ältere"

Auch in diesem Jahr, im Oktober, wird Andreas Raelert in Hawaii wieder an den Start gehen. In seiner Sportart, einer Extrem-Ausdauersportart, muss ein etwas höheres Alter nicht unbedingt ein Nachteil sein.
"Es gibt schon Disziplinen, bei denen das Alter weniger Einfluss hat und bei anderen mehr Einfluss hat. Wir unterscheiden da bestimmte Fähigkeiten, ob das Ausdauerfähigkeit ist, ob das Kraft ist, ob das die Muskelleistung als solche ist oder die Geschwindigkeit. Bei Sportarten, wo die Geschwindigkeit eine sehr große Rolle spielt, ist es schwieriger auch jenseits der 30, 35 noch eine hohe Leistung zu bringen. Bei Ausdauersport, da ist es oft auch so, dass man sogar ein gewisses Alter braucht, um auf ein maximales Level zu kommen, das heißt, da ist mit 30 bis 35 dann erst das Maximum erreicht."
Tatsächlich sind die meisten Sportlerinnen und Sportler, die auch mit über 35 Jahren noch erfolgreich sind, in Ausdauer- und technischen Sportarten zu finden. Eine herausragende Ausnahme gab es jedoch: Die Sprinterin Merlene Ottey gewann bei den Olympischen Spielen in Sydney im Jahr 2000 im Alter von 40 Jahren die Bronzemedaille und ist damit die älteste Medaillengewinnerin bei olympischen Laufwettbewerben. Und selbst nach ihren siebten - allerdings medaillenlosen - Spielen in Athen 2004, war sie noch lange nicht fertig mit dem Sport:
"Four years is a long time, but next year I will be back on the track. "
Merlene Ottey lief noch weitere acht Jahre. 2012 startete sie für die 4x100 Meter-Staffel ihres neuen Heimatlandes Slowenien bei den Europameisterschaften. Im Alter von 52 Jahren.
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Die Kanutin Birgit Fischer© dpa / picture alliance / Karlheinz Schindler
"Birgit Fischer, die letzten Schläge, die Ungarn, sie schauen nach rechts, beide fahren sie, das ist Gold für die deutsche Mannschaft, das achte Gold für Birgit Fischer."
Eine Athletin der Superlative ist auch die Kanutin Birgit Fischer: Mit acht Gold- und vier Silbermedaillen ist sie die erfolgreichste deutsche Olympiateilnehmerin und die zweiterfolgreichste Olympionikin überhaupt. Lediglich die russische Turnerin Larissa Latynina hat in den 50er und 60er Jahren mehr Medaillen gesammelt. Imposant ist bei Birgit Fischer nicht nur die Medaillen-Ausbeute, sondern auch der zeitliche Rahmen: Ihre erste olympische Medaille gewann sie 1980 im Alter von 18 Jahren. Ihre letzte im Jahr 2004, da war sie 42. Es waren jeweils Goldmedaillen. Birgit Fischer ist heute 56 Jahre alt, sie ist ihrem Lieblingssport erhalten geblieben und betreibt eine Paddel- und Fitnessschule in Brandenburg in der Nähe von Berlin und erklärt auf ihrer Terrasse, wie man über einen Zeitraum von Jahrzehnten so erfolgreich sein kann.
"Auf jeden Fall wird jeder trainingsältere Sportler sagen, dass er anders trainiert als seine jüngeren Kollegen, weil es geht eben gar nicht, dass man weiter fünf, sechs Stunden am Tag trainiert, die Erholung muss einfach einen größeren Raum einnehmen, der Körper ruft danach, er merkt das eigentlich selber, und man soll und muss diesen inneren Rufen auch folgen, sonst wird man schnell übertrainiert sein, oder kaputt gehen."
Auch Triathlet Andreas Raelert beschreibt, wie sich die Vorbereitung auf Wettkämpfe im Laufe der Jahre verändert hat:
"Ich weiß, dass ich von einer reinen Belastung her, was das tagtägliche Training angeht, was die Spitzenumfänge angeht, was die hohe Intensität angeht, nicht mehr so belastungsfähig bin wie vor einigen Jahren. Das heißt, da muss ich wirklich in mich gehen, da fordert der Körper natürlich deutlich mehr Ruhe. Hinzu kommt natürlich auch, dass man das Umfeld ein bisschen ein Stück weiter optimieren muss, jedes Jahr aufs Neue. Der Körper braucht viel mehr Pflege als die Jahre zuvor. Das heißt Massage, Physiotherapie und so weiter, alles Maßnahmen, die sind wirklich entscheidend."

Ältere Sportler brauchen häufiger Pausen

Der Sportmediziner Wilhelm Bloch bestätigt, dass Athletinnen und Athleten, die im reiferen Alter noch Höchstleistung erbringen wollen, sich noch mehr um ihren Körper kümmern müssen.
"Ein Sportler mit 35, 40 wird einfach mehr Pausen brauchen als ein Sportler, der im Prinzip 25, 20 ist. Diese Regenerationsfähigkeit des Körpers nimmt schon etwas ab. Darauf muss man auch achten. Ich würde jedem Sportler, der etwas älter ist empfehlen, ein anderes Belastungs-Regenerations-Management zu machen. Und einfach mit den Pausenzeiten mehr zu spielen. Dem Körper Zeit zu lassen, auch wieder die Regeneration voranzutreiben."
Belastungs-Regenerations-Management – schon das Wort verrät, wie viel Mühe und Organisation es erfordert, eine lange und erfolgreiche Karriere hinzulegen. Es ist nicht nur eine Frage der Veranlagung und womöglich des Glücks, keine schweren Verletzungen zu erleiden, sondern wirklich eine Frage des Managements – und das nicht nur in medizinischer, sondern auch in mentaler Hinsicht, wie Jens Kleinert, Sportpsychologe an der Kölner Sporthochschule erklärt:
"Das ist natürlich genau das, was eine Persönlichkeit auch ausmacht, dass sie auch eine hohe Intelligenz im Umgang mit Belastungen hat. Das sieht man auch bei älteren Fußballspielern, dass sie sich vielmehr auch um den eigenen Körper kümmern, um Ernährung kümmern und all diese Sachen, Regeneration wird super wichtig. Also je älter ich werde, umso mehr muss ich auf Regeneration achten, und das ist sowohl körperlich gemeint als auch psychisch gemeint. Das heißt also genügend Ablenkung zu haben, den Tank mal aufzufüllen außerhalb des Sports, mal ein paar Wochen oder vielleicht sogar ganz wenige Monate mal auszusteigen, Dinge zu machen, die eine Ablenkung, Abwechslung sind. Also diese Regenerationsintelligenz, die müssen ältere Athleten auf jeden Fall haben."
"I am so happy, it’s unbelievable. An absolute dream come true, the fairy tale continues."
Der Schweizer Tennisprofi Roger Federer winkt nach verlorenem ATP-Halbfinalspiel in London in die Menge.
Roger Federer© AFP /Glyn Kirk
Da hatte Roger Federer gerade sein 20. Grand Slam-Turnier, die Australian Open 2018, gewonnen. Der Schweizer Tennisspieler ist ein Paradebeispiel für eine intelligente Karriereplanung. Federer wird im August 37, seit 1998 ist er Profi, 2004 war er zum ersten Mal Weltranglistenerster. Momentan ist er der älteste Spieler, der je auf Platz 1 der Weltrangliste stand. Gerade will er das Turnier in Wimbledon zum neunten Mal gewinnen. Die Erfolge sind natürlich das Ergebnis seines ungeheueren Talents, aber auch eines smarten Managements. Zum Beispiel verzichtet Federer mittlerweile auf die Teilnahme an Turnieren, unter anderen auf die French Open. Damit verzichtet er auch auf Weltranglistenpunkte, die andere ergattern können. Was wie kühne Arroganz wirken könnte, ist in Wahrheit klug und notwendig.
"Ein Athlet, der wirklich lange dabei bleiben will, der muss an der Aufgabe wachsen, er muss sich wirklich entwickeln, er muss seine Persönlichkeit entwickeln. Das kann man auch ganz schön sehen an denen, die wirklich so lange durchgehalten haben, ob das jetzt ein Federer ist oder letztendlich Claudia Pechstein oder andere Leute, die wirklich lange dabei sind, dass das schon wirkliche Persönlichkeiten sind, nicht in die gleiche Richtung, aber alle zeichnet aus, dass sie was sehr Besonderes und Stabiles an sich haben. Und das entwickelt man eigentlich in der Auseinandersetzung mit diesen ständigen Belastungen, dadurch wächst man ja auch, man wird ja auch stärker, und wenn man das dann schafft, davon stärker zu werden und diese Persönlichkeit ausarbeitet, dann hat man natürlich auch Ressourcen, bei Problemen zu reagieren."

Cristiano Ronaldo hat sogar einen Schlafcoach

Der moderne Leistungssportler ist auch das Ergebnis der professionellen Betreuungsökonomie, die um ihn herum stattfindet: Sportmediziner, Physiotherapeut, Mentaltrainer, Ernährungsberater. Der Fußballer Cristiano Ronaldo hat sogar einen Schlafcoach angestellt. Kein Wunder, dass in einer Gesellschaft, in der wir alle rund um die Uhr erreichbar und leistungsfähig sein UND dabei noch gut aussehen sollten, auch Athletinnen und Athleten ihre Sportart immer länger auf hohem Niveau ausüben können - und müssen.
"Ich gehe davon aus in fünf, sechs, sieben, acht Jahren wird es so sein, dass wir fast den gläsernen Athleten haben und da wird so ziemlich alles überwacht werden, da wird man das auch viel mehr steuern. Ich bin mir ganz sicher, dass die Tatsache, dass ältere Athleten Topleistungen bringen, immer mehr dazugehört. Ich weiß nicht, ob das jetzt das Gros der Athleten betrifft, aber es wird keine Ausnahme mehr sein, sondern es wird immer mal wieder sein, weil die Fähigkeit, sich zu regenerieren und im hohen Alter noch Leistung zu bringen, die wird medizinisch bedingt, aber eben auch psychosozial bedingt immer besser werden. Das heißt, der Athlet hat immer bessere Ressourcen, Unterstützung, kann sie selbst besser einschätzen, insofern werden wir mit solchen Ausnahmefällen in Zukunft immer mehr zu tun haben, und die sind dann keine Ausnahmefälle mehr."
Ausnahmefälle bleiben aber offenbar Frauen, die im fortgeschrittenen Alter immer noch Erfolge feiern. Birgit Fischers Karriere ist auch in dieser Hinsicht mehr oder weniger einmalig:
"Ich stelle ja die These auf, dass ich ohne meine Kinder nie so erfolgreich gewesen wäre. In der Tat ist es ja auch so, dass Mütter mit Kindern ihr Zeitmanagement plötzlich auf den Prüfstand stellen und alles doch konzentrierter und schneller erledigen, um alles im Griff zu haben. Also mein erstes Kind ist 1986 geboren, relativ am Anfang meiner Karriere, und mein Sohn hat mir schon ein bisschen die Zeit vorgegeben und dann denkt man nicht nur über die Zeit, sondern auch über die Qualität des Trainings nach."
Birgit Fischer ist nach zwei Schwangerschaften jeweils wieder auf hohem Leistungsniveau in den Kanu-Sport eingestiegen. Körperlich hätten Schwangerschaften und Entbindungen sie nicht beeinträchtigt, erzählt sie. Ihre Fitness hat ihr das Mutter-Werden erleichtert.
"Insofern war das bei mir Kinderkriegen im Vorbeigehen, sag ich mal. Zwei Tage bevor Ole geboren ist, habe ich noch im Boot gesessen und bin gepaddelt, nicht schnell, nur so vor mich hin. Mit meiner Tochter bin ich auch lange Zeit aktiv gewesen."
Mütter unter Top-Sportlerinnen sind immer noch selten: Schwimmerin Dara Torres, fünfmalige Olympiateilnehmerin, gewann im Alter von 41 Jahren und zwei Jahre nach der Geburt ihrer Tochter drei Silbermedaillen bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking. Und auch Tennisspielerin Serena Williams ist nach der Geburt ihrer Tochter im Jahr 2017 wieder auf dem Weg zurück in die Weltspitze.

Kinder - kein Nachteil für Spitzensportlerinnen

"Die Kinder sind mit Sicherheit kein Nachteil. Und zwar ganz einfach deswegen, weil während der Schwangerschaft, die bei der Frau eher so Regenerationsprozesse nochmal angeschoben werden, es kann so wie ein wie eine Regenerationsphase, ein Jungbrunnen sein. Dabei werden ganz andere Hormone ausgeschüttet, das Kind muss auch wachsen, und diese Hormone und alles was da ausgeschüttet wird, die Veränderung, die haben natürlich auch einen Einfluss auf den Organismus der Mutter. Und wenn die Mutter in der Zeit das im Prinzip ganz gut ausbalanciert und dann auch noch mal eine Pause aus einem extrem harten Wettkampfgeschäft macht, dann kann sie im Prinzip auch in Form bleiben."
Es ist weniger die Natur, sondern es sind womöglich eher die Erwartungen an Frauen und die gesellschaftlichen Zwänge, die sich mit einer Mutterschaft ergeben, die Sportlerinnen nach der Geburt eines Kindes davon abhält, wieder voll einzusteigen. Da unterscheidet sich der Sport nicht von allen anderen Berufsfeldern.
Doch auch die längste und erfolgreichste Karriere neigt sich irgendwann unweigerlich dem Ende entgegen. Ob man will oder nicht – eines Tages heißt es loslassen!
"Jetzt bin ich ja mittlerweile 41 Jahre alt, ich hoffe, dass ich noch ein, vielleicht noch zwei Jahre auf dem Niveau den Sport ausüben kann. Mein Ziel ist es, diesen Traum, das Rennen auf Hawaii vielleicht nochmal zu gewinnen. Das treibt mich an. Und wenn ich das Gefühl habe, das ist unrealistisch oder mein Umfeld auch, das mich dabei unterstützt, dass es irgendwann sagt, okay, es ist nicht mehr möglich, dann werde ich mich entscheiden und sagen, okay, dann ist es mit dem Profi-Sport für mich dann auch vorbei."
"Servus, hier ist Ole Einar Bjoerndalen."
Der König des Biathlon dankt ab, nach einem Vierteljahrhundert in der Loipe und 22 Jahre nach seiner ersten Thronbesteigung lässt Ole Einar Bjoerndalen endlich los. Schluss, Ende, Aus – auch das fällt vielen Athletinnen und Athleten nicht leicht, was zahlreiche Comebacks von vielen Sportlern in fast allen Sportarten beweisen.

Michael Jordan, Basketballer, Karriereende mit 30, Comeback mit 32. George Forman, Boxer, Karriereende mit 28, Comeback mit 38. Martina Navratilova, Tennisspielerin, Karriereende mit 38, Comeback mit 43. Auch für Birgit Fischer war das Aufhören schwer. Sie unternahm sowohl 2008 als auch 2012 noch einmal den Versuch, sich für die Olympischen Spiele zu qualifizieren – vergeblich.

Triebfeder: Freude und Spaß am Sport

"Wer denn aber so lange Sport treibt, der hat auch Spaß daran, dem fällt auf jeden Fall das Aufhören schwer, weil ich kann mir nicht vorstellen, dass einer das 30, 40 Jahre macht und dann sagt: Ach, jetzt höre ich auf, jetzt habe ich keinen Bock mehr, keine Lust mehr, macht mir alles nüscht aus, kann ich mir nicht vorstellen. Also mir fehlt der Wettkampf sehr und da muss jeder für sich rausfinden, was ihm fehlen würde, wenn er mit dem Sport aufhört."
Schmerzhaft ist es immer, sich von einem Lebensinhalt zu verabschieden. Und manche Sportlerinnen und Sportler stehen nach dem Ende einer Karriere vor einer großen Leere, die erst einmal sinnvoll mit einem Beruf oder einer neuen Aufgabe gefüllt werden muss. Also einfach immer weitermachen? Wie die 92-jährige Johanna Quaas. Sie ist die älteste Wettkampfturnerin der Welt. Nach der Wende nahm die Hallenserin ab 1990 an allen Deutschen Turnfesten teil. Schon einige Male gingen Videos von ihren Turnübungen im Internet viral. Das Geheimnis ihres Erfolges?
"Jeden Tag bewegen, montags und freitags turn ich, dienstags und donnerstags gehe ich ins Fitnessstudio für Bauch, Beine, Po, freitags gehe ich anschließend schwimmen, Sonnabend und Sonntag dann zur Erholung."
Regenerationsintelligenz, würde das der Sportpsychologe nennen. Gutes Belastungs-Regenerations-Management der Sportmediziner. Was Profisportler mit viel Aufwand und mit Hilfe eines oftmals umfangreichen Betreuerstabs betreiben, macht Johanna Quaas ganz intuitiv und vor allem: mit Freude.
Freude und Spaß am Sport - womöglich ist genau das am Ende die Triebfeder für lange sportliche Aktivität auf hohem Niveau. Reifere aktive Athletinnen und Athleten sind sicher nicht nur das Ergebnis einer immer älter und fitter werdenden Gesellschaft sowie der Optimierungsindustrie des Sportbetriebs. Und doch werden genau diese Fortschritte in Sportmedizin und Sportpsychologie in Zukunft noch häufiger dafür sorgen, dass Sportlerinnen und Sportler lange Karrieren absolvieren können. Und, dass die Altbekannten uns zum Teil womöglich noch länger erhalten bleiben, wie zum Beispiel die 46-jährige Eisschnellläuferin Claudia Pechstein, die nach ihrer Olympia-Teilnahme in Südkorea dieses Jahr erklärte:
"Ja, gut, es tut mir schon seit zehn Jahren weh, von daher hätte ich das schon vor 10 Jahren lassen sollen, ich bin sehr, sehr stolz, dass ich in meinem sportlich hohen Alter den Weg bestreiten kann zu den 7. Spielen, aber dann sind vier Jahre später vielleicht auch schon kein Problem mehr. Mal gucken!"
Verrückt? Vielleicht. Aber letztendlich leben die reiferen Athletinnen und Athleten doch genau das, wovon wir alle träumen: nämlich die ewige Jugend!
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