Weltkunstausstellung in Kassel

Bundespräsident Steinmeier eröffnet documenta

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (r) und der griechische Präsident Prokopis Pavlopoulos in Kassel
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (r) und der griechische Präsident Prokopis Pavlopoulos am 10.06.2017 bei der Eröffnung der documenta 14 in Kassel (Hessen) an der Installation _Mill of Blood_ von Antonio Vega Macotela. © picture alliance/dpa/Foto: Swen Pförtner
Von Ludger Fittkau |
Mehr als 160 Künstlerinnen und Künstler zeigen in den kommenden 100 Tagen in Kassel ihre Werke. Im Beisein des griechischen Staatspräsidenten Prokopis Pavlopoulos hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die documenta eröffnet. Eindrücke von unserem Korrespondenten Ludger Fittkau.
Keine documenta ohne das "Café Nenninger" am Kasseler Friedrichsplatz. Das Café habe eine lange documenta-Tradition, sagte Ludger Fittkau im Deutschlandlandfunk Kultur. Dort treffen sich während der Kunstausstellung Künstler und Besucher.
An den Wänden hängen bis heute die Ankündigungs-Plakate der ersten Weltkunstmesse in der 50er-Jahren. So sind die Schriften auf dem Plakat der ersten Ausstellung 1955 neben Deutsch auch noch in drei weiteren Sprachen verfasst: Französisch, Englisch und Italienisch. Schon beim Plakat von 1968 war das Englisch aber vor das Französisch gerutscht und Italienisch war ganz verschwunden.
"So viel zu den Veränderungen der Bedeutungen von Sprachen in der internationalen Kunstszene binnen weniger Jahrzehnte", sagte Fittkau.
Café-Besitzerin ist Verena Nenninge, die die documenta-Plakate sammelt. In ihr Café-Gästebuch hat sich vor kurzem auch die argentinische Künstlerin Marta Minujín eingetragen. Seit Wochen ist sie dort Stammgast, weil man vom Café Nenniger aus einen hervorragenden Blick auf ihr gigantisches und spektakuläres Kunstwerk hat, das "Parthénon der verbotenen Bücher".
"Schon jetzt ist es wohl das Wahrzeichen der diesjährigen documenta. Kritiker sprechen auch von ´Monumenta` statt documenta, weil in diesem Jahr an mehreren Stellen riesige Skulpturen in die Stadt gestellt wurden", so Fittkau.

Eröffnung mit deutschen und griechischen Präsidenten

Am Fuße des "Parthenon der Bücher" trafen am Morgen Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sowie der griechische Präsident Prokopis Pavlopoulos ein, streng durch Absperrungen abgetrennt von den ersten documenta-Besuchern.
"Gemeinsam mit dem hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier eröffneten die beiden Staatsoberhäupter die Ausstellung in Kassel. Allein die hessische Landesregierung hat für die diesjährige documenta 14 die Rekordsumme von rund 13,8 Millionen Euro bereitgestellt."
Der griechische Staatspräsident war nach Kassel gekommen, weil ein erster Teil der diesjährigen Weltkunstmesse bereits im April in Athen eröffnet wurde. Unter dem Motto "Von Athen lernen" findet die Kunstaustellung in diesem Jahr nicht nur an ihrem Heimatstandort Kassel, sondern erstmalig auch in der griechischen Hauptstadt Athen statt. Das hatte in Kassel zunächst zur Befürchtung geführt, Athen könnte Kassel die Schau stehlen.

"Diese Ängste sind aber verflogen", sagte Fittkau. "Am Eröffnungswochenende sind die Hotels in Kassel und Umgebung ausgebucht. Bis zum 17. September werden mehr als 750.000 Besucherinnen und Besucher im 'Museum der 100 Tage' in Kassel erwartet."
 "Parthenon of Books" auf der documenta
Besucher betrachten am 10.06.2017 auf der documenta 14 in Kassel (Hessen) den "Parthenon of Books" der argentinischen Künstlerin Marta Minujin.© picture alliance/dpa/Foto: Boris Roessler

Ureinwohner Skandinaviens auf der documenta

Bei der Eröffnung am Sonnabend war auch Vibeke Larsen, die Präsidentin des samischen Parlaments, anwesend. Das saamische Parlament ist eine Vertretung der Saami – der Ureinwohner Skandinaviens, die auch heute noch Rentiere züchten.
"Der Konflikt zwischen Rentierzüchtern und großen Waldbesitzern ist eines der vielen lokalen politischen Themen der documenta 14, die die Unterdrückung von Minderheiten weltweit thematisiert. Oft sehr plakativ, mit einer klaren politischen Botschaft, aber Kunstkritikern fehlt bei manchen Objekten der künstlerische Anspruch – die politische Botschaft ist oft wichtiger als der ästhetischen Reiz vieler Objekte", sagte Fittkau.

Bouffier verteidigt explizit politischen Ansatz

Der hessische Regierungschef Volker Bouffier verteidigte bei der Eröffnung den explizit politischen Ansatz, den die documenta oft hat – nicht nur in diesem Jahr. Mit den Werken von mehr als 160 Künstlerinnen und Künstlern sei die documenta "ein Seismograph aktueller Entwicklungen". Es sei nicht ihr Ziel, "um jeden Preis zu gefallen. Die Ausstellung muss irritieren und gesellschaftliche Debatten auslösen".

Wie soll man sich der documenta 14 nähern? Der Künstlerische Leiter Adam Szymczyk schlägt einen Parcours für den Besuch der documenta 14 in Kassel vor. Dieser beginnt am ehemaligen unterirdischen Bahnhof (KulturBahnhof) mit der von der documenta 14 wiederentdeckten "Gläsernen Stadt" des Bode-Schülers Dieter von Andrian und erstreckt sich über die Nordstat und den Friedrichsplatz in Richtung Süden bis zu der Torwache, dem unvollendeten Tor zur Stadt.