Weltmarkterfolg durch Bruderkrieg
"Duelle", eine neue Dokumentationsreihe der ARD, untersucht Konflikte zweier Konkurrenten von zeitgeschichtlicher Bedeutung: Die Filme beleuchten unter anderem das spannungsgeladene Verhältnis zwischen der Queen und Prinzessin Diana oder den Bruderkrieg zwischen Adolf und Rudolf Dassler - den Gründern der Weltkonzerne Adidas und Puma.
Adidas oder Puma? In der fränkischen Stadt Herzogenaurach entscheidet diese Frage über Freundschaften:
Arbeiter Georg Hetzler: "Wenn man ins Gasthaus ging: Da setzte sich kein Pumeraner an den Tisch, wo die Adidas-Leute saßen. Oder umgekehrt. Also diese Leute hielten schon zu ihren Chefs. Entweder aus Angst oder aus Überzeugung, dass sie beim richtigen Mann sind."
Der Arbeiter Georg Hetzler fängt in der Firma an, als sie noch beiden Brüdern gemeinsam gehört. 1920 eröffnen Adolf und Rudolf Dassler ihre Werkstatt für Turnschuhe in Herzogenaurach. Schnell kristallisiert sich heraus, dass ihre Talente sich ergänzen. Adolf ist der handwerkliche Tüftler, sein Bruder Rudolf der Verkäufer:
Betti Billwatsch. "Er hat die große Goschen gehabt, ne. Er hat das Geschäft aufgebaut in dem Sinn: Er macht das Kaufmännische und der Adolf dann das Praktische."
Erinnert sich Betti Billwatsch, die Schwägerin von Rudolf Dassler. Gemeinsam machen die Brüder, die im Mai 1933 diensteifrig in die NSDAP eintreten, die Firma groß. Dabei profitieren sie von der Stimmung im Land: Für die Nazis ist der Sport ein Propaganda-Instrument - in Deutschland werden Turnschuhe gebraucht. Auch international verbuchen die beiden ihre ersten Erfolge. Jesse Owens geht 1936 bei der Olympiade in Berlin mit Nagelschuhen der Gebrüder Dassler an den Start und gewinnt vier Goldmedaillen.
In den folgenden Jahren kriselt es immer öfter zwischen den Brüdern: Rudolf fühlt sich benachteiligt, weil die Nazis ihn an die Front schicken, während Adolf zuhause bleiben und die Firma weiterführen kann. Aus den Dissonanzen entwickelt sich ein handfester Streit, als Rudolf nach Kriegsende wegen seiner nationalsozialistischen Vergangenheit für zwölf Monate interniert wird. Seinen Bruder Adolf, der so harmonisch mit den Nazis zusammengearbeitet hat, lassen die Amerikaner sofort wieder frei:
Enkel Jörg Dassler: "In dem Internierungslager hat ihm irgendein Amerikaner erzählt, dass er denunziert worden wäre von jemandem aus nächster Nähe. Und da war wirklich sein erster Gedanke, dass das sein Bruder sein könnte. Weil er die Firma jetzt wieder für sich in Anspruch nehmen wollte."
Erzählt Rudolf Dasslers Enkel Jörg. Nach der Haftentlassung kommt es zum Bruch. Die Brüder teilen das Unternehmen auf: In Adolf Dasslers Adidas und Puma - unter der Leitung von Rudolf Dassler. Fortan kämpfen sie mit allen Mitteln gegeneinander um die Vorherrschaft auf dem Weltmarkt.
Stephan Lamby: "Der Weltkonzern Adidas und der Weltkonzern Puma wären nicht möglich gewesen - das ist meine Behauptung - ohne diesen Bruderstreit. Genau wegen dieses Konfliktes haben die sich so ins Zeug gelegt. Sie wollten sich gegeneinander profilieren und haben sich gegenseitig das Schwarze unter den Fingernägeln nicht gegönnt. Das hat beiden Firmen unterm Strich gut getan."
Stephan Lamby, Autor, Produzent und Erfinder der neuen Dokumentationsreihe, sieht in dem Bruderzwist der Dasslers einen "Urkonflikt". Solche Konstellationen will er in den "Duellen" beleuchten. Dabei dient ihm die Privatgeschichte nur als Aufhänger:
"Die ist ja nur interessant vor dem Hintergrund, dass dieser Streit Geschichte geschrieben hat. Also es ist Sportgeschichte. Es ist letztlich das Duell immer wieder von Fußballmannschaften. Also WM 2006 Italien gleich Puma gegen Frankreich gleich Adidas. Es hat längst die Ebene des Bruderstreits verlassen. Es ist der Kampf von Marken, Weltmarken und Konzernen."
Minutiös verfolgt Stephan Lamby die Geldströme, die fließen, damit Spitzensportler in die richtigen Schuhe schlüpfen. Er zeigt, dass dieses Geschäft keine Erfindung der Gegenwart ist: Schon Sepp Herberger will 1954 dafür kassieren, dass seine Jungs bei der WM 1954 in Puma-Schuhen kicken. Aber der Deal kommt nicht zustande:
"Und da hat er sich den Falschen ausgesucht, weil Rudolf Dassler auf diesem Ohr überhaupt nicht hörte."
Erklärt Puma-Archivar Helmut Fischer. Fabrikarbeiter Georg Hetzler erinnert sich noch genau an Herbergers Besuch bei Rudolf Dassler:
"Am anderen Tag hat er uns zusammenkommen lassen, da hat er gesagt: Jetzt glaub ich hab ich einen Fehler gemacht, meine Lieben. Wir haben den Herberger abserviert. Ob das richtig war, weiß ich nicht, aber wir werden deswegen auch weiterkommen. Und dann ging der Sepp Herberger natürlich zum Adi Dassler."
Seither hält die Verbindung zwischen Adidas und DFB - fest geschweißt durch horrende Zahlungen des Sportartikelherstellers und erst in jüngster Zeit durch den Konkurrenten Nike ins Wanken gebracht.
Während der erste Teil der neuen Dokumentationsreihe "Diana gegen die Queen" - von Michael Wech - mit wenig Neuem aufwartete, gelingt Stephan Lamby mit "Adidas gegen Puma" ein hintergründiges Doppelportrait zweier Unternehmer. Spannend und detailliert erzählt sein Film deutsche Industriegeschichte: Von den 20er Jahren über die Nazizeit bis in die Gegenwart.
Die Programmplaner bei der ARD betrachten die ersten beiden Folgen als Testballons: Wenn die Quote stimmt, werden 2008 weitere "Duelle" gesendet. Vielleicht sollte Stephan Lamby bis dahin noch an der Aufmachung der Reihe feilen. Die musikalische Untermalung der Filme - ein pompöser Donnerhall - schafft eine Dramatik, die künstlich wirkt und auf die Lamby besser verzichtet hätte.
Arbeiter Georg Hetzler: "Wenn man ins Gasthaus ging: Da setzte sich kein Pumeraner an den Tisch, wo die Adidas-Leute saßen. Oder umgekehrt. Also diese Leute hielten schon zu ihren Chefs. Entweder aus Angst oder aus Überzeugung, dass sie beim richtigen Mann sind."
Der Arbeiter Georg Hetzler fängt in der Firma an, als sie noch beiden Brüdern gemeinsam gehört. 1920 eröffnen Adolf und Rudolf Dassler ihre Werkstatt für Turnschuhe in Herzogenaurach. Schnell kristallisiert sich heraus, dass ihre Talente sich ergänzen. Adolf ist der handwerkliche Tüftler, sein Bruder Rudolf der Verkäufer:
Betti Billwatsch. "Er hat die große Goschen gehabt, ne. Er hat das Geschäft aufgebaut in dem Sinn: Er macht das Kaufmännische und der Adolf dann das Praktische."
Erinnert sich Betti Billwatsch, die Schwägerin von Rudolf Dassler. Gemeinsam machen die Brüder, die im Mai 1933 diensteifrig in die NSDAP eintreten, die Firma groß. Dabei profitieren sie von der Stimmung im Land: Für die Nazis ist der Sport ein Propaganda-Instrument - in Deutschland werden Turnschuhe gebraucht. Auch international verbuchen die beiden ihre ersten Erfolge. Jesse Owens geht 1936 bei der Olympiade in Berlin mit Nagelschuhen der Gebrüder Dassler an den Start und gewinnt vier Goldmedaillen.
In den folgenden Jahren kriselt es immer öfter zwischen den Brüdern: Rudolf fühlt sich benachteiligt, weil die Nazis ihn an die Front schicken, während Adolf zuhause bleiben und die Firma weiterführen kann. Aus den Dissonanzen entwickelt sich ein handfester Streit, als Rudolf nach Kriegsende wegen seiner nationalsozialistischen Vergangenheit für zwölf Monate interniert wird. Seinen Bruder Adolf, der so harmonisch mit den Nazis zusammengearbeitet hat, lassen die Amerikaner sofort wieder frei:
Enkel Jörg Dassler: "In dem Internierungslager hat ihm irgendein Amerikaner erzählt, dass er denunziert worden wäre von jemandem aus nächster Nähe. Und da war wirklich sein erster Gedanke, dass das sein Bruder sein könnte. Weil er die Firma jetzt wieder für sich in Anspruch nehmen wollte."
Erzählt Rudolf Dasslers Enkel Jörg. Nach der Haftentlassung kommt es zum Bruch. Die Brüder teilen das Unternehmen auf: In Adolf Dasslers Adidas und Puma - unter der Leitung von Rudolf Dassler. Fortan kämpfen sie mit allen Mitteln gegeneinander um die Vorherrschaft auf dem Weltmarkt.
Stephan Lamby: "Der Weltkonzern Adidas und der Weltkonzern Puma wären nicht möglich gewesen - das ist meine Behauptung - ohne diesen Bruderstreit. Genau wegen dieses Konfliktes haben die sich so ins Zeug gelegt. Sie wollten sich gegeneinander profilieren und haben sich gegenseitig das Schwarze unter den Fingernägeln nicht gegönnt. Das hat beiden Firmen unterm Strich gut getan."
Stephan Lamby, Autor, Produzent und Erfinder der neuen Dokumentationsreihe, sieht in dem Bruderzwist der Dasslers einen "Urkonflikt". Solche Konstellationen will er in den "Duellen" beleuchten. Dabei dient ihm die Privatgeschichte nur als Aufhänger:
"Die ist ja nur interessant vor dem Hintergrund, dass dieser Streit Geschichte geschrieben hat. Also es ist Sportgeschichte. Es ist letztlich das Duell immer wieder von Fußballmannschaften. Also WM 2006 Italien gleich Puma gegen Frankreich gleich Adidas. Es hat längst die Ebene des Bruderstreits verlassen. Es ist der Kampf von Marken, Weltmarken und Konzernen."
Minutiös verfolgt Stephan Lamby die Geldströme, die fließen, damit Spitzensportler in die richtigen Schuhe schlüpfen. Er zeigt, dass dieses Geschäft keine Erfindung der Gegenwart ist: Schon Sepp Herberger will 1954 dafür kassieren, dass seine Jungs bei der WM 1954 in Puma-Schuhen kicken. Aber der Deal kommt nicht zustande:
"Und da hat er sich den Falschen ausgesucht, weil Rudolf Dassler auf diesem Ohr überhaupt nicht hörte."
Erklärt Puma-Archivar Helmut Fischer. Fabrikarbeiter Georg Hetzler erinnert sich noch genau an Herbergers Besuch bei Rudolf Dassler:
"Am anderen Tag hat er uns zusammenkommen lassen, da hat er gesagt: Jetzt glaub ich hab ich einen Fehler gemacht, meine Lieben. Wir haben den Herberger abserviert. Ob das richtig war, weiß ich nicht, aber wir werden deswegen auch weiterkommen. Und dann ging der Sepp Herberger natürlich zum Adi Dassler."
Seither hält die Verbindung zwischen Adidas und DFB - fest geschweißt durch horrende Zahlungen des Sportartikelherstellers und erst in jüngster Zeit durch den Konkurrenten Nike ins Wanken gebracht.
Während der erste Teil der neuen Dokumentationsreihe "Diana gegen die Queen" - von Michael Wech - mit wenig Neuem aufwartete, gelingt Stephan Lamby mit "Adidas gegen Puma" ein hintergründiges Doppelportrait zweier Unternehmer. Spannend und detailliert erzählt sein Film deutsche Industriegeschichte: Von den 20er Jahren über die Nazizeit bis in die Gegenwart.
Die Programmplaner bei der ARD betrachten die ersten beiden Folgen als Testballons: Wenn die Quote stimmt, werden 2008 weitere "Duelle" gesendet. Vielleicht sollte Stephan Lamby bis dahin noch an der Aufmachung der Reihe feilen. Die musikalische Untermalung der Filme - ein pompöser Donnerhall - schafft eine Dramatik, die künstlich wirkt und auf die Lamby besser verzichtet hätte.