Musik im Geiste der Toleranz
Das größte Branchentreffen der Weltmusikszene, die Womex, findet dieses Jahr in Ungarn statt. In einem Land also, dass sich zuletzt gegen Flüchtlinge und fremde Kulturen abgeschottet hat. Das Thema hat die Stimmung auf dem Treffen beeinflusst.
Die Musiker der Buda Folk Band gehören zu den Shooting Stars der ungarischen Weltmusikszene. Im vergangenen Jahr kletterte ihre CD "Magyar Világi Népzene" bis auf Platz 2 der World Music Charts Europe. Das hat genauso viel mit musikalischer Meisterschaft wie mit großer Offenheit zu tun, sagt Eri Marton:
"Menschen, die auf diese Musik nur von außen sehen, könnten sagen, dass sie nationalistisch sei. Aber ich denke nicht so. Ich besuchte kleine Dörfer in Siebenbürgen und musste Kontakt finden zu den Romamusikern dort. Ich bin kein Rassist oder Nationalist, ich musste eine Verbindung knüpfen zu Menschen mit anderer Hautfarbe, Religion und Sprache. Wir mussten uns assimilieren, um die Musik von ihnen lernen zu können."
Man kann diese Band nicht nur in Budapest, sondern regelmäßig auch in Berlin-Friedrichshain hören, im Konzertsaal Badehaus Szimpla oder im Szimpla Cafe. Da gibt es regelmäßig ein ungarisches Tanzhaus mit Live-Band und Tanzanleitung. In Budapest spielt die Buda Folk Band oft im Fono Budai Seneház. Der Club ist eine wichtige Adresse für Folk und Weltmusik, und im hauseigenen Label erscheinen auch exzellente CDs. Gabriela Móra organisiert zur Womex den ungarischen Showcase:
"Wir wollen die Traditionen bewahren und weiter mit jungen Leuten arbeiten. Auch mehr Weltmusik soll hier laufen, so wollen wir neues Publikum gewinnen. Und darum wollen wir unser Programm öffnen, vor allem für Bands die die jungen Leute lieben. Und wenn wir die Renovierung durchziehen oder ein neues Gebäude bekommen, dann wird das alles klappen."
Der Fono Musikclub feiert in diesem Herbst sein 20-jähriges Jubiläum. Regelmäßig gastieren hier Bands aus dem Ausland, denn allmählich wächst in Ungarn das Publikum für globale Klänge. Gergö Ungar hat viele Künstler hier erlebt. Und auch selbst im Fonó Budai Zenehaz gespielt, mit seiner Cimbaliband. Der 25-jährige Musiker freut sich auf die Womex:
"Wir werden einen Stand dort haben, um die Cimbaliband bekannt zu machen, aber auch ein paar kleinere Bands, darunter Zagyva und Mydros. Mydros ist die beste griechische Band Ungarns. Ich stehe anderen Kulturen wirklich offen gegenüber. Besonders in dieser Zeit mit den Migranten und Menschen, die aus der ganzen Welt kommen. Das Motto dieser Móldva-CD ist ja, dass man alle Menschen respektieren soll, vor allem die, die große Schwierigkeiten überwunden haben. Aber ich denke, ich bin toleranter als der Durchschnittsungar."
Manifest über Weltmusik und Migration
Den Geist der Toleranz möchte die Womex in Budapest bestärken. Darum beginnt das Branchentreffen für globale Klänge mit dem Programm "Gypsy HeartBeats". Dabei ist Attila Oláh, ein ungarischer Romakünstler aus der Slowakei. Man hört einen der besten Geiger aus der urbanen Kaffeehausmusik, Ferenc Radics. Doch das Programm im Budapester Palast der Künste wäre unvollständig ohne Mónika Lakatos und Romengo:
"Wir sind keine politischen Musiker. Wir stehen keiner Partei nahe. Wir möchten nicht, dass man uns zu irgendeiner Partei dazugehörig zählt oder denkt, wir vertreten diese. Wir möchten unsere Musik spielen und glücklich sein damit. Menschen, die keine Zigeuner mögen oder keine Zigeunermusik, denen wollen wir ein gutes Beispiel zeigen, also glückliche Musik und Musiker. Und bei Menschen, die vielleicht keine Roma kennen, Interesse und Sympathie gegenüber der ganzen Roma-Gemeinschaft wecken."
Das ungarische Womex-Team um Balazs Weyer hat im Internet eine Art Manifest über Weltmusik und Migration veröffentlicht. Es wurde gut angenommen, aber eine Diskussion in der Gesellschaft folgte nicht. Denn das geht nicht mit likes und shares. Darum ist es in den Augen von Balazs Weyer wichtig, dass die Womex ein Zeichen setzt für die Vielfalt der Kulturen. Mit Konzerten, Filmen und Diskussionen. Bis vor kurzem kursierten im Netz Forderungen nach einem Womex - Boykott, Balazs Weyer hat gute Argumente dagegen.
"Ich denke, dass manche Leute empört sind, auch ich bin es manchmal. Aber ich finde, so ein Boykott ist eine leere Geste. Wenn man an all die ungarischen Musiker denkt, die sich für die Flüchtlingshilfe engagieren. Und Solidaritätskonzerte geben. Oder die zur Gruppe Musiker für Migranten gehören, diese Gruppe zählt immerhin mehr als 1000 Mitglieder. Sie haben Lebensmittel gespendet, medizinische und juristische Hilfe in der Krise geleistet."