Ukrainischer Theatermacher Pavlo Arie
Rituale und alltägliche Gesten werden umso wichtiger, wenn der Krieg alle Sicherheiten nimmt, sagt der ukrainische Theatermacher Pavlo Arie. © AFP / Genya Savilov
Tagebuch des Überlebens
22:27 Minuten
Die ersten Wochen des Krieges harrte der ukrainische Theatermacher Pavlo Arie in Kiew aus. Jetzt ist der Autor und Chefdramaturg des Left Bank Theatres in Berlin und spricht darüber, wie der Krieg sein Leben verändert hat.
Jedes Jahr am 27. März wird der Welttheatertag gefeiert. Aus aktuellem Anlass steht dieser Tag am Deutschen Theater in Berlin ganz im Zeichen der Solidarität mit der Ukraine.
Seit der Einführung des Jahrestags im Jahr 1961 ist Tradition an diesem „Geburtstag des Theaters“ auch eine öffentliche Botschaft durch eine Theaterpersönlichkeit. Rang 1 öffnet seine Radiobühne heute ganz und gar dem Autor und Chefdramaturgen vom Kiewer Left Bank Theatre, Pavlo Arie.
Rituale und Alltag im Krieg
Die ersten Wochen des Krieges harrte er noch aus, besuchte täglich das Theater in der ukrainischen Hauptstadt und postete Fotos vom Haus. Für die 200 Mitarbeiter, die geflohen waren oder an der anderen Flussseite festsaßen, wurde er zur „letzten Brücke“ zu einer vergangenen Normalität.
Eine Erinnerung an friedliche Zeiten. Jetzt, wo er seine Eltern nach Deutschland begleitet hat, gibt es nur noch Feuerwehrleute, die das Haus bewachen.
Allein in Kiew begann er Tagebuch zu schreiben – ein „Kriegstagebuch des Überlebens“. Er beschrieb darin, wie wichtig Rituale und alltägliche Gesten werden, wenn der Krieg alle Sicherheiten nimmt.
Er beschreibt darin die Ängste: Vor Hunger, die Sorge, ohne Medikamente auskommen zu müssen, die Panik, wenn Bomben fallen. Und wie viel Hoffnung allein kleine Zeichen der Normalität, wie zum Beispiel nach 13 Kriegstagen erstmals wieder funktionierende Verkehrsampeln, geben können.
Ein Netzwerk und Hilfe für ukrainische Künstler
Derzeit arbeitet Pavlo Arie an einem Netzwerk und Hilfsstrukturen sowie Arbeitsmöglichkeiten für ukrainische Künstler. „Um anderen zu helfen muss man sich selbst in Stabilität bringen – und dann Schritt für Schritt für die anderen diese Möglichkeiten anbieten.“
Auch müsse man künstlerisch arbeiten, damit man nicht nur durch die Nachrichten vom Krieg hört, sondern auch künstlerische Formen des Umgangs damit findet. „Das Schlimmste, was der Krieg bringt, ist allein zu bleiben – wir wollen nicht allein bleiben“.