Wem gehört die Straße?
Eine Diskussion über Verkehrs- und Umweltpolitik möchte Heinrich Strößenreuther anheizen. Er entwickelt momentan die "Straßensheriff"-App. Damit ließen sich anhand von Fotos und Standorten Falschparker orten. Eine Hilfe für Ordnungshüter - die aber enormes Konfliktpotenzial birgt.
Eine ruhige Straße im Berliner Stadtteil Moabit. Durch ein eher unscheinbares Treppenhaus geht es hoch in den ersten Stock. Heinrich Strößenreuther, ein großer, sportlicher Mann Mitte 40, öffnet die Tür. Ziemlich schnell fällt sein T-Shirt auf:
"Da steht das Logo ‚Straßensheriff‘ drauf. Das ist bei Konferenzen, Tagungen immer schön, da gucken Leute drauf und ich sage, ‚Ach, jetzt haben Sie die ganze Zeit mein T-Shirt angeschaut, darf ich Ihnen ein bisschen was dazu erzählen?‘, und schon ist man im Gespräch drin."
Heinrich Strößenreuthers Wohnzimmer dient derzeit als Arbeitsbereich. Die Wand ist zugepflastert mit gelben Post-it-Aufklebern. Hier entwickelt er zusammen mit einem kleinen Team die App "Straßensheriff", die ab Februar 2014 verfügbar sein soll.
"Es geht halt nicht nur um das Fahrrad, es geht um Rollstuhlfahrer, es geht um zu Fuß sein mit Kindern, aber auch Senioren mit Rollator, sind immer wieder von der Situation genervt, dass Gehwege zugeparkt werden."
Genau dagegen soll die Straßensheriff-App vorgehen: Ein Foto mit dem Smartphone würde reichen. Danach könnte man den Ort des Falschparkers posten, wer noch mal ein Auge zudrücken will, könnte auch einfach nur die Daten speichern, erklärt der Entwickler. Oder man geht noch einen Schritt weiter.
"Und dann gibt es die Möglichkeit, dass Sie eben eine nette Nachricht zukommen lassen –welcher Botschaft auch immer. Und die letzte Konsequenz ist tatsächlich, dass Sie den Weg der Anzeige gehen."
Die Anzeige würde dann ans Ordnungsamt gehen. Der Name der App ist übrigens auch eine Anspielung auf Heinrich Strößenreuthers Nachnamen.
"Das ist eigentlich nichts anderes als mein Nachname Strößenreuther eigentlich … die mittelalterliche Berufszeichnung für berittene Straßenpolizei."
"Da steht das Logo ‚Straßensheriff‘ drauf. Das ist bei Konferenzen, Tagungen immer schön, da gucken Leute drauf und ich sage, ‚Ach, jetzt haben Sie die ganze Zeit mein T-Shirt angeschaut, darf ich Ihnen ein bisschen was dazu erzählen?‘, und schon ist man im Gespräch drin."
Heinrich Strößenreuthers Wohnzimmer dient derzeit als Arbeitsbereich. Die Wand ist zugepflastert mit gelben Post-it-Aufklebern. Hier entwickelt er zusammen mit einem kleinen Team die App "Straßensheriff", die ab Februar 2014 verfügbar sein soll.
"Es geht halt nicht nur um das Fahrrad, es geht um Rollstuhlfahrer, es geht um zu Fuß sein mit Kindern, aber auch Senioren mit Rollator, sind immer wieder von der Situation genervt, dass Gehwege zugeparkt werden."
Genau dagegen soll die Straßensheriff-App vorgehen: Ein Foto mit dem Smartphone würde reichen. Danach könnte man den Ort des Falschparkers posten, wer noch mal ein Auge zudrücken will, könnte auch einfach nur die Daten speichern, erklärt der Entwickler. Oder man geht noch einen Schritt weiter.
"Und dann gibt es die Möglichkeit, dass Sie eben eine nette Nachricht zukommen lassen –welcher Botschaft auch immer. Und die letzte Konsequenz ist tatsächlich, dass Sie den Weg der Anzeige gehen."
Die Anzeige würde dann ans Ordnungsamt gehen. Der Name der App ist übrigens auch eine Anspielung auf Heinrich Strößenreuthers Nachnamen.
"Das ist eigentlich nichts anderes als mein Nachname Strößenreuther eigentlich … die mittelalterliche Berufszeichnung für berittene Straßenpolizei."
Lautstark einmischen in den Flächenkonflikt
Am Wohnzimmertisch sitzt auch die 27-jährige Maria Dreßler, die an dem Projekt mitarbeitet. Sie geht davon aus, dass viele ihrer Freunde die App nutzen würden.
"Glaube ich schon, da meine Freunde – also, wir sind alles noch Studenten. Und die fahren natürlich auch viel Fahrrad in Berlin, keiner hat ein Auto. Ich denke, dass die App für die von Vorteil ist, auf jeden Fall."
Die Straßensheriff-App soll aber nicht nur die Ordnungsämter unterstützen und den Umweltschutz verbessern. Sie soll auch unterstreichen, dass Radfahrer, Fußgänger und Menschen im Rollstuhl mehr Platz gegenüber den Autos brauchen. Der Bundesverband Selbsthilfe Körperbehinderter e.V. hält das Anliegen der Straßensheriff-App prinzipiell für eine gute Idee. Dazu Heinrich Strößenreuther:
"Das ist eine ganz logische Geschichte, da gibt es keinen Konsens, sondern das ist ein Konflikt um Fläche. Und in diesen Konflikt wollen wir uns einmischen und das möglichst lautstark …"
Wer sich am Vormittag rund um das Rathaus von Berlin-Kreuzberg bewegt, entdeckt hier und da Autos, die in den Einfahrten oder in der zweiten Reihe auf der Straße parken. Doch die meisten Menschen können mit der Idee einer App gegen Falschparker nicht viel anfangen.
"Ich würde die App anders benennen ..."
… sagt Joachim Wenz, Leiter des Ordnungsamtes im Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg.
"‘Straßensheriff‘ hat so etwas von, na ja, Selbstjustiz oder Bürgerwehr, so was ähnliches. Da finde ich den Namen ungeschickt gewählt. Da sollte man vielleicht noch einen anderen wählen."
Insgesamt zeigt sich der Behörden-Chef aber offen für die Straßensheriff-App.
"Ja, also grundsätzlich unterstützen wir natürlich Eigeninitiativen, die zu mehr Rücksichtnahme führen. Weil auch klar ist, dass allein mit ordnungsrechtlichen Mitteln `ne Verhaltensänderung insoweit nicht erreichbar ist, sondern da braucht es Unterstützung aus Bevölkerung."
Allein im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg gibt es jährlich 40.000 Verstöße im ruhenden Verkehr, wozu auch das Falschparken gehört. Wahrscheinlich sind es drei oder vier Mal so viel, glaubt Joachim Wenz, seine Behörde haben nicht ausreichend Personal für den Außendienst. Genau in diesem Personalmangel sieht das Ordnungsamt aber auch ein Problem mit Blick auf eine Falschparker-App.
"Wenn dann zusätzlichen Meldungen kommen, die gegebenenfalls dann auch noch mal überprüft werden müssen, vom eigenen Außendienst, dann ist das eher Doppelarbeit und macht eher Probleme."
Ob die Anwendung gerichtsfest ist, da ist sich der Leiter des Ordnungsamtes allerdings nicht sicher.
"Glaube ich schon, da meine Freunde – also, wir sind alles noch Studenten. Und die fahren natürlich auch viel Fahrrad in Berlin, keiner hat ein Auto. Ich denke, dass die App für die von Vorteil ist, auf jeden Fall."
Die Straßensheriff-App soll aber nicht nur die Ordnungsämter unterstützen und den Umweltschutz verbessern. Sie soll auch unterstreichen, dass Radfahrer, Fußgänger und Menschen im Rollstuhl mehr Platz gegenüber den Autos brauchen. Der Bundesverband Selbsthilfe Körperbehinderter e.V. hält das Anliegen der Straßensheriff-App prinzipiell für eine gute Idee. Dazu Heinrich Strößenreuther:
"Das ist eine ganz logische Geschichte, da gibt es keinen Konsens, sondern das ist ein Konflikt um Fläche. Und in diesen Konflikt wollen wir uns einmischen und das möglichst lautstark …"
Wer sich am Vormittag rund um das Rathaus von Berlin-Kreuzberg bewegt, entdeckt hier und da Autos, die in den Einfahrten oder in der zweiten Reihe auf der Straße parken. Doch die meisten Menschen können mit der Idee einer App gegen Falschparker nicht viel anfangen.
"Ich würde die App anders benennen ..."
… sagt Joachim Wenz, Leiter des Ordnungsamtes im Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg.
"‘Straßensheriff‘ hat so etwas von, na ja, Selbstjustiz oder Bürgerwehr, so was ähnliches. Da finde ich den Namen ungeschickt gewählt. Da sollte man vielleicht noch einen anderen wählen."
Insgesamt zeigt sich der Behörden-Chef aber offen für die Straßensheriff-App.
"Ja, also grundsätzlich unterstützen wir natürlich Eigeninitiativen, die zu mehr Rücksichtnahme führen. Weil auch klar ist, dass allein mit ordnungsrechtlichen Mitteln `ne Verhaltensänderung insoweit nicht erreichbar ist, sondern da braucht es Unterstützung aus Bevölkerung."
Allein im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg gibt es jährlich 40.000 Verstöße im ruhenden Verkehr, wozu auch das Falschparken gehört. Wahrscheinlich sind es drei oder vier Mal so viel, glaubt Joachim Wenz, seine Behörde haben nicht ausreichend Personal für den Außendienst. Genau in diesem Personalmangel sieht das Ordnungsamt aber auch ein Problem mit Blick auf eine Falschparker-App.
"Wenn dann zusätzlichen Meldungen kommen, die gegebenenfalls dann auch noch mal überprüft werden müssen, vom eigenen Außendienst, dann ist das eher Doppelarbeit und macht eher Probleme."
Ob die Anwendung gerichtsfest ist, da ist sich der Leiter des Ordnungsamtes allerdings nicht sicher.
Angeheiztes Klima zwischen Auto- und Radfahrern
In den letzten Jahren sei die Zahl der Radfahrer in seinem Bezirk deutlich gestiegen, was für die Umwelt erst mal gut sei, berichtet Joachim Wenz. Gleichzeitig führe das aber auch zu mehr Verstößen und Konflikten zwischen Fußgängern und Radfahrern. Die Straßensheriff-App wurde in den letzten Tagen eifrig von den Leitern der Berliner Ordnungsämter diskutiert. Viele stünden der Anwendung kritisch gegenüber, sagt Joachim Wenz.
Auch Matthias Knobloch ärgert sich über Falschparker.
"Ich fahre eigentlich fast ausschließlich mit dem Fahrrad zur Arbeit."
Er leitet in Berlin das Hauptstadtbüro des Automobil Club Europa. Doch für ihn ist die Straßensheriff-App keine Lösung. In Städten wie Berlin gäbe es einfach zu wenig Parkplätze. Gleichzeitig räumt Matthias Knobloch ein, dass der Radverkehr in den Städten mehr entwickelt werden sollte und man dafür auch den Straßenplatz anders aufteilen müsse. Doch die Einführung einer App wie Straßensheriff würde das Klima zwischen Radlern und Autofahrern weiter anheizen.
"Das heißt, wir haben gerade in Berlin so eine gewisse Aggressivität Fahrradfahrer - Autofahrer. Und ich glaube nicht, dass da letztendlich was hilft. Weil dann kommt der erste Autofahrer auch auf die Idee und sagt, ich mache eine App, ab jetzt fotografiere ich Fahrradfahrer, die bei Rot über die Ampel fahren und zeige die auch an, wir kriegen dann so eine Art technische Hochrüsten."
Heinrich Strößenreuther sieht das anders: Er könnte einer solchen App durchaus etwas positives abgewinnen.
"Wenn es das sein sollte, bin ich relativ fest davon überzeugt, dass wir in dieser Republik `ne richtige gute Diskussion über Verkehrspolitik, Klimaschutz und Stadtentwicklung haben werden. Ich begrüße das nur, wenn so eine Diskussion ankommt. Da wird ja was passieren und dann kommen wir in die richtige Richtung."
Heinrich Strößenreuther hat ein dickes Fell. Seit fast 20 Jahren beschäftigt er sich mit Nachhaltigkeit im Verkehr, in den 90er-Jahren hat er bei Greenpeace Lobbyarbeit für die Öko-Steuer gemacht, später hat er bei der Deutschen Bahn im Bereich Konzernstrategie gearbeitet. Seit einigen Jahren führt Strößenreuther ein Beratungsunternehmen für Verkehrsdienstleistungen. Die Straßensheriff-App ist eher ein Projekt nebenbei, das ihm persönlich am Herzen liege.
"Zur Zeit finanzieren wir das komplett aus meinem Sparkonto, also ich mache das nebenher von dem, was ich als Berater verdienen kann."
Um die technische Entwicklung und die rechtliche Prüfung der App zu finanzieren, setzen Heinrich Strößenreuther und sein Team aufs Crowdfunding. 59.000 Euro sollen so bis Mitte November über die Internetplattform Startnext zusammen kommen.
"Diese Startnext-Kampagne ist im Kern eine Volksabstimmung mit dem Geldbeutel, ob es einen Bedarf nach einer solchen App gibt."
Auch Matthias Knobloch ärgert sich über Falschparker.
"Ich fahre eigentlich fast ausschließlich mit dem Fahrrad zur Arbeit."
Er leitet in Berlin das Hauptstadtbüro des Automobil Club Europa. Doch für ihn ist die Straßensheriff-App keine Lösung. In Städten wie Berlin gäbe es einfach zu wenig Parkplätze. Gleichzeitig räumt Matthias Knobloch ein, dass der Radverkehr in den Städten mehr entwickelt werden sollte und man dafür auch den Straßenplatz anders aufteilen müsse. Doch die Einführung einer App wie Straßensheriff würde das Klima zwischen Radlern und Autofahrern weiter anheizen.
"Das heißt, wir haben gerade in Berlin so eine gewisse Aggressivität Fahrradfahrer - Autofahrer. Und ich glaube nicht, dass da letztendlich was hilft. Weil dann kommt der erste Autofahrer auch auf die Idee und sagt, ich mache eine App, ab jetzt fotografiere ich Fahrradfahrer, die bei Rot über die Ampel fahren und zeige die auch an, wir kriegen dann so eine Art technische Hochrüsten."
Heinrich Strößenreuther sieht das anders: Er könnte einer solchen App durchaus etwas positives abgewinnen.
"Wenn es das sein sollte, bin ich relativ fest davon überzeugt, dass wir in dieser Republik `ne richtige gute Diskussion über Verkehrspolitik, Klimaschutz und Stadtentwicklung haben werden. Ich begrüße das nur, wenn so eine Diskussion ankommt. Da wird ja was passieren und dann kommen wir in die richtige Richtung."
Heinrich Strößenreuther hat ein dickes Fell. Seit fast 20 Jahren beschäftigt er sich mit Nachhaltigkeit im Verkehr, in den 90er-Jahren hat er bei Greenpeace Lobbyarbeit für die Öko-Steuer gemacht, später hat er bei der Deutschen Bahn im Bereich Konzernstrategie gearbeitet. Seit einigen Jahren führt Strößenreuther ein Beratungsunternehmen für Verkehrsdienstleistungen. Die Straßensheriff-App ist eher ein Projekt nebenbei, das ihm persönlich am Herzen liege.
"Zur Zeit finanzieren wir das komplett aus meinem Sparkonto, also ich mache das nebenher von dem, was ich als Berater verdienen kann."
Um die technische Entwicklung und die rechtliche Prüfung der App zu finanzieren, setzen Heinrich Strößenreuther und sein Team aufs Crowdfunding. 59.000 Euro sollen so bis Mitte November über die Internetplattform Startnext zusammen kommen.
"Diese Startnext-Kampagne ist im Kern eine Volksabstimmung mit dem Geldbeutel, ob es einen Bedarf nach einer solchen App gibt."