Wendepunkt in der Geschichte Nordirlands
Der "Bloody Sunday" war ein Wendepunkt in der Geschichte Nordirlands. Vor 40 Jahren schossen britische Fallschirmjäger auf Demonstranten in Londonderry, 13 Menschen starben. Jahrzehntelang lautete die offizielle Version, die Soldaten hätten erst das Feuer eröffnet, nachdem auf sie geschossen worden war.
Die Sonne schien im nordirischen Londonderry, das von den Katholiken Derry genannt wird, als sich am 30. Januar 1972 mehr als 10.000 Demonstranten auf den Weg ins Zentrum machten. Sie wollten, obwohl Aufmärsche damals verboten waren, gegen die Diskriminierung der katholischen Bevölkerung durch die protestantische Regierung in Nordirland demonstrieren. Ihre Forderungen:
"Gleiches Wahlrecht, gleiche Chancen bei der Vergabe von Sozialwohnungen und Jobs, ein Ende der willkürlichen Verhaftungen und Internierungen ohne Anklage."
In den 60er-Jahren hatte sich in Nordirland eine friedliche Bürgerrechtsbewegung formiert. Doch die Protestanten, die die Regierung stellten, wollten keine Veränderung, die Polizei ging hart vor. Derry war einer der Orte, in denen es immer wieder zu Unruhen kam. 1969 schickte Großbritannien Soldaten nach Nordirland, um die Situation zu beruhigen. An jenem 30. Januar 1972, der als Bloody Sunday, als Blutsonntag, in die Geschichte eingehen sollte, hatte die Armee auf dem Weg ins Zentrum der Stadt eine Straßensperre errichtet. Jugendliche bewarfen die Soldaten mit Steinen, die mit Tränengasgranaten und Gummigeschossen antworteten. Die Randale flaute ab, doch dann fielen Schüsse. Eine Zeitzeugin erinnert sich:
"Ich hörte die Leute hinter mir schreien: ‘Jesus, Jesus, sie schießen!" In dem Augenblick dachten alle an Gummigeschosse, Tränengas, aber so ein scharfer krachender Ton machte klar, das war scharfe Munition und die Panik war schrecklich, die Schreie der Menschen, sie fielen hin, andere rannten über die am Boden liegenden hinweg."
13 Demonstranten starben, darunter sechs 17-jährige. Die britischen Soldaten seien angegriffen worden und hätten zurückgeschossen, erklärte Oberst Derek Wilford, der Kommandant der Fallschirmjäger.
"Wenn man auf Sie schießt, dann haben Sie verschiedene Möglichkeiten zu reagieren. Sie können weglaufen, was natürlich Soldaten nicht tun, mein Bataillon würde jedenfalls nie weglaufen. Sie können hinter ihrem Schild in Deckung gehen und abwarten, bis alles vorbei ist, oder Sie können tun, wofür mein Bataillon ausgebildet war, vorrücken und den Feind stellen."
Ein britischer Untersuchungsbericht, der kurze Zeit später vorgestellt wurde, entlastete die Soldaten. Doch von Anfang an widersprachen Augenzeugen der offiziellen Darstellung. Der Bischof von Derry Edward Daily:
"Niemand hat auf die Soldaten gefeuert, auf keinen Fall, die Leute sind doch in alle Richtungen davongelaufen, die meisten standen schon mit dem Rücken zu den Soldaten, als diese schossen."
Der Bloody Sunday war ein Wendepunkt in der Geschichte Nordirlands. Er radikalisierte die katholische Minderheit: Die IRA erhielt großen Zulauf, auch von Bürgern, die eigentlich eher friedlich eingestellt waren. Die Spirale der Gewalt war nicht mehr zu stoppen, für Jahrzehnte. 1998 eröffnete die britische Regierung schließlich eine neue Untersuchung der Vorfälle am Bloody Sunday. Mit mehr als 1.500 Zeugenanhörungen wurde sie die teuerste und aufwendigste in der britischen Rechtsgeschichte. Für Aufsehen sorgten besonders die Aussagen eines britischen Fallschirmjägers, der im Schutz der Anonymität aussagte. Er berichtete von der Stimmung in seiner Einheit, den "Rottweilern der britischen Armee". Ein Vorgesetzter soll am Vorabend gesagt haben:
"Lasst uns den Arschlöchern eine Lektion erteilen, wir wollen morgen ein paar Tote."
Der Zeuge berichtete auch davon, wie britische Soldaten regelrecht Jagd machten, auf unbewaffnete Demonstranten schossen, sie töteten. Das Ergebnis der Untersuchung, die rund 5.000 Seiten umfasste, war eindeutig: Die Soldaten haben nicht in Notwehr gehandelt, die Armee ist für das Massaker verantwortlich, die Opfer waren unschuldig.
""What happened on Bloody Sunday was both unjustified and unjustifiable.”"
Am 15. Juni 2010 nannte der britische Premier David Cameron das Vorgehen der Armee ungerechtfertigt und unverantwortlich. Und er entschuldigte sich:
""On behalf of the government and on behalf of our country, I am deeply sorry.”"
Für die Angehörigen der Opfer eine späte Genugtuung, auf die sie fast 40 Jahre gewartet hatten.
"Gleiches Wahlrecht, gleiche Chancen bei der Vergabe von Sozialwohnungen und Jobs, ein Ende der willkürlichen Verhaftungen und Internierungen ohne Anklage."
In den 60er-Jahren hatte sich in Nordirland eine friedliche Bürgerrechtsbewegung formiert. Doch die Protestanten, die die Regierung stellten, wollten keine Veränderung, die Polizei ging hart vor. Derry war einer der Orte, in denen es immer wieder zu Unruhen kam. 1969 schickte Großbritannien Soldaten nach Nordirland, um die Situation zu beruhigen. An jenem 30. Januar 1972, der als Bloody Sunday, als Blutsonntag, in die Geschichte eingehen sollte, hatte die Armee auf dem Weg ins Zentrum der Stadt eine Straßensperre errichtet. Jugendliche bewarfen die Soldaten mit Steinen, die mit Tränengasgranaten und Gummigeschossen antworteten. Die Randale flaute ab, doch dann fielen Schüsse. Eine Zeitzeugin erinnert sich:
"Ich hörte die Leute hinter mir schreien: ‘Jesus, Jesus, sie schießen!" In dem Augenblick dachten alle an Gummigeschosse, Tränengas, aber so ein scharfer krachender Ton machte klar, das war scharfe Munition und die Panik war schrecklich, die Schreie der Menschen, sie fielen hin, andere rannten über die am Boden liegenden hinweg."
13 Demonstranten starben, darunter sechs 17-jährige. Die britischen Soldaten seien angegriffen worden und hätten zurückgeschossen, erklärte Oberst Derek Wilford, der Kommandant der Fallschirmjäger.
"Wenn man auf Sie schießt, dann haben Sie verschiedene Möglichkeiten zu reagieren. Sie können weglaufen, was natürlich Soldaten nicht tun, mein Bataillon würde jedenfalls nie weglaufen. Sie können hinter ihrem Schild in Deckung gehen und abwarten, bis alles vorbei ist, oder Sie können tun, wofür mein Bataillon ausgebildet war, vorrücken und den Feind stellen."
Ein britischer Untersuchungsbericht, der kurze Zeit später vorgestellt wurde, entlastete die Soldaten. Doch von Anfang an widersprachen Augenzeugen der offiziellen Darstellung. Der Bischof von Derry Edward Daily:
"Niemand hat auf die Soldaten gefeuert, auf keinen Fall, die Leute sind doch in alle Richtungen davongelaufen, die meisten standen schon mit dem Rücken zu den Soldaten, als diese schossen."
Der Bloody Sunday war ein Wendepunkt in der Geschichte Nordirlands. Er radikalisierte die katholische Minderheit: Die IRA erhielt großen Zulauf, auch von Bürgern, die eigentlich eher friedlich eingestellt waren. Die Spirale der Gewalt war nicht mehr zu stoppen, für Jahrzehnte. 1998 eröffnete die britische Regierung schließlich eine neue Untersuchung der Vorfälle am Bloody Sunday. Mit mehr als 1.500 Zeugenanhörungen wurde sie die teuerste und aufwendigste in der britischen Rechtsgeschichte. Für Aufsehen sorgten besonders die Aussagen eines britischen Fallschirmjägers, der im Schutz der Anonymität aussagte. Er berichtete von der Stimmung in seiner Einheit, den "Rottweilern der britischen Armee". Ein Vorgesetzter soll am Vorabend gesagt haben:
"Lasst uns den Arschlöchern eine Lektion erteilen, wir wollen morgen ein paar Tote."
Der Zeuge berichtete auch davon, wie britische Soldaten regelrecht Jagd machten, auf unbewaffnete Demonstranten schossen, sie töteten. Das Ergebnis der Untersuchung, die rund 5.000 Seiten umfasste, war eindeutig: Die Soldaten haben nicht in Notwehr gehandelt, die Armee ist für das Massaker verantwortlich, die Opfer waren unschuldig.
""What happened on Bloody Sunday was both unjustified and unjustifiable.”"
Am 15. Juni 2010 nannte der britische Premier David Cameron das Vorgehen der Armee ungerechtfertigt und unverantwortlich. Und er entschuldigte sich:
""On behalf of the government and on behalf of our country, I am deeply sorry.”"
Für die Angehörigen der Opfer eine späte Genugtuung, auf die sie fast 40 Jahre gewartet hatten.