Wenn Alt-Hippies um ihren Schrebergarten kämpfen
Im neuen Roman von Marina Lewycka versucht eine Familie, mit ihrer Vergangenheit in einer Hippiekommune fertig zu werden. Herausgekommen ist ein Text mit durchsichtiger Konstruktion und funktionalen Figuren, der aber viel Lesevergnügen und satirisch treffsichere Zeitkritik bietet.
Die Britin Marina Lewycka ist seit ihrem Erfolgsroman "Kurze Geschichte des Traktors auf Ukrainisch" dafür bekannt, dass sie für schwerwiegende Themen einen erzählerisch leichten und witzigen Ton findet. Die Szenen aus dem täglichen – sozialen wie politischen - Leben, die sie mit satirischer Treffsicherheit nachstellt, fallen zwar gelegentlich bissig aus, doch eine prinzipielle Heiterkeit und gelassene Menschenfreundlichkeit scheinen diese Autorin nie zu verlassen.
In ihrem neuen Roman nun geht es um Investmentbanker und die alten Träume von einer gerechteren Gesellschaft, die nicht nur niemals Wirklichkeit wurden, sondern im heruntergekommenen einstigen Industriegürtel Mittelenglands geradezu lächerlich gestrig wirken.
Doro und Marcus wollen heiraten - nach 35 Jahren wilder Ehe, freier Liebe und drei erwachsenen Kindern. Die Hippiekommune, die sie einst gegründet haben, hat sich längst aufgelöst, doch aufgegeben haben sie ihre alten egalitären Ideale nicht. Inzwischen schreibt Marcus, pensionierter Hochschullehrer, an einer detaillierten Geschichte der Linken und Doro kämpft mit allen verbliebenen Mitteln politischer Teilhabe um den Erhalt ihres Schrebergartens.
Beider Kinder, das Mathematikgenie Serge (benannt nach dem Anarchisten Victor Serge), die Lehrerin Clara (nach Zetkin) und Oolie-Anna (nach Lenin) versuchen jedes auf unterschiedliche Art mit ihrer Kommune-Vergangenheit fertig zu werden: Serge erliegt den Verlockungen des ganz großen Geldes und den Kurven einer Ukrainerin als Analyst eines Investmentunternehmens in der Londoner City; Clara kämpft gegen das innere Vertrocknen und die jüngste – mit Downsyndrom – ist scharf auf Pornofilme, möglichst abseits der politisch und ökologisch korrekten mütterlichen Fürsorge.
Die Konstruktion des Romans ist absolut durchsichtig, die Figuren – zumal die Nebenfiguren, wie die ukrainische Studentin mit ihrem hemmungslosen Bereicherungswillen oder der korrupte Bürgermeister - wirken als Darsteller bestimmter Zeitphänomene manchmal recht funktional.
Doch der handwerkliche Pragmatismus Lewyckas zahlt sich aus: Die Verbindung von Lesevergnügen und Zeitkritik zu einem aktuellen Gesellschaftsroman funktioniert hier bestens.
Besprochen von Katharina Döbler.
In ihrem neuen Roman nun geht es um Investmentbanker und die alten Träume von einer gerechteren Gesellschaft, die nicht nur niemals Wirklichkeit wurden, sondern im heruntergekommenen einstigen Industriegürtel Mittelenglands geradezu lächerlich gestrig wirken.
Doro und Marcus wollen heiraten - nach 35 Jahren wilder Ehe, freier Liebe und drei erwachsenen Kindern. Die Hippiekommune, die sie einst gegründet haben, hat sich längst aufgelöst, doch aufgegeben haben sie ihre alten egalitären Ideale nicht. Inzwischen schreibt Marcus, pensionierter Hochschullehrer, an einer detaillierten Geschichte der Linken und Doro kämpft mit allen verbliebenen Mitteln politischer Teilhabe um den Erhalt ihres Schrebergartens.
Beider Kinder, das Mathematikgenie Serge (benannt nach dem Anarchisten Victor Serge), die Lehrerin Clara (nach Zetkin) und Oolie-Anna (nach Lenin) versuchen jedes auf unterschiedliche Art mit ihrer Kommune-Vergangenheit fertig zu werden: Serge erliegt den Verlockungen des ganz großen Geldes und den Kurven einer Ukrainerin als Analyst eines Investmentunternehmens in der Londoner City; Clara kämpft gegen das innere Vertrocknen und die jüngste – mit Downsyndrom – ist scharf auf Pornofilme, möglichst abseits der politisch und ökologisch korrekten mütterlichen Fürsorge.
Die Konstruktion des Romans ist absolut durchsichtig, die Figuren – zumal die Nebenfiguren, wie die ukrainische Studentin mit ihrem hemmungslosen Bereicherungswillen oder der korrupte Bürgermeister - wirken als Darsteller bestimmter Zeitphänomene manchmal recht funktional.
Doch der handwerkliche Pragmatismus Lewyckas zahlt sich aus: Die Verbindung von Lesevergnügen und Zeitkritik zu einem aktuellen Gesellschaftsroman funktioniert hier bestens.
Besprochen von Katharina Döbler.
Marina Lewycka: Die Werte der modernen Welt unter Berücksichtigung diverser Kleintiere
Aus dem Englischen von Sophie Zeitz
Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2013
260 Seiten, 19,90 Euro
Aus dem Englischen von Sophie Zeitz
Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2013
260 Seiten, 19,90 Euro