"Wenn die SPD stärkste Partei wird, dann gibt es den Mindestlohn auch in Deutschland"
Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD, Olaf Scholz, hat sich beim Mindestlohn hinter seinen Parteikollegen, Vizekanzler Franz Müntefering, gestellt. Es könne nicht angehen, dass einige Menschen ganztags arbeiteten und trotzdem auf Arbeitslosengeld angewiesen seien, sagte Scholz.
Christopher Ricke: Für den SPD-Chef, für Kurt Beck, ist die Sommerpause vorbei. Der Urlaub mit Radfahren an der Mosel ist absolviert. Jetzt geht's zur Sommertour quer durch Deutschland. Die SPD will trommeln. Schließlich stehen Wahlen an in Hamburg, Hessen und Niedersachsen. Dort will man zulegen, aus dem Meinungskeller kommen und fitt werden für die Bundestagswahl 2009. Das schafft der SPD-Chef natürlich nicht alleine; es hilft ihm unter anderem der erste Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion. Guten Morgen, Olaf Scholz!
Olaf Scholz: Guten Morgen!
Ricke: Wenn es jetzt darum geht, das sozialdemokratische Profil zu schärfen, kommt sofort der Koalitionspartner und versucht das zu verderben. CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla sagte an diesem Wochenende, die Sozialdemokraten seien in der Bundesregierung christdemokratisiert worden. - Lösen sie sich wieder aus dieser Umklammerung?
Scholz: Das ist, wenn ich das mal in Bezug auf eine eigene frühere Tätigkeit sagen darf, Generalsekretärs-Gewäsch. Tatsächlich ist es ja so, dass wir ein Regierungsprogramm vereinbart haben, das sehr dicht ist bei dem Wahlprogramm der SPD. Ich glaube, davon profitiert die ganze Regierung, die SPD, aber natürlich sogar unser Koalitionspartner, denn so hätten die Menschen es ganz gerne.
Ricke: Es gibt aber verbitterte Stammwähler, die das vielleicht so nicht wahrnehmen und die gerne einen Linksruck spüren würden. Wäre das die Lösung: links reden und weiter in der Mitte handeln?
Scholz: Ich glaube, dass wir nun gerade etwas sehr Merkwürdiges erleben. Die Sonntagszeitungen haben alle davon geschrieben, dass die Themen, die der SPD nahe stehen, eine große Mehrheit in Deutschland haben. "Die Zeit" und viele andere diskutieren das Thema, wie kommt denn das. Ich bin darüber gar nicht so verwundert, weil ich selber, aber viele andere auch schon zu Anfang der Großen Koalition gesagt habe, wir werden eine Trendwende erleben.
Während 20 Jahre lang so diskutiert worden ist, als ob der Sozialstaat keine Perspektive hat, wird es am Ende dieser Großen Koalition und nach den sieben Jahren der Regierung Schröder so sein, dass alle so sein wollen wie die SPD. Die einen etwas weitergehender, die anderen etwas konservativer. Sogar die FDP meint, neosozial werden zu wollen. Das ist für die SPD auch nicht immer leicht, aber eine viel bessere Situation, als wir sie zwei Jahrzehnte lang vorgefunden haben.
Ricke: Heißt das die SPD muss nur verharren dort wo sie jetzt steht und alles wird gut?
Scholz: Wir sind das Original und das ist ja vielleicht etwas, auf das es dann manchmal auch ankommt. Im Übrigen sind wir diejenigen, die mit viel Mut, und auch glaube ich mit mancher Blessur dafür gesorgt haben, dass der Sozialstaat in Deutschland wieder funktioniert. Diese Operation ist weitgehend beendet.
Das ist vielleicht etwas, was uns von Vertretern der FDP und auch unseres Koalitionspartners unterscheidet, dass wir glauben, wenn man so etwas macht, muss man irgendwann auch mal den Erfolg der Sache melden. Die Konjunkturzahlen und vieles andere zeigen ja, es war wichtig, dass wir es gemacht haben, aber wir haben es auch hinter uns.
Ricke: Es ist gemacht worden, es ist vollzogen, aber es haben auch einige gelitten, auch bei Ihnen in der Partei. Auch alte Genossen wie Rudolf Dreßler flirten mit Lafontaine und Gysi, beklagen mangelnde Bereitschaft zu einer sozialgerechteren Politik und schielen zur Links-Partei. Wie löst man das?
Scholz: Ob da Rudolf Dreßler richtig interpretiert wird weiß ich nicht. dass er nicht mit allem einverstanden war, ist ja nun keine neue und aktuelle Meldung. Tatsächlich glaube ich, war das eben deshalb mutig, die Dinge zu unternehmen, die wir in den letzten Jahren gemacht haben, um den Sozialstaat wieder zukunftsfest zu machen, weil es nicht bei jedem von Vornherein auf Einverständnis gestoßen ist.
Um so wichtiger ist es aus meiner Perspektive, dass wir sagen, das haben wir jetzt vollbracht. Jetzt gibt es da nicht eine Rutsche, wo es immer weiter geht, sondern wir sind wieder auf gutem Grund, und wir können nach vorne gucken. Wir haben ja auch deutlich gemacht als Sozialdemokratie vor allen anderen, dass es da Ungerechtigkeiten in unserer Gesellschaft gibt, die man aufgreifen muss und wo wir nicht untätig bleiben können.
Das ist etwa die Frage wie sichern wir die Menschen vor ungerechtfertigten schlechten geringen Löhnen ab, das Thema Mindestlohn, die Frage Entsendegesetz und alles, was sich darum herumrankt.
Ricke: Das macht Ihr Parteifreund und Minister Franz Müntefering gerade ganz geschickt, dass er die Mindestlohn-Forderung, mit der man die CDU/CSU gut ärgern kann, mit einer Verbesserung bei den Hartz-IV-Regelsätzen für die Betroffenen verbindet. Ist das die Politik der Zukunft, Hartz IV an die Inflationsrate koppeln, oder sogar noch mehr drauflegen, und dann weiter nach dem Mindestlohn rufen?
Scholz: dass Franz Müntefering geschickt ist, glaube ich schon. Aber so parteipolitisch sollte man die Sache nicht sehen. Es geht ja darum, dass wir einfach sagen, es kann nicht angehen, dass im wachsenden Maße Menschen ganztags arbeiten, und wenn sie ihren Lebensunterhalt bestreiten wollen dann noch ergänzend auf Arbeitslosengeld II angewiesen sind.
Da muss sich etwas ändern und das ist etwas, was viele Menschen in unserem Lande so sehen, wo Deutschland übrigens eines der wenigen Länder ist, das dafür nicht durch einen Mindestlohn eine Vorkehrung getroffen hat. Und die Zeiten sind so, dass das jetzt auf der Tagesordnung steht. Wir haben große Fortschritte erreicht. Das Entsendegesetz ist erweitert worden auf die Gebäudereiniger, was in der Bauwirtschaft gut funktioniert hat. Wir werden jetzt weitere Gruppen einbeziehen können.
Das glaube ich ist zum Beispiel ein Beitrag dazu, dazu beizutragen, dass sich für viele hunderttausende Menschen das Leben erst mal auch schon bei der Arbeit ändert, und wir werden nicht nachlassen zu sagen, es muss eine Grundregel für alle geben. Wenn die SPD bei der nächsten Bundestagswahl stärkste Partei wird, dann gibt es den Mindestlohn in Deutschland auch. Das weiß jeder.
Ricke: Damit ist es auch gesagt. Der Mindestlohn wird das Wahlkampfthema 2008/2009. Deswegen ist Ihr Parteichef jetzt auf Ihrer Sommerreise auch so viel bei örtlichen Betriebsräten?
Scholz: Es geht nicht nur um das Thema, aber es geht zum Beispiel auch darum, dass wir bestimmte Institutionen der Sozialstaatlichkeit in Deutschland fest anfassen und für die Zukunft ausbauen. Dazu gehört zum Beispiel die Mitbestimmung. Dazu gehört die Betriebsverfassung.
Das sind ja vielleicht die wenigen Instrumente, die wir haben, um nicht hilflos den Auswirkungen von Globalisierung gegenüberzustehen, sondern um dafür zu sorgen, dass die Menschen Einfluss nehmen können auf die Geschicke und Unternehmen, anders und besser als in vielen anderen Ländern. Das wollen wir in die Zukunft hineinverlängern.
Ricke: Vielen Dank Olaf Scholz. Er ist der erste Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion.
Olaf Scholz: Guten Morgen!
Ricke: Wenn es jetzt darum geht, das sozialdemokratische Profil zu schärfen, kommt sofort der Koalitionspartner und versucht das zu verderben. CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla sagte an diesem Wochenende, die Sozialdemokraten seien in der Bundesregierung christdemokratisiert worden. - Lösen sie sich wieder aus dieser Umklammerung?
Scholz: Das ist, wenn ich das mal in Bezug auf eine eigene frühere Tätigkeit sagen darf, Generalsekretärs-Gewäsch. Tatsächlich ist es ja so, dass wir ein Regierungsprogramm vereinbart haben, das sehr dicht ist bei dem Wahlprogramm der SPD. Ich glaube, davon profitiert die ganze Regierung, die SPD, aber natürlich sogar unser Koalitionspartner, denn so hätten die Menschen es ganz gerne.
Ricke: Es gibt aber verbitterte Stammwähler, die das vielleicht so nicht wahrnehmen und die gerne einen Linksruck spüren würden. Wäre das die Lösung: links reden und weiter in der Mitte handeln?
Scholz: Ich glaube, dass wir nun gerade etwas sehr Merkwürdiges erleben. Die Sonntagszeitungen haben alle davon geschrieben, dass die Themen, die der SPD nahe stehen, eine große Mehrheit in Deutschland haben. "Die Zeit" und viele andere diskutieren das Thema, wie kommt denn das. Ich bin darüber gar nicht so verwundert, weil ich selber, aber viele andere auch schon zu Anfang der Großen Koalition gesagt habe, wir werden eine Trendwende erleben.
Während 20 Jahre lang so diskutiert worden ist, als ob der Sozialstaat keine Perspektive hat, wird es am Ende dieser Großen Koalition und nach den sieben Jahren der Regierung Schröder so sein, dass alle so sein wollen wie die SPD. Die einen etwas weitergehender, die anderen etwas konservativer. Sogar die FDP meint, neosozial werden zu wollen. Das ist für die SPD auch nicht immer leicht, aber eine viel bessere Situation, als wir sie zwei Jahrzehnte lang vorgefunden haben.
Ricke: Heißt das die SPD muss nur verharren dort wo sie jetzt steht und alles wird gut?
Scholz: Wir sind das Original und das ist ja vielleicht etwas, auf das es dann manchmal auch ankommt. Im Übrigen sind wir diejenigen, die mit viel Mut, und auch glaube ich mit mancher Blessur dafür gesorgt haben, dass der Sozialstaat in Deutschland wieder funktioniert. Diese Operation ist weitgehend beendet.
Das ist vielleicht etwas, was uns von Vertretern der FDP und auch unseres Koalitionspartners unterscheidet, dass wir glauben, wenn man so etwas macht, muss man irgendwann auch mal den Erfolg der Sache melden. Die Konjunkturzahlen und vieles andere zeigen ja, es war wichtig, dass wir es gemacht haben, aber wir haben es auch hinter uns.
Ricke: Es ist gemacht worden, es ist vollzogen, aber es haben auch einige gelitten, auch bei Ihnen in der Partei. Auch alte Genossen wie Rudolf Dreßler flirten mit Lafontaine und Gysi, beklagen mangelnde Bereitschaft zu einer sozialgerechteren Politik und schielen zur Links-Partei. Wie löst man das?
Scholz: Ob da Rudolf Dreßler richtig interpretiert wird weiß ich nicht. dass er nicht mit allem einverstanden war, ist ja nun keine neue und aktuelle Meldung. Tatsächlich glaube ich, war das eben deshalb mutig, die Dinge zu unternehmen, die wir in den letzten Jahren gemacht haben, um den Sozialstaat wieder zukunftsfest zu machen, weil es nicht bei jedem von Vornherein auf Einverständnis gestoßen ist.
Um so wichtiger ist es aus meiner Perspektive, dass wir sagen, das haben wir jetzt vollbracht. Jetzt gibt es da nicht eine Rutsche, wo es immer weiter geht, sondern wir sind wieder auf gutem Grund, und wir können nach vorne gucken. Wir haben ja auch deutlich gemacht als Sozialdemokratie vor allen anderen, dass es da Ungerechtigkeiten in unserer Gesellschaft gibt, die man aufgreifen muss und wo wir nicht untätig bleiben können.
Das ist etwa die Frage wie sichern wir die Menschen vor ungerechtfertigten schlechten geringen Löhnen ab, das Thema Mindestlohn, die Frage Entsendegesetz und alles, was sich darum herumrankt.
Ricke: Das macht Ihr Parteifreund und Minister Franz Müntefering gerade ganz geschickt, dass er die Mindestlohn-Forderung, mit der man die CDU/CSU gut ärgern kann, mit einer Verbesserung bei den Hartz-IV-Regelsätzen für die Betroffenen verbindet. Ist das die Politik der Zukunft, Hartz IV an die Inflationsrate koppeln, oder sogar noch mehr drauflegen, und dann weiter nach dem Mindestlohn rufen?
Scholz: dass Franz Müntefering geschickt ist, glaube ich schon. Aber so parteipolitisch sollte man die Sache nicht sehen. Es geht ja darum, dass wir einfach sagen, es kann nicht angehen, dass im wachsenden Maße Menschen ganztags arbeiten, und wenn sie ihren Lebensunterhalt bestreiten wollen dann noch ergänzend auf Arbeitslosengeld II angewiesen sind.
Da muss sich etwas ändern und das ist etwas, was viele Menschen in unserem Lande so sehen, wo Deutschland übrigens eines der wenigen Länder ist, das dafür nicht durch einen Mindestlohn eine Vorkehrung getroffen hat. Und die Zeiten sind so, dass das jetzt auf der Tagesordnung steht. Wir haben große Fortschritte erreicht. Das Entsendegesetz ist erweitert worden auf die Gebäudereiniger, was in der Bauwirtschaft gut funktioniert hat. Wir werden jetzt weitere Gruppen einbeziehen können.
Das glaube ich ist zum Beispiel ein Beitrag dazu, dazu beizutragen, dass sich für viele hunderttausende Menschen das Leben erst mal auch schon bei der Arbeit ändert, und wir werden nicht nachlassen zu sagen, es muss eine Grundregel für alle geben. Wenn die SPD bei der nächsten Bundestagswahl stärkste Partei wird, dann gibt es den Mindestlohn in Deutschland auch. Das weiß jeder.
Ricke: Damit ist es auch gesagt. Der Mindestlohn wird das Wahlkampfthema 2008/2009. Deswegen ist Ihr Parteichef jetzt auf Ihrer Sommerreise auch so viel bei örtlichen Betriebsräten?
Scholz: Es geht nicht nur um das Thema, aber es geht zum Beispiel auch darum, dass wir bestimmte Institutionen der Sozialstaatlichkeit in Deutschland fest anfassen und für die Zukunft ausbauen. Dazu gehört zum Beispiel die Mitbestimmung. Dazu gehört die Betriebsverfassung.
Das sind ja vielleicht die wenigen Instrumente, die wir haben, um nicht hilflos den Auswirkungen von Globalisierung gegenüberzustehen, sondern um dafür zu sorgen, dass die Menschen Einfluss nehmen können auf die Geschicke und Unternehmen, anders und besser als in vielen anderen Ländern. Das wollen wir in die Zukunft hineinverlängern.
Ricke: Vielen Dank Olaf Scholz. Er ist der erste Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion.