"Wenn ich mit der Region werbe, dann muss das auch zutreffen"
Das Problem sei, dass die Kriterien für das geplante Siegel für regionale Produkte uneinheitlich sind, meint Jutta Jaksche vom Bundesverband der Verbraucherzentralen. Derzeit hätten wir ein System, "was denjenigen belohnt, der am meisten verspricht und am wenigsten hält".
Frank Meyer: Was ist ein regionales Lebensmittel? Manche Hersteller haben da ein ganz weites Herz und sehen ganz Europa als ihre Region, auch wenn sie auf der Verpackung so tun, als ob ihre Bauern gleich nebenan in der Region ackern würden. Gegen die Schummelei bei den regionalen Produkten will Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner jetzt etwas tun, mit einem freiwilligen Regionalfenster auf Lebensmittelverpackungen.
Diesen Vorschlag diskutieren wir gleich, vorher erzählt ihnen aber Sarah Zerback, wie bisher beim Regionalprodukt herum getrickst wird.
Ja, das möchte Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner erreichen. Was eine Frau vom Fach zu diesem Vorschlag sagt, das besprechen wir jetzt hier im Deutschlandradio Kultur mit Jutta Jaksche vom Bundesverband der Verbraucherzentrale. Sie ist dort für Ernährungspolitik und Lebensmittelqualität zuständig. Seien Sie willkommen, Frau Jaksche!
Jutta Jaksche: Guten Tag!
Meyer: Also nach den Vorstellungen von Ilse Aigner soll in Zukunft gekennzeichnet werden, was mit regional überhaupt gemeint ist, welche Anteile an den Produkten aus der Region kommen und wer es überprüft hat. Das klingt eigentlich ganz vernünftig, oder?
Jaksche: Also es klingt auf jeden Fall schon mal sinnvoll, diese drei Punkte in den Blick zu nehmen, denn davon ist ja auch abhängig, ob der Verbraucher überhaupt verstehen kann, was mit einer solchen Auslobung gemeint ist und ob dahinter auch verlässliche, höherwertige Qualitäten stecken.
Meyer: Und diese Kennzeichnung soll aber nach dem Willen der Bundesverbraucherministerin freiwillig sein. Heißt das jetzt, die Hersteller können entweder diese Angaben raufdrucken oder aber weglassen und dann trotzdem wieder das Ding Landbutter nennen oder sonst wie, also zum Teil auch irreführende Angaben zur regionalen Herkunft machen?
Jaksche: Also, für uns kann ja eigentlich nur Freiwilligkeit bedeuten, dass nicht jeder gezwungen ist, natürlich mit einer solchen Auslobung an den Verbraucher heranzugehen, er muss ja nicht Regionalität drauf schreiben. Aber wenn er es tut, dann sollte er sich verpflichtet fühlen, sich an bestimmte Kriterien zu halten.
Meyer: Und stellen Sie sich da vor, dass dann nur noch dieses Bundessiegel sozusagen drauf sein darf auf Lebensmittelverpackungen und dann andere, sagen wir mal, die glücklichen Kühe irgendwo auf dem Umschlag oder die blühenden Wiesen, dass so was, was auch so unterschwellig Regionalität dann suggeriert, dass das alles verboten ist?
Jaksche: Was wir uns einfach vorstellen, ist zum einen, dass es natürlich eine Stimmigkeit gibt zwischen dem, was da drauf steht, und was da mit Bildern im Sinne der Aufmachung an Informationen weitervermittelt wird, weil es kann nicht sein, dass da eine Kuh beispielsweise auf einer Weide grast, aber das Produkt zwar aus einer bestimmten Region kommt, aber das Tier im Stall steht. Entscheidend ist doch zunächst erst mal, dass der Verbraucher sich verlassen kann, dass wenn jemand Regionalität auslobt und damit vielleicht sogar einen höheren Preis erzielen will für dieses Produkt, dass damit auch höhere Leistungen verbunden sind, und dass diese Leistungen auch einheitlich sind. Wir haben ja Bundesänder, die mit Regionalität loben, wir haben regionale Initiativen, die mit so was loben, beispielsweise die Eifelprodukte, also bestimmte naturräumliche Regionen, aber es gibt ja zum Beispiel auch jetzt ...
Meyer: Entschuldigung - warum reicht das eigentlich nicht aus, wenn Sie sagen, die Bundesländer machen das schon, es gibt regionale Anbieter, die machen das schon, warum muss es dann jetzt auch noch ein Bundessiegel dafür geben?
Jaksche: Das Problem ist, dass diese Kriterien alle uneinheitlich sind. Das heißt, wir haben im Moment eigentlich ein System, was denjenigen belohnt, der am meisten verspricht und am wenigsten hält.
Meyer: Wenn wir jetzt von regional reden, lassen Sie uns auch mal klären, was heißt das überhaupt, regional? Wie weit ziehen Sie da den Kreis? Manche Hersteller sagen ja: Ha, unsere Heimat ist Europa, ganz Europa ist regional.
Jaksche: Also auch da ist es eben wichtig, dass man Kriterien überhaupt einzieht und die dem Verbraucher dann auch kommuniziert. Bisher auch da haben wir ganz, ganz viele verschiedene Systeme, also wir haben die Grenzen von Bundesländern, wir haben die Grenzen von Landkreisen, von Städten, von naturräumlichen Gegebenheiten, also denken Sie zum Beispiel mal an so ein Label wie Rhön oder Eifel. Wichtig ist bei allen ja einfach nur, dass sie nachvollzogen werden können von den Verbrauchern und dass sie stimmen. Wir wollen ja gar nicht eine Einengung haben. Es wäre ja auch schade, wenn wir jetzt sagen, wir ziehen den Kreis jetzt immer nur abhängig von dem Bundesland. Es gibt sehr starke regionale Initiativen. Warum sollen die nicht auch explizit werben? Nur, es muss eben wahrheitsgemäß sein und es muss nachvollzogen werden können vom Verbraucher.
Meyer: Sie haben ja auch das Stichwort Kontrolle schon angesprochen, wenn so ein Regionalfenster, so eine Regionalkennzeichnung kommen sollte, dann muss das kontrolliert werden, sonst macht das keinen Sinn, wenn man nicht drauf schaut, ob das auch wirklich eingehalten wird, und das kostet natürlich so eine Kontrolle. Wer zahlt dafür? Am Ende der Verbraucher wieder?
Jaksche: Am Ende wird natürlich der Verbraucher hier auch zur Kasse gezogen, wenn hier höherwertige Qualitäten oder höhere Qualitäten verkauft werden. Aber auch das wäre ja quasi ein Gewinn für den Verbraucher, denn es gibt viele Verbraucher, die möchten diese Produkte auch nachfragen. Nur wer bezahlt schon gerne etwas in Erwartung, dass es höherwertiger ist, hat aber nicht genau die Sicherheit, dass das auch tatsächlich so der Fall ist.
Meyer: Sie sagen jetzt aber, die Qualität ist höher bei regionalen Produkten. Kann man davon überhaupt so selbstverständlich ausgehen?
Jaksche: Nein, wie gesagt, derzeit ist ein großer Wirrwarr an Produkt- und Prozessqualitäten - also Prozess, wie sind sie hergestellt worden - auf dem Markt anzutreffen, und genau um diese Entwirrung zu erreichen, brauche wir eine Art Basisqualität, dass wir eine Sicherheit für die Verbraucher erst mal erreichen, indem wir sagen, bei diesen Basiskriterien, da gehört auf jeden Fall natürlich dazu: Wo kommen die Rohstoffe her? Monoprodukte, 100 Prozent, das ist für uns ganz klar, wenn ich mit der Region werbe, dann muss das auch zutreffen. Und darüber hinaus könnten ja noch weitere Qualitätskriterien in Angriff genommen werden, je nach dem, was die Regionalinitiative zu leisten bereit ist.
Aber für diese höheren Anstrengungen will sie natürlich auch einen höheren Preis erzielen am Markt, aber das ist auch nachvollziehbar, denn die Hersteller schränken sich ja ein, sie kaufen eben nicht international auf einem globalen Markt, sondern hier beschränken sie sich und haben eben auch Inhaltsstoffe, die sie teurer am Markt einkaufen. Das legen sie auf die Produktkosten natürlich um.
Meyer: Ich würde ja noch mal nachfragen, weil das habe ich noch nicht so ganz verstanden, denn es kann doch genau so gut sein, dass vor meiner Haustür ein Bauer schlampig arbeitet, schlechte Qualität herstellt, genau so gut wie einer, der drei Länder weiterproduziert, also warum sollte regionales Produzieren per se besser sein?
Jaksche: Die Regionalität an sich ist nicht unbedingt ein höheres Qualitätskriterium im Sinne von: Hier ist eine höhere Sicherheit des Lebensmittels, oder hier wurde mit höheren Tierschutzauflagen gearbeitet. Das muss per se natürlich nicht so sein. Aber das genau ist ja die Anforderung. Das ist auch die Forderung der Verbraucherzentralen, dass wenn wir jetzt hier über ein Siegel oder ein Fenster reden, dann erwartet der Verbraucher, dass eben nicht nur hier verkauft wird, ich komme aus der bestimmten Region, sondern ich bin ein Produkt, was eben auch noch höherwertigere Anforderungen erfüllt.
Meyer: Und die Qualität der Lebensmittel ist natürlich nur die eine Seite. Viele Verbraucher kaufen ja auch regional, weil sie denken, sie tun damit eigentlich was für die Umwelt, wäre eigentlich auch logisch, weil zum Beispiel ja lange Transportwege entfallen. Ist das eigentlich richtig gedacht?
Jaksche: Also, es ist auf jeden Fall richtig gedacht, wenn wir sehen, dass Regionalität und Saisonalität - im Zusammenspiel sind die in der Regel aus Umweltgesichtspunkten überlegen. Aber wir wissen natürlich inzwischen, dass vor allen Dingen die Art der Produktion - also wurde ein Produkt zum Beispiel im Gewächshaus angebaut, dass das für das Klima beispielsweise viel schädlicher ist, als wenn ich Produkte transportiere -, also der Transport wird allgemein doch viel stärker überschätzt, was seine negativen Umweltwirkungen anbelangt.
Wenn Produkte beispielsweise in Gewächshäusern angebaut wurden, hat das sehr viel stärkere Auswirkung. Insofern kann man das nicht immer per se sagen, dass es gut ist, ein regionales Produkt nachzufragen. Am besten ist es natürlich, man hat ein Produkt, was gerade auch dann die Saisonalität hat, also was in einer bestimmten Saison erzeugt werden kann, weil die Sonne scheint, dann brauche ich kein Gewächshaus.
Meyer: Also als Gründe, um regional zu kaufen, fällt mir ein, man will umweltbewusst sein, man will auch was gesünderes auf den Teller kriegen. Gibt es da eigentlich weitere Gründe, auf die Sie gestoßen sind bei ihren Untersuchungen?
Jaksche: Wir stellen fest, und das wird auch in aktuellen Befragungen, zum Beispiel von der Nestlé-Studie immer wieder herausgestellt. Es gibt also zum einen den Glauben an die höhere Qualität, das hatten wir ja eben schon besprochen, aber es ist auch der Wunsch bei den Verbrauchern sehr ausgeprägt, zu wissen, woher kommen die Produkte, also dass in einem immer globaler werdenden Markt einfach ein bisschen mehr Kenntnisse und Sicherheit zu gewinnen, aber eben auch die Förderung der lokalen Wirtschaft und auch der Nachhaltigkeit, das interessiert doch sehr viele Verbraucher, weil sie eben zunehmend erkennen, dass bestimmte Produktionsbereiche abwandern, dass Arbeitsplätze verloren gehen, insgesamt, und das scheint doch den Blick eben auch auf die Wertschöpfung im eigenen Land oder in der eigenen Region größer werden zu lassen.
Meyer: Die Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner will ein Regionalfenster, eine Art Siegel zur Kennzeichnung regionaler Produkte, einführen. Das hat sie in dieser Woche verkündet, und darüber haben wir gesprochen mit Jutta Jaksche vom Bundesverband der Verbraucherzentralen. Vielen Dankt für das Gespräch!
Jaksche: Bitte!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Thema 2012-01-25 Falsche Nähe - Regionale Siegel halten nicht immer, was sie versprechen
Diesen Vorschlag diskutieren wir gleich, vorher erzählt ihnen aber Sarah Zerback, wie bisher beim Regionalprodukt herum getrickst wird.
Ja, das möchte Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner erreichen. Was eine Frau vom Fach zu diesem Vorschlag sagt, das besprechen wir jetzt hier im Deutschlandradio Kultur mit Jutta Jaksche vom Bundesverband der Verbraucherzentrale. Sie ist dort für Ernährungspolitik und Lebensmittelqualität zuständig. Seien Sie willkommen, Frau Jaksche!
Jutta Jaksche: Guten Tag!
Meyer: Also nach den Vorstellungen von Ilse Aigner soll in Zukunft gekennzeichnet werden, was mit regional überhaupt gemeint ist, welche Anteile an den Produkten aus der Region kommen und wer es überprüft hat. Das klingt eigentlich ganz vernünftig, oder?
Jaksche: Also es klingt auf jeden Fall schon mal sinnvoll, diese drei Punkte in den Blick zu nehmen, denn davon ist ja auch abhängig, ob der Verbraucher überhaupt verstehen kann, was mit einer solchen Auslobung gemeint ist und ob dahinter auch verlässliche, höherwertige Qualitäten stecken.
Meyer: Und diese Kennzeichnung soll aber nach dem Willen der Bundesverbraucherministerin freiwillig sein. Heißt das jetzt, die Hersteller können entweder diese Angaben raufdrucken oder aber weglassen und dann trotzdem wieder das Ding Landbutter nennen oder sonst wie, also zum Teil auch irreführende Angaben zur regionalen Herkunft machen?
Jaksche: Also, für uns kann ja eigentlich nur Freiwilligkeit bedeuten, dass nicht jeder gezwungen ist, natürlich mit einer solchen Auslobung an den Verbraucher heranzugehen, er muss ja nicht Regionalität drauf schreiben. Aber wenn er es tut, dann sollte er sich verpflichtet fühlen, sich an bestimmte Kriterien zu halten.
Meyer: Und stellen Sie sich da vor, dass dann nur noch dieses Bundessiegel sozusagen drauf sein darf auf Lebensmittelverpackungen und dann andere, sagen wir mal, die glücklichen Kühe irgendwo auf dem Umschlag oder die blühenden Wiesen, dass so was, was auch so unterschwellig Regionalität dann suggeriert, dass das alles verboten ist?
Jaksche: Was wir uns einfach vorstellen, ist zum einen, dass es natürlich eine Stimmigkeit gibt zwischen dem, was da drauf steht, und was da mit Bildern im Sinne der Aufmachung an Informationen weitervermittelt wird, weil es kann nicht sein, dass da eine Kuh beispielsweise auf einer Weide grast, aber das Produkt zwar aus einer bestimmten Region kommt, aber das Tier im Stall steht. Entscheidend ist doch zunächst erst mal, dass der Verbraucher sich verlassen kann, dass wenn jemand Regionalität auslobt und damit vielleicht sogar einen höheren Preis erzielen will für dieses Produkt, dass damit auch höhere Leistungen verbunden sind, und dass diese Leistungen auch einheitlich sind. Wir haben ja Bundesänder, die mit Regionalität loben, wir haben regionale Initiativen, die mit so was loben, beispielsweise die Eifelprodukte, also bestimmte naturräumliche Regionen, aber es gibt ja zum Beispiel auch jetzt ...
Meyer: Entschuldigung - warum reicht das eigentlich nicht aus, wenn Sie sagen, die Bundesländer machen das schon, es gibt regionale Anbieter, die machen das schon, warum muss es dann jetzt auch noch ein Bundessiegel dafür geben?
Jaksche: Das Problem ist, dass diese Kriterien alle uneinheitlich sind. Das heißt, wir haben im Moment eigentlich ein System, was denjenigen belohnt, der am meisten verspricht und am wenigsten hält.
Meyer: Wenn wir jetzt von regional reden, lassen Sie uns auch mal klären, was heißt das überhaupt, regional? Wie weit ziehen Sie da den Kreis? Manche Hersteller sagen ja: Ha, unsere Heimat ist Europa, ganz Europa ist regional.
Jaksche: Also auch da ist es eben wichtig, dass man Kriterien überhaupt einzieht und die dem Verbraucher dann auch kommuniziert. Bisher auch da haben wir ganz, ganz viele verschiedene Systeme, also wir haben die Grenzen von Bundesländern, wir haben die Grenzen von Landkreisen, von Städten, von naturräumlichen Gegebenheiten, also denken Sie zum Beispiel mal an so ein Label wie Rhön oder Eifel. Wichtig ist bei allen ja einfach nur, dass sie nachvollzogen werden können von den Verbrauchern und dass sie stimmen. Wir wollen ja gar nicht eine Einengung haben. Es wäre ja auch schade, wenn wir jetzt sagen, wir ziehen den Kreis jetzt immer nur abhängig von dem Bundesland. Es gibt sehr starke regionale Initiativen. Warum sollen die nicht auch explizit werben? Nur, es muss eben wahrheitsgemäß sein und es muss nachvollzogen werden können vom Verbraucher.
Meyer: Sie haben ja auch das Stichwort Kontrolle schon angesprochen, wenn so ein Regionalfenster, so eine Regionalkennzeichnung kommen sollte, dann muss das kontrolliert werden, sonst macht das keinen Sinn, wenn man nicht drauf schaut, ob das auch wirklich eingehalten wird, und das kostet natürlich so eine Kontrolle. Wer zahlt dafür? Am Ende der Verbraucher wieder?
Jaksche: Am Ende wird natürlich der Verbraucher hier auch zur Kasse gezogen, wenn hier höherwertige Qualitäten oder höhere Qualitäten verkauft werden. Aber auch das wäre ja quasi ein Gewinn für den Verbraucher, denn es gibt viele Verbraucher, die möchten diese Produkte auch nachfragen. Nur wer bezahlt schon gerne etwas in Erwartung, dass es höherwertiger ist, hat aber nicht genau die Sicherheit, dass das auch tatsächlich so der Fall ist.
Meyer: Sie sagen jetzt aber, die Qualität ist höher bei regionalen Produkten. Kann man davon überhaupt so selbstverständlich ausgehen?
Jaksche: Nein, wie gesagt, derzeit ist ein großer Wirrwarr an Produkt- und Prozessqualitäten - also Prozess, wie sind sie hergestellt worden - auf dem Markt anzutreffen, und genau um diese Entwirrung zu erreichen, brauche wir eine Art Basisqualität, dass wir eine Sicherheit für die Verbraucher erst mal erreichen, indem wir sagen, bei diesen Basiskriterien, da gehört auf jeden Fall natürlich dazu: Wo kommen die Rohstoffe her? Monoprodukte, 100 Prozent, das ist für uns ganz klar, wenn ich mit der Region werbe, dann muss das auch zutreffen. Und darüber hinaus könnten ja noch weitere Qualitätskriterien in Angriff genommen werden, je nach dem, was die Regionalinitiative zu leisten bereit ist.
Aber für diese höheren Anstrengungen will sie natürlich auch einen höheren Preis erzielen am Markt, aber das ist auch nachvollziehbar, denn die Hersteller schränken sich ja ein, sie kaufen eben nicht international auf einem globalen Markt, sondern hier beschränken sie sich und haben eben auch Inhaltsstoffe, die sie teurer am Markt einkaufen. Das legen sie auf die Produktkosten natürlich um.
Meyer: Ich würde ja noch mal nachfragen, weil das habe ich noch nicht so ganz verstanden, denn es kann doch genau so gut sein, dass vor meiner Haustür ein Bauer schlampig arbeitet, schlechte Qualität herstellt, genau so gut wie einer, der drei Länder weiterproduziert, also warum sollte regionales Produzieren per se besser sein?
Jaksche: Die Regionalität an sich ist nicht unbedingt ein höheres Qualitätskriterium im Sinne von: Hier ist eine höhere Sicherheit des Lebensmittels, oder hier wurde mit höheren Tierschutzauflagen gearbeitet. Das muss per se natürlich nicht so sein. Aber das genau ist ja die Anforderung. Das ist auch die Forderung der Verbraucherzentralen, dass wenn wir jetzt hier über ein Siegel oder ein Fenster reden, dann erwartet der Verbraucher, dass eben nicht nur hier verkauft wird, ich komme aus der bestimmten Region, sondern ich bin ein Produkt, was eben auch noch höherwertigere Anforderungen erfüllt.
Meyer: Und die Qualität der Lebensmittel ist natürlich nur die eine Seite. Viele Verbraucher kaufen ja auch regional, weil sie denken, sie tun damit eigentlich was für die Umwelt, wäre eigentlich auch logisch, weil zum Beispiel ja lange Transportwege entfallen. Ist das eigentlich richtig gedacht?
Jaksche: Also, es ist auf jeden Fall richtig gedacht, wenn wir sehen, dass Regionalität und Saisonalität - im Zusammenspiel sind die in der Regel aus Umweltgesichtspunkten überlegen. Aber wir wissen natürlich inzwischen, dass vor allen Dingen die Art der Produktion - also wurde ein Produkt zum Beispiel im Gewächshaus angebaut, dass das für das Klima beispielsweise viel schädlicher ist, als wenn ich Produkte transportiere -, also der Transport wird allgemein doch viel stärker überschätzt, was seine negativen Umweltwirkungen anbelangt.
Wenn Produkte beispielsweise in Gewächshäusern angebaut wurden, hat das sehr viel stärkere Auswirkung. Insofern kann man das nicht immer per se sagen, dass es gut ist, ein regionales Produkt nachzufragen. Am besten ist es natürlich, man hat ein Produkt, was gerade auch dann die Saisonalität hat, also was in einer bestimmten Saison erzeugt werden kann, weil die Sonne scheint, dann brauche ich kein Gewächshaus.
Meyer: Also als Gründe, um regional zu kaufen, fällt mir ein, man will umweltbewusst sein, man will auch was gesünderes auf den Teller kriegen. Gibt es da eigentlich weitere Gründe, auf die Sie gestoßen sind bei ihren Untersuchungen?
Jaksche: Wir stellen fest, und das wird auch in aktuellen Befragungen, zum Beispiel von der Nestlé-Studie immer wieder herausgestellt. Es gibt also zum einen den Glauben an die höhere Qualität, das hatten wir ja eben schon besprochen, aber es ist auch der Wunsch bei den Verbrauchern sehr ausgeprägt, zu wissen, woher kommen die Produkte, also dass in einem immer globaler werdenden Markt einfach ein bisschen mehr Kenntnisse und Sicherheit zu gewinnen, aber eben auch die Förderung der lokalen Wirtschaft und auch der Nachhaltigkeit, das interessiert doch sehr viele Verbraucher, weil sie eben zunehmend erkennen, dass bestimmte Produktionsbereiche abwandern, dass Arbeitsplätze verloren gehen, insgesamt, und das scheint doch den Blick eben auch auf die Wertschöpfung im eigenen Land oder in der eigenen Region größer werden zu lassen.
Meyer: Die Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner will ein Regionalfenster, eine Art Siegel zur Kennzeichnung regionaler Produkte, einführen. Das hat sie in dieser Woche verkündet, und darüber haben wir gesprochen mit Jutta Jaksche vom Bundesverband der Verbraucherzentralen. Vielen Dankt für das Gespräch!
Jaksche: Bitte!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Thema 2012-01-25 Falsche Nähe - Regionale Siegel halten nicht immer, was sie versprechen