Wenn Liebe eingetauscht wird gegen Gold
Eine blutige Geschichte von Raub, Verrat und Brudermord: Das deutsch-deutsche Ringprojekt startet in Ludwigshafen mit Wagners "Rheingold". Hansgünther Heyme inszeniert die Oper als ebenso göttliche wie menschliche Komödie.
Das Wagner-Jahr 2013 wirft seine Schatten voraus, dann ist es 200 Jahre her, dass der Komponist und Dichter in Leipzig geboren wurde und vor 130 Jahren in Venedig starb. Aus diesem Anlass werden etliche "Ringe" geschmiedet. Die Tetralogie "Der Ring des Nibelungen" wird da, wo sie schon im Repertoire ist, erneuert oder in ehrgeizigen Projekten inszeniert. Da wagen sich auch mittlere Opernbühnen an das monumentale Werk in drei Teilen und einem Vorspiel, das in seiner einzigartigen Musiktheaterästhetik bis heute für Dirigenten, Regisseure und vor allem Sänger eine enorme Herausforderung bedeutet.
Die Ankündigung, im 20. Jahr der deutschen Einheit, ein deutsch-deutsches Ring-Projekt als Gemeinschaftsproduktion der Oper Halle und des Theaters im Pfalzbau Ludwigshafen zu starten und bis 2013 zu vollenden, weckt reges Interesse. Mit der Premiere "Das Rheingold" hat das Projekt erfolgreich im Rahmen eines umfangreichen Begleitprogramms begonnen.
Ab 19. November wird die Inszenierung von Hansgünther Heyme, dem Chef das Theaters im Pfalzbau, unter der musikalischen Leitung von Karl-Heinz Steffens, zugleich Chef der Deutschen Philharmonie Rheinland-Pfalz und der Staatskapelle in Halle, in der Saalestadt mit dem eigenen Orchester zu erleben sein.
Mit nur drei Gästen, Gérard Kim als Wotan, Paul McNamara als Loge und Julia Faylenbogen als Erda, stellt die Oper Halle ein Ensemble, das sich wahrhaft hören und sehen lassen kann. Hansgünther Heyme, Jahrgang 1935, repräsentiert ganze Kapitel deutscher Theatergeschichte. Vor 30 Jahren hat er schon einmal "Das Rheingold" inszeniert, in Nürnberg, die weitere Arbeit am Ring dann aber abgebrochen, zu nahe noch waren die Erinnerungen an den nationalsozialistischen Missbrauch von Wagners Werk.
Jetzt versucht er – so im "Rheingold" –, die blutige Geschichte von Raub, Verrat, Vertragsbruch, verkauften Frauen, Brudermord und brutaler Ausschaltung von Konkurrenten zum Zwecke der Sicherung eigener Machtansprüche als Welttheater, als göttliche und menschliche Komödie zu zeigen und lässt dabei den Schein der Hoffnung nicht verglimmen.
Auf einem Zwischenvorhang, in einem Mosaik von Bildern, die Kinder und Jugendliche gemalt haben, als Kommentare zu einem Zitat des Hoffnungstheoretikers Ernst Bloch, "Vorschein auf der fernsichtlichen Höhe der Zeit", mag man so etwas wie den Haussegen sehen, ein Bild der Hoffnung gegen allen Augenschein. Wenn sich der bunte Vorhang hebt, dann hängt der Haussegen auf der Bühne nämlich bald gewaltig schief, denn hier wird so komisch wie erbarmungslos durchgespielt, was folgt, wenn Liebe eingetauscht wird gegen Gold.
Zwischen einem Theaterfundus und einer bedrohlichen schwarzen Wand mit Zahlen und Buchstaben machen sich Götter auf sehr menschliche Weise lächerlich und spielen sich Menschen göttlich auf. Mitunter glaubt man, auf der Operettenbühne bei Offenbach zu sein, dann wieder in den Fantasiewelten des Comics und der Mangas, aber Achtung, hier sind bleiche Kinder Todesboten und schuften als Sklaven in Alberichs dunklen Verließen und Wotan selbst reißt dem Nibelungen den Finger gleich mit ab, um an den Ring zu gelangen.
Und dann erfahren wir auch, was es mit der Wand auf sich hat, das sind unzählige Kästen für die Utensilien aller, die in dieser Geschichte sterben müssen, es ist anzunehmen, dass sich im Verlauf der nächsten Teile noch etliche Kästen füllen werden. Einmal wird diese Mauer des Grauens für Momente um einen Spalt geöffnet, wenn Julia Faylenbogen als Erda ihre tief berührende Warnung an Wotan singt. Er hört nicht auf sie, das Spiel geht weiter.
Karl-Heinz Steffens ist den Sängerinnen und Sängern ein verlässlicher Anwalt, er versteht es zudem, den Spannungsbogen zu halten von den ersten kaum vernehmbaren Tönen, die aus der Tiefe aufsteigen, übergehen in die noch ungetrübte Melodik der Rheintöchter, bis hin zum hymnisch schmetternden Schluss, der übertönen soll, dass die Burg, zu der Wotan seine Sippe führt, wie alles weitere seiner Schöpfung keinen Bestand haben wird. Und die Hallenser Rheintöchter, wo hört man so jungen, klaren Gesang, der das Gold leuchten lässt und dessen Klage um den Raub desselben von erschütternder Wirkung ist.
Gerd Vogel ist Alberich, prägnant im Spiel, kraftvoll im Gesang. Besonders perfide der Gegensatz zwischen dem edlen, noblen Maß im Gesang des Baritons Gérard Kim und seinen Verbrechen als Wotan. Paul McNamara ist als Loge der Mann des Feuerzaubers, der Blendung, immer das leichte Lächeln, die Ironie und den Abstand im Klang. Und als weitere Vertreterin des großartigen Ensembles aus Halle gibt Ulrike Schneider ihre Fricka direkt, klar und kraftvoll und weiß dennoch die Facetten der Verletzlichkeit einzubringen.
Teil eins eines sicherlich ehrgeizigen Unternehmens ist gelungen, nicht zuletzt weil eine solche Art des Musiktheaters mit deutlichen Bezügen zu besten Traditionen des Volkstheaters geeignet sein könnte, neue und jüngere Publikumsgruppen anzusprechen.
Die Ankündigung, im 20. Jahr der deutschen Einheit, ein deutsch-deutsches Ring-Projekt als Gemeinschaftsproduktion der Oper Halle und des Theaters im Pfalzbau Ludwigshafen zu starten und bis 2013 zu vollenden, weckt reges Interesse. Mit der Premiere "Das Rheingold" hat das Projekt erfolgreich im Rahmen eines umfangreichen Begleitprogramms begonnen.
Ab 19. November wird die Inszenierung von Hansgünther Heyme, dem Chef das Theaters im Pfalzbau, unter der musikalischen Leitung von Karl-Heinz Steffens, zugleich Chef der Deutschen Philharmonie Rheinland-Pfalz und der Staatskapelle in Halle, in der Saalestadt mit dem eigenen Orchester zu erleben sein.
Mit nur drei Gästen, Gérard Kim als Wotan, Paul McNamara als Loge und Julia Faylenbogen als Erda, stellt die Oper Halle ein Ensemble, das sich wahrhaft hören und sehen lassen kann. Hansgünther Heyme, Jahrgang 1935, repräsentiert ganze Kapitel deutscher Theatergeschichte. Vor 30 Jahren hat er schon einmal "Das Rheingold" inszeniert, in Nürnberg, die weitere Arbeit am Ring dann aber abgebrochen, zu nahe noch waren die Erinnerungen an den nationalsozialistischen Missbrauch von Wagners Werk.
Jetzt versucht er – so im "Rheingold" –, die blutige Geschichte von Raub, Verrat, Vertragsbruch, verkauften Frauen, Brudermord und brutaler Ausschaltung von Konkurrenten zum Zwecke der Sicherung eigener Machtansprüche als Welttheater, als göttliche und menschliche Komödie zu zeigen und lässt dabei den Schein der Hoffnung nicht verglimmen.
Auf einem Zwischenvorhang, in einem Mosaik von Bildern, die Kinder und Jugendliche gemalt haben, als Kommentare zu einem Zitat des Hoffnungstheoretikers Ernst Bloch, "Vorschein auf der fernsichtlichen Höhe der Zeit", mag man so etwas wie den Haussegen sehen, ein Bild der Hoffnung gegen allen Augenschein. Wenn sich der bunte Vorhang hebt, dann hängt der Haussegen auf der Bühne nämlich bald gewaltig schief, denn hier wird so komisch wie erbarmungslos durchgespielt, was folgt, wenn Liebe eingetauscht wird gegen Gold.
Zwischen einem Theaterfundus und einer bedrohlichen schwarzen Wand mit Zahlen und Buchstaben machen sich Götter auf sehr menschliche Weise lächerlich und spielen sich Menschen göttlich auf. Mitunter glaubt man, auf der Operettenbühne bei Offenbach zu sein, dann wieder in den Fantasiewelten des Comics und der Mangas, aber Achtung, hier sind bleiche Kinder Todesboten und schuften als Sklaven in Alberichs dunklen Verließen und Wotan selbst reißt dem Nibelungen den Finger gleich mit ab, um an den Ring zu gelangen.
Und dann erfahren wir auch, was es mit der Wand auf sich hat, das sind unzählige Kästen für die Utensilien aller, die in dieser Geschichte sterben müssen, es ist anzunehmen, dass sich im Verlauf der nächsten Teile noch etliche Kästen füllen werden. Einmal wird diese Mauer des Grauens für Momente um einen Spalt geöffnet, wenn Julia Faylenbogen als Erda ihre tief berührende Warnung an Wotan singt. Er hört nicht auf sie, das Spiel geht weiter.
Karl-Heinz Steffens ist den Sängerinnen und Sängern ein verlässlicher Anwalt, er versteht es zudem, den Spannungsbogen zu halten von den ersten kaum vernehmbaren Tönen, die aus der Tiefe aufsteigen, übergehen in die noch ungetrübte Melodik der Rheintöchter, bis hin zum hymnisch schmetternden Schluss, der übertönen soll, dass die Burg, zu der Wotan seine Sippe führt, wie alles weitere seiner Schöpfung keinen Bestand haben wird. Und die Hallenser Rheintöchter, wo hört man so jungen, klaren Gesang, der das Gold leuchten lässt und dessen Klage um den Raub desselben von erschütternder Wirkung ist.
Gerd Vogel ist Alberich, prägnant im Spiel, kraftvoll im Gesang. Besonders perfide der Gegensatz zwischen dem edlen, noblen Maß im Gesang des Baritons Gérard Kim und seinen Verbrechen als Wotan. Paul McNamara ist als Loge der Mann des Feuerzaubers, der Blendung, immer das leichte Lächeln, die Ironie und den Abstand im Klang. Und als weitere Vertreterin des großartigen Ensembles aus Halle gibt Ulrike Schneider ihre Fricka direkt, klar und kraftvoll und weiß dennoch die Facetten der Verletzlichkeit einzubringen.
Teil eins eines sicherlich ehrgeizigen Unternehmens ist gelungen, nicht zuletzt weil eine solche Art des Musiktheaters mit deutlichen Bezügen zu besten Traditionen des Volkstheaters geeignet sein könnte, neue und jüngere Publikumsgruppen anzusprechen.