Wer hat den Höchsten?

Von Markus Rimmele |
Mit 632 Metern hat China nach Dubai den zweithöchsten Wolkenkratzer der Welt. In Shanghai-Pudong degradiert er die umliegenden Hochhäuser zu Zwergentürmchen. Die Freude an dem neuen Rekord dürfte aber von kurzer Dauer sein - denn anderswo sind noch höhere Gebäude in Planung.
Lang und dünn überragt der Shanghai Tower die 24-Millionen-Metropole, degradiert die Hochhäuser drumherum zu Zwergentürmchen. An den unteren Stockwerken ist schon die spiralförmige doppelwandige Glasfassade montiert. Die äußere Schicht legt sich wie bei einer Thermoskanne als zweite Haut um den Gebäudekern herum. Das spart Energie.

Ein komplexes Bauwerk - mit der höchstgelegenen Aussichtsplattform der Welt, 240 Windrädern zur Stromerzeugung, 106 Aufzügen, darunter den derzeit schnellsten auf dem Globus. Entworfen hat den Shanghai Tower das Architekturbüro Gensler in San Francisco. Er ist so etwas wie der Schlussstein der Skyline von Shanghai Pudong, der letzte und höchste von drei Super-Wolkenkratzern. Sie stehen alle rund um dieselbe Straßenkreuzung.

"Es gibt da eine mathematische Logik hinter der Höhe der drei Gebäude", sagt Gu Jianping, der Chef der verantwortlichen Baufirma. Der Jinmao-Turm ist 422 Meter hoch. Das World Financial Center daneben 70 Meter höher. Der Shanghai Tower wiederum ist 140 Meter höher als das World Financial Center, also mit doppeltem Abstand. "Wir haben die Skyline genau geplant. Wir wollen, dass diese drei Gebäude ein harmonisches Ganzes ergeben."

Das am höchsten gelegene Hotel der Welt
Der Shanghai Tower ist vor allem ein Büroturm. Auf den obersten Stockwerken plant der chinesische Hotelkonzern Jinjiang ein Luxushotel. Die Lobby liegt auf dem 101. Stock. Der Deutsche Bernold Schröder ist zuständig fürs internationale Geschäft bei Jinjiang.

"Es hat sich über die letzten Jahre etwas eingebürgert, was es eigentlich nicht offiziell gibt. Das ist das sogenannte 6-Sterne-Hotel. Wir bauen ein Produkt in Shanghai mit sehr, sehr großen Zimmern, über 64 Quadratmeter. Und das nennen wir Ultra-Luxury. Das Hotel wird 2015 eröffnen und das höchste Hotel in China sein."

Sogar das höchst gelegene Hotel weltweit.

Doch wohl nicht mehr lange. In der Stadt Shenzhen bei Hongkong und in Wuhan am Jangtse sind bereits noch höhere Wolkenkratzer in Bau. Im südchinesischen Changsha soll angeblich gar das höchste Gebäude der Welt entstehen, Sky City, ein 838-Meter-Turm. Chinas Metropolen überbieten sich gegenseitig. Und das obwohl der Büroleerstand zunimmt, mahnen Kritiker. Auch um die Sicherheit machen sich manche Bürger Sorgen. In der Nähe des Shanghai Tower senkte sich im vergangenen Jahr der Boden. Ein Riss im Asphalt schreckte die Stadt auf.

"Die Gebäude hier konkurrieren in der Höhe, aber nicht in der Qualität", sagt ein Shanghaier. "Die Höhe soll politischen Erfolg symbolisieren. Deshalb will die Regierung solche Gebäude. Was bringt es denn, das höchste Gebäude in Asien zu haben! Wenn das hier einstürzt, wäre das schlimmer als der 11. September."

Immerhin: Für Shanghai ist derzeit kein weiterer Megaturm in Planung. Und auch anderswo im Land könnte der sündhaft teure Wolkenkratzerboom zu Ende gehen. Die Wirtschaft wächst langsamer. Das Geld wird knapp für Prestigeprojekte. Sollte der sogenannte Skyscraper Index recht behalten, drohen China ohnehin schlechte Zeiten. Der Theorie zufolge waren neue besonders hohe Gebäude in der Geschichte oft die Vorboten von Wirtschaftskrisen.
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