Der glückliche Ödipus
Emmanuel Macron hat alle überrascht - so schnell ist noch niemand ohne Partei im Rücken aufgestiegen. Wer ist dieser Mann? Die Kulturwissenschaftlerin Barbara Vinken blickt vor allem auf Macrons Liebe zu seiner deutlich älteren Frau - und hält sie für segensreich.
Emmanuel Macron, der strahlende Sieger in Frankreich, hat seine Bewegung "En Marche" genannt - gestern Abend, bei seinem ersten Auftritt als gewählter Präsident, brauchte er dann tatsächlich mehrere Minuten, bis er die Bühne erreicht hatte. Macron sei hier im wirklichen Sinne "en Marche" gewesen, sagte die Kulturwissenschaftlerin Barbara Vinken im Deutschlandfunk Kultur. Und das zur Europa-Hymne und nicht zur französischen Nationalhymne:
"Im Zeichen eines neuen Humanismus, im Zeichen einer neuen Liebe, einer neuen Öffnung, einer neuen republikanischen Vereinigung."
Hoffnung, Zuversicht und Zusammengehörigkeit
Vinken attestiert Macron ein "starkes Charisma", er habe Frankreich in kurzer Zeit erobert. Die Vergleiche mit Napoleon findet sie aber nicht treffend - schließlich sei Macron fest im Republikanischem verankert.
Sie sieht den jungen Macron mit seinen 39 Lebensjahren als "Sohn Frankreichs" - und als "glücklichen" und "erfüllten Ödipus" ohne tragisches Ende, der eine Mutterfigur geheiratet habe. Das sei eine "wunderbare Umkehr" der "Trophäen-Gattin", die man sonst überall sehe, so Vinken:
"Es ist der Sohn, der symbolisch da an die Macht gekommen ist, und seine Jugend ist natürlich auch ein ganz starkes Indiz für Veränderung, aber auch, und das ist vielleicht noch wichtiger, für diese Offenheit, für diese Fähigkeit, Hoffnung und Zuversicht und Zusammengehörigkeit eher auszustrahlen als Trennung."
(ahe)