Es braucht Robustheit und Gestaltungsdrang
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Bald wissen wir, wen Union und Grüne in die Schlacht ums Kanzleramt schicken. Was eine(r) mitbringen muss, um nach dem höchsten Amt im Staat zu greifen, erklärt der Politikwissenschaftler Karl-Rudolf Korte.
Sicher ist mit Blick auf die Bundestagswahl im Herbst momentan nur eins: Angela Merkel wird ihre Macht abgeben. Die nächste Bundeskanzlerin oder der nächste Bundeskanzler kommt nach dem aktuellen Stand der Umfragen und koalitionären Rechenspielen aus der Union oder hat ein grünes Parteibuch.
Die Grünen wollen am 19. April bekannt geben, ob sie Robert Habeck oder Annalena Baerbock ins Rennen schicken. Die Union hat noch keinen konkreten Termin für die Kür des Kanzlerkandidaten benannt, will das aber vor Pfingsten tun. Wahrscheinlich wird es CDU-Chef Armin Laschet – oder vielleicht doch Markus Söder. Für die Sozialdemokraten tritt Olaf Scholz an.
Was braucht man, um sich als Politiker bis ins Bundeskanzleramt vorzuarbeiten? Man müsse vor allem sehr robust sein, sagt der Politikwissenschaftler Karl-Rudolf Korte von der Universität Duisburg-Essen.
Macht als Selbstzweck ist eher die Ausnahme
Auch einen "Gestaltungsdrang" hält der Politologe für eine wesentliche Voraussetzung. Die Macht als Selbstzweck sei unter Politikern in Deutschland eher die Ausnahme, betont er. Um dann später die Macht zu erhalten, braucht das politische Spitzenpersonal laut Korte auch noch jede Menge Enttäuschungsresistenz.
"Politik ist Macht als Beruf", sagt Korte. Sach- und Machtfragen gehörten zusammen. Wer schließlich ganz oben steht, kann dann durchaus seinen eigenen Stil entwickeln.
Angela Merkel attestiert Korte beispielsweise "Führung mit Büroleitercharme". Sie sei nüchtern "bis an die Schmerzgrenze". Das sei auch "Abgrenzung zu den Schröder-Jahren, der protz- und kraftmeiernd daherkam".
Politische Möglichkeiten und Gestaltungsziele
Merkel habe die Politik bestimmt, ohne dass man oft ihren Anteil an Entscheidungen klar habe erkennen können, so Korte. Dienend, an der Wirklichkeit orientiert, Probleme für alle abräumen: Das mache die amtierende Bundeskanzlerin aus. "So haben die meisten sie dann auch wiedergewählt."
Doch zugleich hat Merkel laut Korte die politischen Möglichkeiten zu sehr außer Acht gelassen. "Und ohne Möglichkeiten fehlen oft dann auch Gestaltungsziele", sagt er. An das Fehlen dieser hätten sich die Deutschen über 16 Jahre hinweg gewöhnt.
(ahe)