Wer überwacht die Überwacher?
Eine Überwachung wie in den USA sei in Europa oder gar in Deutschland gar nicht möglich, heißt es. Wer mag dies glauben? Tatsächlich stellt sich zunehmend die Frage, wer uns vor unseren Überwachern schützen kann, meint der Buchautor Thore D. Hansen.
Da ist es wieder. Das Schreckgespenst eines orwellschen Überwachungsstaates geistert durch die Medien. Diese sind plötzlich hellwach, weil ein aktiver Mitarbeiter der NSA, Edward Snowden, verraten hat, was wir insgeheim seit langem ahnen: Möglichst umfangreich soll überwacht werden, was wir sagen, denken und schreiben, um uns vor dem internationalen Terrorismus zu schützen.
Aber wer fragt danach, welches Potenzial diese Überwachung hat? Wer prüft, ob die Öffentlichkeit darüber richtig informiert wird? Gut beraten ist, wer hier zweifelt. Zweifellos nutzen Extremisten das Internet für ihre Hetze. Aber kein einziger Anschlag wurde und wird verhindert werden, weil Internet und Telefon überwacht sind, denn so leicht machen es uns die potentiellen Täter eben nicht.
Die Bedrohungslagen sind allesamt fragwürdig, für die in den USA wie in der Europäischen Union seit zehn Jahren sukzessive Bürgerrechte geopfert werden. Mehr noch, das Potenzial der Sicherheitsbehörden ist so groß und die gesetzliche Grauzone so weitreichend, dass der Nutzen der Verbrechensbekämpfung weitaus geringer ist als das Risiko des Missbrauches.
Das passende Zitat stammt ausgerechnet von einem der Gründerväter der Vereinigten Staaten von Amerika, von Benjamin Franklin: "Wer die Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, der wird am Ende beides verlieren."
Woher kommt die plötzliche Empörung? Die Aktivitäten der US-Geheimdienste sind alles andere als geheim. Bereits im März 2012 wurden Pläne der NSA für den Bau des Utah-Data-Center im Nachrichtenmagazin "Wired" veröffentlicht und auch der Ausbau der gesamten US-Spionageinfrastruktur ist längst, zumindest im Netz und unter Experten, bekannt gewesen.
Aber wer fragt danach, welches Potenzial diese Überwachung hat? Wer prüft, ob die Öffentlichkeit darüber richtig informiert wird? Gut beraten ist, wer hier zweifelt. Zweifellos nutzen Extremisten das Internet für ihre Hetze. Aber kein einziger Anschlag wurde und wird verhindert werden, weil Internet und Telefon überwacht sind, denn so leicht machen es uns die potentiellen Täter eben nicht.
Die Bedrohungslagen sind allesamt fragwürdig, für die in den USA wie in der Europäischen Union seit zehn Jahren sukzessive Bürgerrechte geopfert werden. Mehr noch, das Potenzial der Sicherheitsbehörden ist so groß und die gesetzliche Grauzone so weitreichend, dass der Nutzen der Verbrechensbekämpfung weitaus geringer ist als das Risiko des Missbrauches.
Das passende Zitat stammt ausgerechnet von einem der Gründerväter der Vereinigten Staaten von Amerika, von Benjamin Franklin: "Wer die Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, der wird am Ende beides verlieren."
Woher kommt die plötzliche Empörung? Die Aktivitäten der US-Geheimdienste sind alles andere als geheim. Bereits im März 2012 wurden Pläne der NSA für den Bau des Utah-Data-Center im Nachrichtenmagazin "Wired" veröffentlicht und auch der Ausbau der gesamten US-Spionageinfrastruktur ist längst, zumindest im Netz und unter Experten, bekannt gewesen.
"Minority Report" lässt grüßen
Was hat die Medien jetzt wachgerüttelt? Die deutsche Kanzlerin wird ihre Landsleute nicht vor der NSA und der CIA schützen können. Und die Hilfeschreie von Google, Facebook und Co. sind ohnehin wenig glaubwürdig. Google unterhält seit Jahren gemeinsame Projekte mit der CIA, darunter das schillernd klingende Projekt "Recorded Future", um Nutzerprofile zu erstellen, die aus vergangenen Spuren auf künftiges Verhalten schließen lassen.
"Minority Report" lässt grüßen, jener Thriller von Steven Spielberg aus dem Jahr 2002, der davon erzählt, wie es wäre, wenn die Polizei Straftaten vorhersehen könnte – mit geheimnisvollen Fähigkeiten.
Doch Geheimdienste haben ein Problem. Ihre Geheimnisse bleiben nicht mehr geheim, da immer mehr Mitarbeiter bereit sind, dubiose Praktiken von den Dächern zu pfeifen, weil Bürgerrechten ins Gesicht getreten wird. Zuletzt erst berichteten auf dem Treffen des Chaos-Computer-Clubs im Dezember 2012 zwei Whistleblower der NSA ganz unmissverständlich, wie kurz wir vor einem schlüsselfertigen Überwachungsstaat stehen.
Doch wie steht es mit Europa und Deutschland? Es war deutsche Spionagesoftware, die in zahlreichen Staaten des Nahen Ostens im arabischen Frühling gegen Regimegegner eingesetzt wurde, und es ist die EU, die mit Programmen wie INDECT die totale Überwachung des öffentlichen Raumes anstrebt.
So kann es schon mal vorkommen, dass man präventiv verhaftet wird, wenn man einem verpassten Bus allzu verhaltensauffällig hinterher läuft. Die EU hat auch Pläne in der Schublade, um soziale Netzwerke nicht nur zu nutzen, um Fluthelfer zu akkreditieren, sondern auch um Aufstände vorherzusagen.
Offiziell wird abgewiegelt. Eine Überwachung wie in den Vereinigten Staaten sei in Europa oder gar in Deutschland gar nicht möglich. Wer mag dies glauben? Tatsächlich stellt sich zunehmend die Frage, wer uns vor unseren Überwachern schützen kann.
Die Einsicht, durch Behörden nicht etwa geschützt, sondern akut gefährdet zu sein, hat die Medien wachgerüttelt und beginnt die Menschen zu empören. Es braucht jetzt sofort Regelungen, die einer freien und offenen Gesellschaft gerecht werden.
Thore D. Hansen, geboren 1969, in Deutschland ausgebildeter, diplomierter Soziologe und Politikwissenschaftler, arbeitete als Journalist im Print- und Online-Bereich. Unter anderem für "Tomorrow", dem seinerzeit größten Internetmagazin Deutschlands. Die Finanzkrise erlebte er als Kommunikationsberater von Banken in den Jahren 2006 bis 2010. Der Experte für internationale Politik und Geheimdienstarbeit lebt heute als freier Autor in Österreich. Zuletzt veröffentlichte er den Internetkrimi Silent Control, der den aktuellen Prism-Skandal vorweg nahm.
"Minority Report" lässt grüßen, jener Thriller von Steven Spielberg aus dem Jahr 2002, der davon erzählt, wie es wäre, wenn die Polizei Straftaten vorhersehen könnte – mit geheimnisvollen Fähigkeiten.
Doch Geheimdienste haben ein Problem. Ihre Geheimnisse bleiben nicht mehr geheim, da immer mehr Mitarbeiter bereit sind, dubiose Praktiken von den Dächern zu pfeifen, weil Bürgerrechten ins Gesicht getreten wird. Zuletzt erst berichteten auf dem Treffen des Chaos-Computer-Clubs im Dezember 2012 zwei Whistleblower der NSA ganz unmissverständlich, wie kurz wir vor einem schlüsselfertigen Überwachungsstaat stehen.
Doch wie steht es mit Europa und Deutschland? Es war deutsche Spionagesoftware, die in zahlreichen Staaten des Nahen Ostens im arabischen Frühling gegen Regimegegner eingesetzt wurde, und es ist die EU, die mit Programmen wie INDECT die totale Überwachung des öffentlichen Raumes anstrebt.
So kann es schon mal vorkommen, dass man präventiv verhaftet wird, wenn man einem verpassten Bus allzu verhaltensauffällig hinterher läuft. Die EU hat auch Pläne in der Schublade, um soziale Netzwerke nicht nur zu nutzen, um Fluthelfer zu akkreditieren, sondern auch um Aufstände vorherzusagen.
Offiziell wird abgewiegelt. Eine Überwachung wie in den Vereinigten Staaten sei in Europa oder gar in Deutschland gar nicht möglich. Wer mag dies glauben? Tatsächlich stellt sich zunehmend die Frage, wer uns vor unseren Überwachern schützen kann.
Die Einsicht, durch Behörden nicht etwa geschützt, sondern akut gefährdet zu sein, hat die Medien wachgerüttelt und beginnt die Menschen zu empören. Es braucht jetzt sofort Regelungen, die einer freien und offenen Gesellschaft gerecht werden.
Thore D. Hansen, geboren 1969, in Deutschland ausgebildeter, diplomierter Soziologe und Politikwissenschaftler, arbeitete als Journalist im Print- und Online-Bereich. Unter anderem für "Tomorrow", dem seinerzeit größten Internetmagazin Deutschlands. Die Finanzkrise erlebte er als Kommunikationsberater von Banken in den Jahren 2006 bis 2010. Der Experte für internationale Politik und Geheimdienstarbeit lebt heute als freier Autor in Österreich. Zuletzt veröffentlichte er den Internetkrimi Silent Control, der den aktuellen Prism-Skandal vorweg nahm.