Werbematerial für den Glauben

Von Marie Wildermann |
Eva Jung mischt postmodernes Design mit religiösem Background. Die von ihr gestalteten Produkte kommen gut an - vor allem bei jungen Kreativen, denen die übliche kirchliche Ästhetik zu bieder ist.
Auf der Website gobasil.com rennt eine Leguan-ähnliche Echse übers Wasser, das flinke brasilianische Tierchen heißt Basilisk oder auch Jesus-Christus-Echse und gab der Agentur ihren Namen. Eine hübsche Analogie zu Jesus, der auf dem Wasser ging, sagt Designerin und Agenturchefin Eva Jung:

"Wir arbeiten einerseits für säkulare Kunden, wir arbeiten aber auch für Kunden, die im christlichen Bereich in irgendeiner Form 'ne Aussage treffen wollen, und da macht es natürlich schon Sinn, Leute im Boot zu haben, die wissen, worüber sie reden."

Zehn Mitarbeiter segeln inzwischen unter der gobasil-Flagge, alle mit einem Faible für Religiöses. Es war keine bewusste Entscheidung, Menschen mit christlichem Hintergrund einzustellen, sagt Eva Jung, es hat sich so ergeben.

Die Designerin, Anfang 40, mit grauem Kurzhaarschnitt, hat bei renommierten Agenturen in Hamburg gearbeitet, wie Springer & Jacoby oder Philipp & Keuntje, und etliche Designpreise abgeräumt. Dann kam eine Krise. Vor gut fünf Jahren war das, da war sie Ende 30. Die Designerin, die seit vielen Jahren in einer festen Beziehung lebt, musste sich damit abfinden, dass ihr Kinderwunsch unerfüllt bleiben würde. Und als eine langjährige berufliche Partnerschaft zu Ende ging, hat sie sich erstmal freiberuflich aufgestellt:

"Weil ich dachte, ich hab jetzt zwölf Jahre in der Werbung echt geackert, und ich möchte gern mal 'n bisschen gucken, mich orientieren. Und ich hatte einfach auch Lust, mal wieder selbst Hand anzulegen."

Es entsteht ps145.de, das "Büro für schöne Bekanntmachung", abgeleitet vom Psalm 145: "Jeden Tag will ich dich, Gott, loben und deinen Namen überall bekannt machen". Eva Jung machte damit erstmal ihren eigenen Namen bekannt. Schnell wird sie zum schrägen Designvogel im häufig etwas altbackenen Look kirchlicher Ästhetik. Sie vertreibt Postkarten und Kalender mit fotografischen Motiven aus dem Alltag, kombiniert mit biblischen Versen. "Jesus, der Reiseleiter" heißt eine Karte, die eine Propellermaschine auf einem Flughafen zeigt.

Jesus, der Reiseleiter. Er kennt die entlegensten Flecken, hat die topaktuellsten Insidertipps parat und beherrscht sämtliche Sprachen dieser Welt. Matthäus 28,20.

Zwei weitere Online-Auftritte entstehen, die die Vermarktung ihrer Postkarten und Kalender bewerben: vollwertwort.de und menschjesus.de. Für menschjesus.de wurde die Designerin 2009 mit dem Webfish-Förderpreis der Evangelischen Kirche Deutschlands ausgezeichnet.

Die vierte von ihr betriebene Internetplattform ist godnews.de. Eine Seite mit religiös-philosophischen Spielereien und Überlegungen zum Sinn des Lebens.

Irgendwie gibt es in jedem Menschen gewisse Grundsatzfragen. Stellt sich die Frage: Stellen wir uns diese Fragen? Oder werden sie uns gestellt? Von wem? Vom Leben?

Eva Jung: "Meine Absicht war, ein bisschen über Gott und die Welt zu plaudern und nebenbei meine Arbeiten ins Netz zu stellen. Ich hatte mit Postkarten angefangen, weil ich finde, dass es auf dem christlichen Markt zu wenig gute Postkarten gibt, mit denen ich auch mal jemand beschenken kann ohne peinlich berührt zu werden."

Eva Jung beschäftigt der Glaube, seitdem sie ihn in ihrer Teenagerzeit für sich entdeckt hat:

"Ich hab mit 16 irgendwann angefangen, angeregt durch meinen Bruder, der nach Hause kam und sagte: hier die Bibel hat doch recht, und ich dachte, mein Bruder spinnt mal wieder wie üblich. Und irgendwie ließ er mich aber nicht in Ruhe und belaberte mich immer mit Bibel hier und Bibel dort. Ja, so kam ich auf die Spur von Gott."

Auf ihre Website godnews.de bekommt Eva Jung Reaktionen aus der ganzen Republik, die Mischung aus postmodernem Design und religiösem Background kommt an. Vor allem bei jungen Kreativen, denen die übliche kirchliche Ästhetik zu bieder ist.

"Mich hat es ganz viel Zeit und Kraft und Energie und Sachen gekostet einerseits und kostet es mich immer noch, ich krieg da ja nichts davon, eigentlich, also jetzt monetär. Aber was ich an Know-how dadurch bekommen hab, an Netzwerk, an Bekanntschaften, an Vernetzungen."

Die Gründung der Agentur gobasil ergibt sich daraus fast wie von selbst. Ihre Mitarbeiter konzentrieren sich auf die beiden Standorte Hamburg und Hannover, mit Eva Jung hat das Unternehmen insgesamt drei Geschäftsführer.

Eines der ersten Projekte: Die Werbung für eine Bibel-Neuübersetzung, ein schmales schwarzes Büchlein, auf dem Einband oben rechts auf einem weißen Balken drei rote Buchstaben NGÜ. Neue Genfer Übersetzung. Der Umlaut Ü ist so gestaltet, dass sich innen ein weißes Kreuz auf rotem Grund ergibt, die Schweizer Flagge. Ein Auftrag der Genfer und Deutschen Bibelgesellschaft. Jede Ausgabe trägt eine farbige Banderole mit einem ungewöhnlichen Text.

Wonach suchen Sie? Roman, Reise, Krimi, Weltliteratur, Sachbuch, Management, Recht, Philosophie, Gesundheit, Finanzen, Ratgeber, Klassiker ... Bingo, gefunden!

Die gesamte Auflage ist nach kurzer Zeit vergriffen. Für einen schön gestalteten Klassiker nicht ungewöhnlich. Was aber tut ein Werbefachmensch, wenn das zu bewerbende Produkt miserabel ist? Kann Werbung zum Beispiel ein so katastrophales Image wie das der katholischen Kirche aufpolieren?

"Alle PR nützt nichts, wenn ich nicht glaubwürdig mich darstelle, alle Werbung nutzt nichts. Ein Produkt, was als solches nicht hält, was die Werbung verspricht, wird auf kurz oder lang nicht gekauft."

Und ihre Empfehlung für die katholische Kirche lautet:

"Seid zeitnah, seid ehrlich, legt die Fakten und die Sachen auf den Tisch und geht damit so um, wie man damit umgehen muss, wenn solche Verbrechen begangen wurden. Nur dann seid Ihr glaubwürdig."

Bevor sie ein Werbekonzept erstellt, macht Eva Jung mit jedem Kunden einen Strategieworkshop, in dem Fragen nach dem Alleinstellungsmerkmal und nach der Zielgruppe beantwortet werden.

"Und auch da würde ich mit der katholischen Kirche oder mit der Kirche allgemein, mit Menschen, die ihren Glauben zum Ausdruck bringen, ich würde mich da an den Tisch setzen und sagen, was habt ihr zu sagen, was soll man glauben. Und sich darüber auseinanderzusetzen und authentisch damit umzugehen, das fände ich persönlich ganz wichtig jetzt."

Die Agentur der Designerin kommuniziert unterdessen schon wieder eine Erfolgsmeldung: Ihre Werbung für die Neue Genfer Bibel Übersetzung hat soeben einen Preis des Art Directors Club gewonnen.