Werke einer "genialen Ketzerin"
Irmtraud Morgner erhielt 1989 den "Literaturpreis für grotesken Humor". Ein Jahr später starb die 1933 in Chemnitz geborene Schriftstellerin. Um ihr Werk nicht dem Vergessen preiszugeben, hat der Berliner Verbrecher Verlag zwei Bände der DDR-Schriftstellerin neu aufgelegt.
Irmtraud Morgner hat mit ihrem literarischen Werk, vor allem mit den Romanen "Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz nach Zeugnissen ihrer Spielfrau Laura" (1974) und "Amanda. Ein Hexenroman" (1984), neue literarische Maßstäbe im deutschsprachigen Kontext gesetzt.
In ihren Erzählungen und Romanen rückt Morgner die noch immer unterbelichtete Geschichte der weiblichen Menschheit anhand von Mythen, Sagen und Märchen ins Zentrum und reagiert mit einer speziellen Montagetechnik ebenso auf die politischen Bewegungen der Zeit wie Dos Passos, James Joyce und Alfred Döblin. Versuche, das literarisch umtriebige Wesen der 1933 in Chemnitz geborenen Autorin zu charakterisieren, gab es viele. Für Walter Jens ist Morgner "die Tausendsassa" mit einer "Clownin-Diktion" und Kerstin Hensel nennt sie eine "geniale Ketzerin", welche die Gerätschaften der Hexenküche bestens beherrscht. Denn neben der Montagetechnik kreiert Morgner eine am Komischen und Grotesken geschulte Systemkritik, in der das Lustmoment von zentraler Bedeutung ist. Dafür erhielt sie 1989 – ein Jahr vor ihrem frühen Tod – den "Literaturpreis für grotesken Humor".
Ihre im Aufbau-Verlag publizierten Romane wurden 1990 auf Wunsch der Autorin von Luchterhand übernommen, der 1991 die Geschichte "Der Schöne und das Tier", ein Jahr danach "Rumba auf einen Herbst" und 1998 die aus dem Nachlass gewonnenen Romanfragmente "Das heroische Testament" veröffentlichte. Doch inzwischen wurde ihr Werk aus dem Verlagsprogramm gestrichen, so dass außer dem Roman "Amanda" kein Text mehr im Buchhandel lieferbar ist.
Aus den genannten Gründen ist dem in Berlin ansässigen Verbrecher Verlag besonders zu danken, der gleich mit zwei Morgner-Publikationen aufwartet: "Die wundersamen Reisen Gustavs des Weltfahrers. Lügenhafter Roman mit Kommentaren" und einem Lesebuch mit Erzählungen. Während der "Gustav"-Roman, mit dem Morgner ihr zentrales Thema, den "Eintritt der Frau in die Historie", benennt, erstmals 1972 erschien, datieren die elf Erzählungen zwischen 1968 und 1982 und sind in dieser Zusammenstellung nun erstmals zu lesen. Als eigenständige Texte konzipiert, fanden einige literarischen Unterschlupf in den Romanen oder erschienen einzeln in Anthologien.
Beide Bücher stellen einen klugen Griff in Irmtraud Morgners reichen poetischen Fundus dar und verstehen es, neben dem intellektuellen Hunger auch die Lust auf sinnlich-erotische Leseabenteuer zu wecken, die sich vor allem sprachlich begründen. Auf Gustavs "wundersamen" Reisen und im schillernden Geflecht der Erzählungen ist davon reichlich zu entdecken.
Rezensiert von Carola Wiemers
Irmtraud Morgner Erzählungen. Ein Lesebuch
Herausgegeben von Jörg Sundermeier
Verbrecher Verlag Berlin 2006
164 Seiten, 13 Euro
Irmtraud Morgner Die wundersamen Reisen Gustavs des Weltfahrers. Lügenhafter Roman mit Kommentaren
Verbrecher Verlag 2006
153 Seiten, 13 Euro
In ihren Erzählungen und Romanen rückt Morgner die noch immer unterbelichtete Geschichte der weiblichen Menschheit anhand von Mythen, Sagen und Märchen ins Zentrum und reagiert mit einer speziellen Montagetechnik ebenso auf die politischen Bewegungen der Zeit wie Dos Passos, James Joyce und Alfred Döblin. Versuche, das literarisch umtriebige Wesen der 1933 in Chemnitz geborenen Autorin zu charakterisieren, gab es viele. Für Walter Jens ist Morgner "die Tausendsassa" mit einer "Clownin-Diktion" und Kerstin Hensel nennt sie eine "geniale Ketzerin", welche die Gerätschaften der Hexenküche bestens beherrscht. Denn neben der Montagetechnik kreiert Morgner eine am Komischen und Grotesken geschulte Systemkritik, in der das Lustmoment von zentraler Bedeutung ist. Dafür erhielt sie 1989 – ein Jahr vor ihrem frühen Tod – den "Literaturpreis für grotesken Humor".
Ihre im Aufbau-Verlag publizierten Romane wurden 1990 auf Wunsch der Autorin von Luchterhand übernommen, der 1991 die Geschichte "Der Schöne und das Tier", ein Jahr danach "Rumba auf einen Herbst" und 1998 die aus dem Nachlass gewonnenen Romanfragmente "Das heroische Testament" veröffentlichte. Doch inzwischen wurde ihr Werk aus dem Verlagsprogramm gestrichen, so dass außer dem Roman "Amanda" kein Text mehr im Buchhandel lieferbar ist.
Aus den genannten Gründen ist dem in Berlin ansässigen Verbrecher Verlag besonders zu danken, der gleich mit zwei Morgner-Publikationen aufwartet: "Die wundersamen Reisen Gustavs des Weltfahrers. Lügenhafter Roman mit Kommentaren" und einem Lesebuch mit Erzählungen. Während der "Gustav"-Roman, mit dem Morgner ihr zentrales Thema, den "Eintritt der Frau in die Historie", benennt, erstmals 1972 erschien, datieren die elf Erzählungen zwischen 1968 und 1982 und sind in dieser Zusammenstellung nun erstmals zu lesen. Als eigenständige Texte konzipiert, fanden einige literarischen Unterschlupf in den Romanen oder erschienen einzeln in Anthologien.
Beide Bücher stellen einen klugen Griff in Irmtraud Morgners reichen poetischen Fundus dar und verstehen es, neben dem intellektuellen Hunger auch die Lust auf sinnlich-erotische Leseabenteuer zu wecken, die sich vor allem sprachlich begründen. Auf Gustavs "wundersamen" Reisen und im schillernden Geflecht der Erzählungen ist davon reichlich zu entdecken.
Rezensiert von Carola Wiemers
Irmtraud Morgner Erzählungen. Ein Lesebuch
Herausgegeben von Jörg Sundermeier
Verbrecher Verlag Berlin 2006
164 Seiten, 13 Euro
Irmtraud Morgner Die wundersamen Reisen Gustavs des Weltfahrers. Lügenhafter Roman mit Kommentaren
Verbrecher Verlag 2006
153 Seiten, 13 Euro