Werke eines Künstlerehepaares

Von Christoph Gehring |
Erstmals zeigt das wegen seiner Kunstwerke umstrittene Arp-Museum eine Sonderausstellung mit Werken des Künstlerpaares Arp aus der Sammlung des Landes Rheinland-Pfalz. Zu sehen sind unter anderem 30 Skulpturen des Dadaisten Hans Arp und rund 40 Papier- und Webarbeiten seiner Frau Sophie Taeuber-Arp.
Nebel liegt über Remagen-Rolandseck, als Klaus Gallwitz vorab präsentiert, was sein Haus, das prächtige, weiße Arp-Museum hoch über dem Rhein, ab kommendem Samstag der Allgemeinheit zeigen wird: weiße Arp-Museum hoch über dem Rhein, ab kommendem Samstag der Allgemeinheit zeigen wird: 70 Werke des Künstlerpaares Hans Arp und Sophie Taeuber-Arp, 30 von ihm, 40 von ihr. Tageslichttaugliche Stücke sind das, also solche, denen das viele Licht, das durch die Glasflächen im Dach des Baus von Stararchitekt Richard Meier strömt, nicht schadet, das sie vielmehr zum Strahlen bringt – wenn die Sonne scheint jedenfalls.

Die Exponate stammen aus dem Bestand von 404 Arp-Werken, die das Land Rheinland-Pfalz vor etwas mehr als 10 Jahren angekauft hat, und die Geschichte dieses Ankaufs – wie des Arp-Museums insgesamt – ist weniger glänzend, weniger strahlend. Aber man verdrängt diese Geschichte problemlos und auf der Stelle, als tatsächlich die Sonne durchbricht und die Objekte umtanzt.

Da leuchten die "Einaugpuppe" und die "Drei Grazien" und die anderen weich, fließend geformten Skulpturen auf – und es ist unübersehbar, wie viel Gutes der prachtvolle Museumsbau hoch über dem Rhein manchem Kunstwerk tun kann. Was er nicht kann: Über die doch gravierenden Lücken des Arp-Werks hinwegtäuschen, die der Bestand des Arp-Museums aufweist. Es ist irgendwie ehrenwert, dass Direktor Gallwitz auch gar keine Lust hat, diese Lücken zu verschweigen:

"Wir haben im Land vom Dada-Arp nicht Bedeutendes. Also die Ankäufe, die vor zehn Jahren gemacht worden sind, beginnen im Grunde mit den 30er Jahren. Damit fehlt natürlich ein Bereich, der in Köln besser da ist, der in Berlin auch besser da ist – also da, wo Dada auch gewirkt hat."

In Remagen hat Dada nie gewirkt. Genau genommen hat der Dadaist Hans Arp niemals einen Fuß auf Remagener Boden gesetzt. Und trotzdem haben sie ihm hier ein Museum gebaut. Und das kam so: Es war einmal ein kleines Bundesland, das sich ein großes Museum wünschte. Einen Leuchtturm der Kunst. Ein Haus, das aller Welt klar machen sollte: Wir können mehr als Reben und Rüben. Und so tat sich das kleine Bundesland Rheinland-Pfalz mit einem kleinen, eingetragenen Verein zusammen, der zwar über weniger als zehn Mitglieder, dafür aber über das große Werk des Bildhauers, Malers, Zeichners und Dada-Dichters Hans Arp verfügt.

Das kleine Bundesland schloss mit dem kleinen, eingetragenen Verein Verträge zur Errichtung eines großen Arp-Museums ab, die allesamt zum Nachteil des kleinen Bundeslandes und zum Vorteil des kleinen, eingetragenen Vereins waren. Schließlich – es waren noch D-Mark-Zeiten – kaufte das kleine Bundesland dem kleinen, eingetragenen Verein für 20 Millionen auch noch 404 Werke des großen Künstlers Arp ab.

Gert Reising: "Ich hab kritisiert, dass die Sammlung, die das Land erworben hat, schlecht ist. Ich habe kritisiert, dass da Stücke dabei sind, die keine Originale sind, sondern Nachgüsse, dass es von Stücken neue Dinge gibt, die es gar nicht geben darf."

So der Kunstkritiker und Arp-Experte Gert Reising, der schon seit den seligen D-Mark-Zeiten der Ansicht ist, dass sich das kleine Bundesland von dem kleinen, eingetragenen Verein beim Kauf der Arp-Sammlung über den Tisch ziehen ließ. Denn der kleine, eingetragene Verein blieb den Nachweis der Herkunft, der Authentizität der Stücke – sowohl derer, die er dem kleinen Bundesland verkauft hatte, als auch der angeblich 2000 Werke im eigenen Bestand – schuldig.

Es gab noch mehr Ärger mit dem kleinen, eingetragenen Verein, den aufzudröseln es einen langen Kaminabend und eine Flasche Spätburgunder von der nahegelegenen Ahr bräuchte. Im Wesentlichen ging es um Intransparenz, Geheimniskrämerei und die große Freude des kleinen, eingetragenen Vereins daran, das Geld des kleinen Bundeslandes für juristische Auseinandersetzungen mit Kritikern wie Gert Reising auszugeben. Trotzdem ließ das kleine Bundesland den großen amerikanischen Baumeister Richard Meier in Remagen-Rolandseck ein prachtvolles Museum bauen. Das wurde vor einem halben Jahr im Beisein der Bundeskanzlerin eröffnet – und kurz danach war die Geduld des kleinen Bundeslandes mit dem kleinen, eingetragenen Verein am Ende, das Modell der Public-Private-Partnership für das Arp-Museum tot.

Joachim Hofmann-Göttig: "Das Problem ist ja nicht, dass das Modell schlecht war, sondern das Problem ist, dass es im Vollzuge des Vertrages zu Ereignissen kam, die ich jetzt nicht noch mal, ein weiteres Mal, ausbreiten möchte, die jedenfalls zu sehr fundamentalen Verstimmungen geführt haben."

So grimmt bis heute Joachim Hofmann-Göttig, der Kulturstaatssekretär des kleinen Bundeslandes, das seit dem vergangenen November versucht, den kleinen, eingetragenen Verein aus dem gemeinsam geplanten und gemeinsam betriebenen Arp-Museum hinauszudrängen. Darüber verhandeln zur Zeit die Anwälte und der Staatssekretär sagt:

"Was mir jetzt zum Glück noch fehlt ist, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen so geklärt werden können, dass klar ist, wer hier die Verantwortung in Zukunft trägt – nämlich das Land Rheinland-Pfalz. Und dann brauchen wir uns mit der Vergangenheit nicht mehr zu beschäftigen, sondern können uns den Zukunftsfragen zuwenden."

Weil der kleine, eingetragene Verein sein Arp-Konvolut angesichts der juristischen Fehde erst einmal nicht zur Verfügung stellt, besteht die Zukunft des Museums zur Zeit aus den 404 Arp-Werken, die dem kleinen Bundesland gehören – und in der Hoffnung darauf, dass das Haus vielleicht doch noch Zugriff auf den großen Arp-Bestand des kleinen, eingetragenen Vereins bekommt, wenn sich der juristische Pulverdampf dereinst verzogen hat. Museumsdirektor Klaus Gallwitz jedenfalls wagt zu spekulieren...

"...dass wir vielleicht mit dem Verein noch zu einem Ergebnis kommen, ist eine angedeutete Hoffnung, weil sie eigentlich sinnvoll ist. Und das Legat von Ruth Arp liegt ja auch unter der Auflage, dass die Sachen öffentlich gezeigt werden, wie Sie wissen. Der Verein hat also über sich das Damoklesschwert, was ihm gehört öffentlich zu machen, weil er sonst des Erbes verlustig geht."

Einen Plan B hat Direktor Gallwitz natürlich auch: Sammler und andere Museen, die über Stücke von Arp verfügen, sollten sich von dem zweifellos spektakulären Meier-Bau in Remagen anlocken lassen:

"Wir zeigen, was wir haben. Das wird vielleicht auch andere einmal anregen zu sagen, können wir nicht einmal tauschen? Oder wollt Ihr nicht mal... Dass andere sagen, wir wollen mal gerne mit unseren Sachen ein Gastspiel geben in Rolandseck."

Aber dann ist da noch die Sache mit der unklaren Authentizität, dem tatsächlichen Wert der Arp-Sammlung, die sich das kleine Bundesland vor zehn Jahren zugelegt hat. Die wird das Museum Anfang September auf einem wissenschaftlichen Symposium verhandeln lassen – bis dahin, so Direktor Klaus Gallwitz, werde die Provenienz der nun gezeigten Werke nach besten Wissen und Gewissen in der Ausstellung vermerkt. Und irgendwann muss ja auch mal Schluss sein mit der kunstkritischen Nörgelei, findet der Direktor:

"Wir können nicht mehr zeigen, als was wir haben. Aber was wir haben, würde ich sagen, ist gut genug, um es hier in diesem Licht von Richard Meier zu zeigen. So. Vielen Dank."