Wert künstlerischer Arbeit

Wie bemisst sich der Preis von Kunst?

Das Landschaftsgemälde "Eisberg" des Kölner Künstlers Gerhard Richter hat bei einer Auktion in London einen Rekordpreis erzielt.
Das Landschaftsgemälde "Eisberg" des Kölner Künstlers Gerhard Richter: Seine Werke erzielen regelmäßig Rekordpreise. In dem Fall: mehr als 20 Millionen Euro. © Imago /Vibrant Pictures
Christian Jankowski im Gespräch mit Liane von Billerbeck |
Für ein Bild von Gerhard Richter zahlt man schon mal über 20 Millionen Euro. Die meisten Künstler allerdings leben mehr schlecht als recht. Was ist Kunst tatsächlich wert? Der Aktionskünstler Christian Jankowski erklärt, worauf es ankommt.
Den Wert künstlerischer Arbeit könne man immer wieder selbstbestimmen, sagt der Aktionskünstler Christian Jankowski. Was sie koste – das sei der symbolische Wert. Jeder Künstler, jeder Galerist bemesse ihn ein bisschen anders. Ihm selbst, so Jankowski, habe während seines Studiums ein Professor über den Preis gesagt, er bemesse sich danach, wie sehr es dir wehtut, dieses Kunstwerk wegzugeben. Es gehe aber auch um den Wert, den man der Kunst beim Machen beimesse: "Es sollte eigentlich auch immer eine Erfahrung für den Künstler sein und wichtig sein, diese Arbeit zu machen."
Der Künstler Christian Jankowski
Der Künstler Christian Jankowski© picture alliance / dpa / KEYSTON / Walter Bieri
Doch wie bemisst sich der Wert von Aktionskunst? "Meine Kunst basiert zwar immer wieder auf einer Performance, auf einer Aktion, aber eine andere, ganz wichtige Komponente bei meiner Kunst ist auch immer, dass die an ein Medium geknüpft ist", meint Jankowski. Es gehe um Plakate, Fotografien, Filme: "Diese Mischung macht es aus, sich zu überlegen, diese Aktion, der ich Bedeutung gebe, wie soll die überleben? Sie muss nicht unbedingt auch in Materie umgebaut werden." Es könne auch die Erzählung eines Zuschauers sein. Beim Weitererzählen würden manche Geschichten immer besser.
So ist Jankowski überzeugt, dass Filmen zuzeiten der Bibel-Ereignisse dem Werk geschadet hätte: "Wenn das alles jemand live mitgefilmt hätte, weiß ich nicht, ob so gute und pointenreiche Geschichten dabei herausgekommen wären." (bth)

Das Interview im Wortlaut:

Liane von Billerbeck: Dass Preis und Wert künstlerischer Arbeiten nicht unbedingt übereinstimmen, das weiß jeder, der die astronomischen Summen für manche Kunstwerke kennt – denken wir nur an Bilder von Gerhard Richter, für die schon mal 60 Millionen Euro aufgerufen werden –, Summen, über die der Künstler selbst nur den Kopf schüttelt, und andererseits leben die allermeisten Künstler von quasi nichts, von Brotjobs, sie schlagen sich irgendwie so recht und schlecht durch.
Morgen wird im Berliner Haus am Lützowplatz eine Ausstellung eröffnet, die heißt "Transaktionen. Über den Wert künstlerischer Arbeit", und da geht es auch darum, ob das symbolische Kapital, das ja mit Kunst produziert wird, bei der Wertfindung für ein Kunstwerk berücksichtigt wird. Christian Jankowski ist ein deutscher Konzept- und Aktionskünstler, hat sich schon oft mit den Mechanismen des Kunstmarkts und dem Wert künstlerischer Arbeit auseinandergesetzt. Er ist jetzt am Telefon, denn er stellt dort auch aus. Schönen guten Morgen!
Christian Jankowski: Guten Morgen!
Billerbeck: Was ist das eigentlich, der Wert künstlerischer Arbeit?
Jankowski: Na ja, den kann man immer wieder selbst bestimmen. Wert künstlerischer Arbeit, also es kostet, wie Sie schon gesagt haben, der symbolische Wert, aber auch der Wert, den man selber dem misst beim Machen also. Es sollte eigentlich auch immer eine Erfahrung für den Künstler sein und wichtig sein, diese Arbeit zu machen.
Billerbeck: Also Sie machen schon mal den Unterschied zwischen Wert und Preis. Wie bemisst sich denn der Preis von Kunst?
Jankowski: Den bemisst, glaube ich, auch jeder Künstler, auch jeder Galerist ein bisschen anders. Also mir wurde mal gesagt als Kunststudent von einem Professor, so weh wie es dir tut, dieses Kunstwerk wegzugeben, also wenn man das verkauft. Also das ist so ein Maßstab, aber natürlich kommen später noch viele andere Überlegungen dazu.

Über die Freude, Kunst zu kaufen

Billerbeck: Na ja, das Problem ist ja, das muss auch dem Käufer so wehtun, dass er bereit ist, so viel dafür zu zahlen.
Jankowski: Na ja, also es sollte eine Freude sein, das zu kaufen. Also es ist ja nicht anders, als wenn ich shoppen gehe, dann kaufe ich mir auch was irgendwo in der Stadt, und dann bin ich ja normalerweise auch glücklich über das, was ich da gemacht habe. Das ist ja keine komplett unbewusste Entscheidung. Die Menschen haben ja einen Grund, Geld für irgendwas auszugeben, und so ist es auch mit der Kunst.
Billerbeck: Ich hoffe, Sie sind mit der Kunst glücklicher als mit irgendeiner Klamotte, wo das Glücksgefühl ja bekanntermaßen nur kurz anhält. Funktioniert denn der Kunstmarkt wie jeder andere Markt auch?
Jankowski: Tja, ich kenne ja gar nicht jeden anderen Markt. Also das ist eine schwierige Frage. Es gibt da eben auch alle Befindlichkeiten, so wie die Haltungen auch der Künstler unterschiedlich sind, sind auch die Haltungen der Galerien unterschiedlich. Einige sind sehr treue Seelen, die arbeiten lange miteinander, anderen geht es da auch ums schnelle Geld, aber auch das muss nicht immer verkehrt sein.
Billerbeck: Sie sind ja nun Aktionskünstler. Wenn man jemandem ein Gemälde, eine Grafik oder eine Skulptur vor die Nase stellt, dann sieht er da was Greifbares. Bei Aktionen ist das so eine Sache. Wie bemisst man denn deren Preis?
Jankowski: Also es ist ja auch so, dass bei Aktionen meistens irgendwas übrig bleibt. Wenn man sich zum Beispiel die Wiener Aktionisten anguckt, das ist dann toll, wenn man ein Foto hat von einer Aktion oder einen Film. Also meine Kunst basiert zwar immer wieder auf einer Performance, auf einer Aktion, aber eine andere ganz wichtige Komponente bei meiner Kunst ist auch immer, dass die an einem Medium geknüpft ist, meistens ein massenmediales Medium geknüpft ist, also wie eine Castingshow, oder es sieht aus wie vielleicht ein Werbeplakat, und auf einmal hat man auch Medien, wie ein Plakat da oder Fotografie.

Wenn jemand Jesus live gefilmt hätte

Also diese Mischung macht es eigentlich auch, sich zu überlegen, wie soll die Aktion, diese Aktion, der ich Bedeutung gebe, wie soll die überleben? Sie muss nicht unbedingt auch in Materie umgebaut werden. Es kann auch sein, dass es einfach die Erzählung ist. Wenn jemand etwas gesehen hat, dabei war, dann kann das passieren, dass diese Geschichten eigentlich auch immer besser werden. Es wird hinterher noch viel, viel besser als es vielleicht überhaupt jemals war. Ich weiß nicht, ich habe das neulich irgendwo gelesen, weiß gar nicht wo das behauptet wurde: Na ja, wenn Jesus gelebt hätte zu Zeiten, als es Instagram und Immediate Photography und Videos gegeben hätte, wenn alles dokumentiert worden wäre, wer weiß, ob so schöne Geschichten daraus gekommen wären am Ende.
Billerbeck: Sie meinen, die Bibel wäre nicht entstanden, wenn wir alles schon vorher gesehen hätten, was da los gewesen ist?
Jankowski: Wenn das alles jemand live mitgefilmt hätte, weiß ich nicht, ob so gute und so pointenreiche Geschichten dabei rausgekommen wären, ja.
Billerbeck: Was muss denn passieren, damit Kunst teurer wird oder dass man damit zumindest ein gutes Auskommen erzielen könnte?
Jankowski: Ja, ein bestimmtes Kollektiv muss sich für etwas entscheiden, da drin was sehen, was es sehr spannend findet. Also das sind Leute, die es auch gelernt haben, zu gucken, und wie bei jedem Job auch, muss man ein bisschen Kunstgeschichte kennen, weil man kauft jetzt nicht noch mal genau das Gleiche und misst dem den gleichen Wert zu, weil es eben vor ein paar Jahren gemacht worden ist. Irgendwas Neues, irgendetwas mit Profil, irgendetwas noch nicht genau so Dagewesenes, was einen Unterschied macht, braucht es schon, meiner Meinung nach, um da erfolgreich zu sein.
Aber auch in dem Moment, wo ich es wieder sage, verheddert man sich mit diesem Gedanken, weil natürlich kann man jetzt auch nicht allen unterstellen und muss sagen, dass vielleicht alle studieren müssten. Es gibt so viele Leute, die einfach aus unterschiedlichen Gründen kaufen, einfach weil etwas schön ist. Das Tolle bei der Kunst ist, es ist auch möglich, das einfach nur schön zu finden, und dann ist es vielleicht das hundertste oder tausendste informelle Bild, oder … Ja, das kann man … Da gibt es auch keine Regel für.

Kunst macht man aus einem inneren Bedürfnis

Billerbeck: Wollten Sie eigentlich mit Ihrer Kunst immer Geld verdienen oder verändert man sich dann als Künstler, wenn man darüber nachdenkt?
Jankowski: Also so wie mir das erzählt worden ist, auch schon, als ich anfing, das zu studieren, da wurde einem eh nicht besonders viel in Aussicht gestellt, dass man damit besonders reich werden kann. Also da hieß es eben halt, ja, ja, ihr werdet irgendwas anderes. Das macht man aus einem inneren Bedürfnis, aber das ist eben auch das Umfeld, in der Zeit, als ich da an der Stelle in Hamburg studiert habe.
Aber es kann auch durchaus sein, dass man sieht, was im Kunstmarkt los ist, und dann bewerben sich automatisch auf einmal mehr junge Leute, die Kunst studieren wollen. Aber auch das muss ich schon fast wieder widerlegen, weil obwohl eigentlich extrem viel umgesetzt wird zurzeit in der Kunstwelt, so viel wie noch nie, gehen eigentlich die Bewerberzahlen an Akademien grundsätzlich ein bisschen zurück als vor 20, 30 Jahren. Es sind weniger Leute, die sich bewerben.
Billerbeck: Was sagt uns das?
Jankowski: Na ja, es gibt eine Menge andere attraktive Sachen.
Billerbeck: Als Kunst zu machen und damit kein Geld zu verdienen.
Jankowski: Ja, also, ich meine, das hängt doch gar nicht genau miteinander zusammen, damit kein Geld zu verdienen. Es ist ja nicht so … Ich lebe ja auch von irgendwas, und ich kenne sehr viele Kollegen, die auch von was leben, und einige leben auch sehr, sehr gut. Ich sage auch nicht, dass ich nicht gut lebe, aber das ist auch ganz normal. Das ist auch eine extreme Arbeit. Viel Kunst macht viel Arbeit.
Billerbeck: Der Aktionskünstler Christian Jankowski hier im Deutschlandfunk Kultur. Ich danke Ihnen für das Gespräch!
Jankowski: Ja, bitte! Man schaltet nie ab, auch am frühen Morgen! Also tschüss!
Billerbeck: Danke Ihnen! Tschüss! Die Ausstellung "Transaktionen: Über den Wert künstlerischer Arbeit", die wird dann morgen im Berliner Haus am Lützowplatz eröffnet.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. DLFKultur macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.

Am 31. Mai eröffnet im Berliner Haus am Lützowplatz die Ausstellung: "Transaktionen. Über den Wert künstlerischer Arbeit". Dort ist auch Kunst von Christian Jankowski zu sehen.

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