Wertvolles vom Pferd
Elegant, robust und lange haltbar: Stoff aus Rosshaar ist vielseitig verwendbar, aber sehr aufwändig in der Verarbeitung. In Europa gibt es so gut wie keine Handweber mehr, die den Pferdeschweif verarbeiten, in Deutschland gerade noch eine einzige: Dorit Berger schaut von ihrem Webstuhl aus direkt auf die Pferdekoppel.
"Das ist der Schweif des Pferdes meiner Nichte: Wird ein Kissen draus. Und ich habe es dann gewaschen und nun hängt es hier, und nun werde ich mir ganz vorsichtig die längsten rausfischen - aber es gibt kein ganzes Kissen. Ich werde das dann so mit einarbeiten, dass es erkennbar ist. Damit meine Nichte sagen kann: Da sind die Haare von meinem Pferd, Bonni."
In der kleinen Werkstatt in Dorit Bergers Wohnung stapeln sich Garnrollen in allen Farben und aus allen möglichen Materialien. An der Tür: ein Pferdeschwanz, der von Bonni. In der Mitte, ein großer Webstuhl. Die gebürtige Württembergerin, die seit ein paar Jahren in dem kleinen Ort 12 Apostel in Mecklenburg lebt, ist die einzige Rosshaarweberin Europas. In ihrem ersten Leben aber war die Weberin Buchhändlerin:
"Das ist einfach das Thema Textil im weitesten Sinne, das mich fasziniert. Das ist gar nicht so sehr entfernt von der Literatur: text und textil sind verwandt - textere bedeutet kunstvoll verflochten."
"Es war einmal ein Pferd, das war nicht sehr viel wert …"
Das Lied von Bertold Brecht kennt die 56-Jährige natürlich auch.
"… für das Rennen war es zu dumm, vor den Wagen gespannt, fiel es um."
Aber das Pferd und sein Schweif sind für sie sehr kostbar und wertvoll. Ab und zu finden sich Pferdehaare noch in Geigenbögen wieder. 75 Euro kostet ein Büschel Pferdehaar. Weil sie nicht einfach den Schweif der Pferde abschneiden kann, die so friedlich auf der Koppel vor ihrem Haus grasen.
"Ich bezieh' das aus China, und da wird das … das kommt eigentlich von mongolischen Pferden, und wird aber in China nach Farben und Längen sortiert und auch gereinigt und gebündelt."
Dorit Berger ist ein Materialfreak:
"Ich bin als Weberin immer auf der Suche nach ungewöhnlichen Materialien - und alles was irgendwie wie Faden aussieht, das landet im Webstuhl - und dann sehe ich, wie das Material reagiert."
"Ich hab' also von einer Freundin ein paar Schweifhaare bekommen, die ich dann mühsam sortiert habe, und dann habe ich einfach ein bisschen probiert, ohne ein fertiges Objekt im Sinn zu haben, sondern nur einfach vor mich hingewebt und dann kam das: wow. Es sah einfach fantastisch aus, es hatte diesen Glanz, es war haptisch ganz interessant, es war kühl und glatt und versprach tausend Möglichkeiten."
Tischdecken, Läufer, Kissen. Taschen, Raumteiler, skurille Lichtobjekte - die Verwendungsmöglichkeiten für Rosshaar sind vielfältig. Tissart nennt Dorit Berger ihren kleinen Betrieb - nach dem französischen Wort "Tisser" für weben - und l 'art - für Kunst. Webkunst. Denn - auch wenn sie selber eher unprätentios wirkt in ihren weiten, schwarzen, praktischen Kleidern und dem kurz geschnittenen grauen Haaren, ist sie doch ganz Künstlerin - wenn man versucht, sie in die Schublade "Kunsthandwerk" zu stecken:
"Unter den Kunsthandwerkern haben die Textiler das schlechteste Los - weil es unter die Rubrik Handarbeit fällt - und das ist für mich ein Reizwort."
Weil man dann sofort die Vision von Häkeldeckchen hat, und die blauen Augen leuchten gar nicht mehr so warm und fröhlich.
"Wenn Tante Anni so was nebenher machen kann, und auf so genannten Kunsthandwerker-Märkten das für einen Heiermann verkauft, dann verstehen die Leute nicht, warum ich für meine Dinge, die ich professionell herstelle, meinen Preis nehmen muss."
Und weil das so wenige verstehen können, das man für ein Kissen beispielsweise 300 Euro bezahlen soll, unterrichtet die Autodidaktin nebenbei noch an einer privaten Schule "Handarbeit und Werken" - was nicht unter der Würde einer Trägerin des bayerischen Staatspreises ist.
"Für mich persönlich ist es mittlerweile wichtig, eine kulturelle Errungenschaft zu bewahren."
Sie war Mitbegründerin der Zeitschrift "Textilforum" und hat unzählige kulturgeschichtliche Artikel veröffentlicht. Zwei Bücher über das Pflanzenfärben sind erschienen. Jetzt bietet sie Märchenstunden an, über das Spinnen und das Weben - und erzählt begeistert, dass man früher tatsächlich Stroh zu Gold gesponnen hat. Zumindest zu Schmuckstücken und Bordüren, die so aussahen, als seien sie aus Gold.
So wertvoll wie Gold sind auch die Stücke aus Rosshaar, die die Meisterin anfertigt.
"Also, es gefällt sehr vielen Menschen sehr gut."
Aber wegen des Preises sind die Rosshaarstücke in erster Linie etwas für Liebhaber.
"Wenn ich das ganze Lob auf die Bank tragen könnte, dann wäre ich reich."
Das dumme Pferdchen bei Brecht ereilte hingegen ein ganz anderes Schicksal:
"… da wurde - da wurde es Politiker.
Es ist jetzt hoch geehrt."
In der kleinen Werkstatt in Dorit Bergers Wohnung stapeln sich Garnrollen in allen Farben und aus allen möglichen Materialien. An der Tür: ein Pferdeschwanz, der von Bonni. In der Mitte, ein großer Webstuhl. Die gebürtige Württembergerin, die seit ein paar Jahren in dem kleinen Ort 12 Apostel in Mecklenburg lebt, ist die einzige Rosshaarweberin Europas. In ihrem ersten Leben aber war die Weberin Buchhändlerin:
"Das ist einfach das Thema Textil im weitesten Sinne, das mich fasziniert. Das ist gar nicht so sehr entfernt von der Literatur: text und textil sind verwandt - textere bedeutet kunstvoll verflochten."
"Es war einmal ein Pferd, das war nicht sehr viel wert …"
Das Lied von Bertold Brecht kennt die 56-Jährige natürlich auch.
"… für das Rennen war es zu dumm, vor den Wagen gespannt, fiel es um."
Aber das Pferd und sein Schweif sind für sie sehr kostbar und wertvoll. Ab und zu finden sich Pferdehaare noch in Geigenbögen wieder. 75 Euro kostet ein Büschel Pferdehaar. Weil sie nicht einfach den Schweif der Pferde abschneiden kann, die so friedlich auf der Koppel vor ihrem Haus grasen.
"Ich bezieh' das aus China, und da wird das … das kommt eigentlich von mongolischen Pferden, und wird aber in China nach Farben und Längen sortiert und auch gereinigt und gebündelt."
Dorit Berger ist ein Materialfreak:
"Ich bin als Weberin immer auf der Suche nach ungewöhnlichen Materialien - und alles was irgendwie wie Faden aussieht, das landet im Webstuhl - und dann sehe ich, wie das Material reagiert."
"Ich hab' also von einer Freundin ein paar Schweifhaare bekommen, die ich dann mühsam sortiert habe, und dann habe ich einfach ein bisschen probiert, ohne ein fertiges Objekt im Sinn zu haben, sondern nur einfach vor mich hingewebt und dann kam das: wow. Es sah einfach fantastisch aus, es hatte diesen Glanz, es war haptisch ganz interessant, es war kühl und glatt und versprach tausend Möglichkeiten."
Tischdecken, Läufer, Kissen. Taschen, Raumteiler, skurille Lichtobjekte - die Verwendungsmöglichkeiten für Rosshaar sind vielfältig. Tissart nennt Dorit Berger ihren kleinen Betrieb - nach dem französischen Wort "Tisser" für weben - und l 'art - für Kunst. Webkunst. Denn - auch wenn sie selber eher unprätentios wirkt in ihren weiten, schwarzen, praktischen Kleidern und dem kurz geschnittenen grauen Haaren, ist sie doch ganz Künstlerin - wenn man versucht, sie in die Schublade "Kunsthandwerk" zu stecken:
"Unter den Kunsthandwerkern haben die Textiler das schlechteste Los - weil es unter die Rubrik Handarbeit fällt - und das ist für mich ein Reizwort."
Weil man dann sofort die Vision von Häkeldeckchen hat, und die blauen Augen leuchten gar nicht mehr so warm und fröhlich.
"Wenn Tante Anni so was nebenher machen kann, und auf so genannten Kunsthandwerker-Märkten das für einen Heiermann verkauft, dann verstehen die Leute nicht, warum ich für meine Dinge, die ich professionell herstelle, meinen Preis nehmen muss."
Und weil das so wenige verstehen können, das man für ein Kissen beispielsweise 300 Euro bezahlen soll, unterrichtet die Autodidaktin nebenbei noch an einer privaten Schule "Handarbeit und Werken" - was nicht unter der Würde einer Trägerin des bayerischen Staatspreises ist.
"Für mich persönlich ist es mittlerweile wichtig, eine kulturelle Errungenschaft zu bewahren."
Sie war Mitbegründerin der Zeitschrift "Textilforum" und hat unzählige kulturgeschichtliche Artikel veröffentlicht. Zwei Bücher über das Pflanzenfärben sind erschienen. Jetzt bietet sie Märchenstunden an, über das Spinnen und das Weben - und erzählt begeistert, dass man früher tatsächlich Stroh zu Gold gesponnen hat. Zumindest zu Schmuckstücken und Bordüren, die so aussahen, als seien sie aus Gold.
So wertvoll wie Gold sind auch die Stücke aus Rosshaar, die die Meisterin anfertigt.
"Also, es gefällt sehr vielen Menschen sehr gut."
Aber wegen des Preises sind die Rosshaarstücke in erster Linie etwas für Liebhaber.
"Wenn ich das ganze Lob auf die Bank tragen könnte, dann wäre ich reich."
Das dumme Pferdchen bei Brecht ereilte hingegen ein ganz anderes Schicksal:
"… da wurde - da wurde es Politiker.
Es ist jetzt hoch geehrt."