Kopfdisco für Stadtspaziergänge
11:31 Minuten
Techno-Urgestein DJ Westbam ist in der Lockdownzeit durch Berlin spaziert. Dabei ist sein neues Album "Famous Last Songs" entstanden. Das spiegelt in dunklen Sounds die Pandemiezeit wider. Das Spazierengehen will er beibehalten, außer beim Auflegen.
Normalerweise besteht das Leben angesagter Techno-DJs aus Rumfliegen, Auflegen und Feiern – rund um den Globus. Doch die Pandemie legte vielen eine Zwangspause auf, so auch DJ Westbam. Der nutzte die Zeit, um an seinem neuen Album "Famous Last Songs" zu feilen, und zum Spazierengehen.
Als DJ sei er ja eher "Mitwipper" als Tänzer, gesteht Westbam. Und mitgewippt ist er auch bei seinen pandemiebedingten Spaziergängen durch Berlin, eingehüllt in eine "Soundwolke", wie er es nennt, aus seinem Kopfhörer.
Dabei seien ihm viele Erinnerungen an das Berliner Nachtleben der vergangenen Jahrzehnte gekommen, erzählt er.
Mit der Love-Parade, bei der er von Anfang an mitgearbeitet hat, habe das auch ein bisschen zu tun, sagt Westbam. Im Grunde war die Love-Parade ein riesiger Feierspaziergang. "Das war das ganz große Experiment: gehen und tanzen - woran ja auch viele Leute gescheitert sind bei der Love-Parade. Das sah immer ein bisschen komisch aus."
Illustre Gäste
Mit dem Album hatte er bereits angefangen, als ihn dann der Lockdown einholte. Aber beim Produzieren von elektronischer Musik sei es gut, immer wieder Pausen einzulegen, findet Westbam. Zum Beispiel beim Spaziergehen mit Kopfhörer.
Das Album ist geprägt von drohnig-dark-wavigem Sound und dystopischen Titeln wie "Wasteland" oder "Goldelse is burning". Als Gäste treten Inga Humpe (2Raumwohnung), Marian Gold (Alphaville), Ben Becker und auch Dieter Meier (Yello) auf.
Die Pandemie habe schon einen Einfluss auf das Album gehabt, sagt Westbam. Insofern werde dieses Album für ihn wohl immer mit Corona verbunden sein. Das sei für ihn aber nichts Negatives.
"Das ist so eine Zeit der Kopfdisco, das Album ist auch Kopfdisco."
"Tanzen ist Gehen auf der Stelle"
Er glaubt, dass das Clubbing nach Corona größer denn je zurückkomme. Viele Leute hätten jetzt bemerkt, wie sehr ihnen das Nachtleben fehle.
Das Spazierengehen aber will er beibehalten, auch wenn die Klubs wieder öffnen und er jede Woche an einem anderen Ort in der Welt auflegt: Mindestens zehn Kilometer am Tag – außer, wenn er spiele. Denn: "Beim Spielen komme ich auch schon auf 10.000 Schritte. Tanzen ist Gehen auf der Stelle."
(abr)