Westerwelle erwartet weitere Reformen in China
Der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle sieht im wirtschaftlichen Erfolg Chinas auch die Chance für eine Fortsetzung der Reformpolitik. Durch den florierenden Handel, aber auch durch die Olympischen Spiele oder die Expo 2010 könnten Meinungs- und Pressefreiheit in China gestärkt werden, sagte Westerwelle.
Birgit Kolkmann: China in elf Tagen. Guido Westerwelle war schon da, als Angela Merkel noch in der Meseberger Kabinettsklausur saß. Und der FDP-Chef informiert sich vor allem in Shanghai, Peking und Hongkong über den Wirtschaftsboom und über die Möglichkeiten, wie die Parteistiftung der Liberalen, die Friedrich-Naumann-Stiftung, wieder in China zugelassen werden könnte, denn vor elf Jahren hatten Chinas Behörden das Büro geschlossen wegen einer FDP-Konferenz zur Tibet-Frage. Und damit ist der Themenkomplex der Medienfreiheit, der freien Meinungsäußerung in China bereits mit eingeschlossen. – Guido Westerwelle begrüße ich jetzt in Deutschlandradio Kultur. Guten Morgen nach Hongkong!
Westerwelle: Schönen guten Morgen Frau Kolkmann!
Kolkmann: Herr Westerwelle, bevor Angela Merkel nach China aufbracht haben Sie von dort noch mit ihr telefoniert. Welche Reisetipps haben Sie ihr gegeben?
Westerwelle: Es ist üblich, wenn man offizielle Gespräche führt – und das habe ich ja in Peking drei Tage lang getan -, dass man auch gerade dann, wenn die Bundeskanzlerin selbst auf dem Weg nach China ist, natürlich sie über das Ergebnis und den Inhalt dieser Gespräche informiert. Und es ist auch ganz selbstverständlich, dass ich, wenn ich hier als ein Repräsentant aus Deutschland beispielsweise mit dem Außenminister spreche, auch der Bundeskanzlerin meine Eindrücke schildere, denn schließlich wollen wir ja alle, dass die Reise der Bundeskanzlerin nach China ein Erfolg wird.
Kolkmann: Welchen Eindruck hatten Sie denn von den Gesprächen mit den chinesischen Regierungsvertretern, vor allen Dingen wenn es um kritische Fragen ging?
Westerwelle: Mein Eindruck ist zunächst einmal, dass das wirtschaftliche Wachstum in China beeindruckend ist. Die wirtschaftlichen Erfolge sind enorm. Augenscheinlich setzt man auf eine wachstumsorientierte Wirtschaftspolitik. Das ist zugleich auch eine Chance für eine Fortsetzung der Reformpolitik. Das heißt, die Politik der Öffnung und der Reform wird durch Wandel, durch Handel befördert. Und ich habe doch den Eindruck, dass übrigens auch die Olympischen Spiele, die nächstes Jahr hier stattfinden, eine Chance sind, um auch Werte zu transportieren, von der Pressefreiheit bis hin zur Meinungsfreiheit.
Kolkmann: Das klingt sehr optimistisch. Das klingt sehr zivilisiert. Was wir heute in der neuen Ausgabe des "Spiegel" lesen, klingt weniger zivilisiert, sondern ziemlich harsch, dass nämlich China im Prinzip auch von Regierungsstellen aus per Computer Deutschland ausspioniert, Know-how einfach klaut. Ist das ein zweigleisiges Verfahren, das die chinesische Spitze da fährt?
Westerwelle: Ich warne vor vorschnellen Urteilen. Ich möchte zunächst einmal wissen: handelt es sich um ein gezieltes Störmanöver, um im Vorfeld der Reise der Bundeskanzlerin das deutsch-chinesische Verhältnis zu belasten, oder hat das einen seriösen Hintergrund. Dann geht meine Frage an die deutsche Bundesregierung: Was hat tatsächlich stattgefunden und welche Sicherheitsvorkehrungen haben wir eigentlich in sensiblen Bereichen wie beispielsweise den Computer- und Datenverarbeitungen im Kanzleramt oder anderen Regierungsstellen.
Kolkmann: Nun geht es ja auch um Wirtschaftsspionage in großem Stil. Da sind ja deutsche Unternehmen sehr betroffen. Die Frage ist: Wenn Angela Merkel in Peking darum bittet, etwas zu tun gegen die Produktpiraterie, gleichzeitig wird aber offenbar Wirtschaftsspionage in großem Stil betrieben, ist das doch eine etwas zweigleisige Angelegenheit?
Westerwelle: Es ist deshalb auch notwendig, dass wir den Justizdialog zwischen beiden Ländern fortsetzen, der ja mit Unterstützung aller Parteien im Deutschen Bundestag vor etwa drei Jahren auch begonnen hat. Wir sind ja alle interessiert an einem guten Handels- und Wirtschaftsverhältnis zu China. Gleichzeitig wissen wir aber auch, dass der Schutz des geistigen Eigentums ebenso für deutsche Investitionen von herausragender Bedeutung ist. Ich habe doch sehr viel auch offene Ohren gehört für unsere Anliegen, wenn es um Rechtssicherheit geht. Das ist ja das erste und wichtigste Thema für jeden Investor, wenn er eben Know-how nach China bringt, dass es doch sein geistiges Eigentum bleibt und dass auch natürlich Produkte, die in anderen Ländern erfunden werden, von ihrem geistigen Wert her geschützt werden in China. Das gilt übrigens nicht nur für China, sondern für eine ganze Anzahl von Ländern weltweit auch noch, denn Wirtschaftsspionage gibt es – das wissen wir – und dass man dagegen vorgehen muss, wissen wir alle gemeinsam auch.
Kolkmann: Die Produktpiraterie ist das eine, das vergiftete Spielzeug und die nicht ausreichenden Kontrollen das andere. Das hat uns in der vergangenen Woche intensiv beschäftigt. Wie groß schätzen Sie das Interesse und die Bereitschaft in China ein, weltweit gültige Standards einzuhalten?
Westerwelle: Sehr groß, denn die chinesische Seite weiß genau, wenn die Produkte fehlerhaft sind, schadet das dem Ruf von China und der chinesischen Wirtschaft insgesamt. Wir wollen nur eines bitte nicht vergessen: Es gibt eben in China mittlerweile die zahlreichen privatwirtschaftlich organisierten Unternehmen. Nicht jedes Versagen eines Unternehmens ist gleich einer Regierung anzulasten. Aber dass die Regierung, die chinesische Regierung selbst weiß, dass sie Qualitätsstandards braucht, damit eben auch kein belastetes Spielzeug beispielsweise exportiert wird, davon habe ich mich hier überzeugen können.
Kolkmann: Kommen wir noch auf das Thema der Medienfreiheit, der Zensur und der Kontrolle im Internet. Das ist ja in den letzten Monaten bei uns auch immer wieder Thema gewesen. Da konnten Sie ja auch diverse Gespräche führen. Tut sich etwas in China?
Westerwelle: Ich will zunächst einmal sagen, es gab auch beispielsweise bei den Gesprächen mit den Mitgliedern des Politbüros ein klares Bekenntnis zu den internationalen Standards, die ja China akzeptiert hat mit der Entscheidung, dass die Olympischen Spiele nach China kommen. Ich habe doch den Eindruck gewonnen, dass man in China und in der chinesischen Führung weiß um die Bedeutung der freien Berichterstattung. Ich habe mir übrigens selbst auch von Journalisten schildern lassen, dass jedenfalls formal ihre Arbeit erleichtert worden ist. Ob das in der Praxis dann tatsächlich funktioniert, das müssen wir abwarten. Aber ich bin dafür, dass wir China bei den eigenen Aussagen zum Thema Pressefreiheit, Meinungsfreiheit ernst nehmen sollten, denn eines ist auch klar: Das ist ein Prozess, der durch die Olympischen Spiele befördert werden kann. Das Interessante ist ja, die Befürchtung, die manche haben, nach den Olympischen Spielen ist dann alles quasi wieder so wie früher, wird von vielen überhaupt nicht geteilt. Wenn Sie beispielsweise daran denken, dass dann im Jahr 2010 die Expo wieder in Shanghai stattfindet, so ist es eben schon wichtig festzustellen, diese internationalen Veranstaltungen in China lenken auch die Augen der Weltöffentlichkeit auf China. Mir haben übrigens auch Anwälte, die hier Bürgerinnen und Bürger vertreten, geschildert, dass es tatsächliche Verbesserungen im Justizsystem gibt, obwohl wir uns sicherlich alle darüber einig sind, dass das mit unseren westlichen Standards noch in keiner Weise kompatibel ist.
Kolkmann: FDP-Chef Guido Westerwelle, zurzeit in Hongkong, über seine Gespräche und Eindrücke in China.
Westerwelle: Schönen guten Morgen Frau Kolkmann!
Kolkmann: Herr Westerwelle, bevor Angela Merkel nach China aufbracht haben Sie von dort noch mit ihr telefoniert. Welche Reisetipps haben Sie ihr gegeben?
Westerwelle: Es ist üblich, wenn man offizielle Gespräche führt – und das habe ich ja in Peking drei Tage lang getan -, dass man auch gerade dann, wenn die Bundeskanzlerin selbst auf dem Weg nach China ist, natürlich sie über das Ergebnis und den Inhalt dieser Gespräche informiert. Und es ist auch ganz selbstverständlich, dass ich, wenn ich hier als ein Repräsentant aus Deutschland beispielsweise mit dem Außenminister spreche, auch der Bundeskanzlerin meine Eindrücke schildere, denn schließlich wollen wir ja alle, dass die Reise der Bundeskanzlerin nach China ein Erfolg wird.
Kolkmann: Welchen Eindruck hatten Sie denn von den Gesprächen mit den chinesischen Regierungsvertretern, vor allen Dingen wenn es um kritische Fragen ging?
Westerwelle: Mein Eindruck ist zunächst einmal, dass das wirtschaftliche Wachstum in China beeindruckend ist. Die wirtschaftlichen Erfolge sind enorm. Augenscheinlich setzt man auf eine wachstumsorientierte Wirtschaftspolitik. Das ist zugleich auch eine Chance für eine Fortsetzung der Reformpolitik. Das heißt, die Politik der Öffnung und der Reform wird durch Wandel, durch Handel befördert. Und ich habe doch den Eindruck, dass übrigens auch die Olympischen Spiele, die nächstes Jahr hier stattfinden, eine Chance sind, um auch Werte zu transportieren, von der Pressefreiheit bis hin zur Meinungsfreiheit.
Kolkmann: Das klingt sehr optimistisch. Das klingt sehr zivilisiert. Was wir heute in der neuen Ausgabe des "Spiegel" lesen, klingt weniger zivilisiert, sondern ziemlich harsch, dass nämlich China im Prinzip auch von Regierungsstellen aus per Computer Deutschland ausspioniert, Know-how einfach klaut. Ist das ein zweigleisiges Verfahren, das die chinesische Spitze da fährt?
Westerwelle: Ich warne vor vorschnellen Urteilen. Ich möchte zunächst einmal wissen: handelt es sich um ein gezieltes Störmanöver, um im Vorfeld der Reise der Bundeskanzlerin das deutsch-chinesische Verhältnis zu belasten, oder hat das einen seriösen Hintergrund. Dann geht meine Frage an die deutsche Bundesregierung: Was hat tatsächlich stattgefunden und welche Sicherheitsvorkehrungen haben wir eigentlich in sensiblen Bereichen wie beispielsweise den Computer- und Datenverarbeitungen im Kanzleramt oder anderen Regierungsstellen.
Kolkmann: Nun geht es ja auch um Wirtschaftsspionage in großem Stil. Da sind ja deutsche Unternehmen sehr betroffen. Die Frage ist: Wenn Angela Merkel in Peking darum bittet, etwas zu tun gegen die Produktpiraterie, gleichzeitig wird aber offenbar Wirtschaftsspionage in großem Stil betrieben, ist das doch eine etwas zweigleisige Angelegenheit?
Westerwelle: Es ist deshalb auch notwendig, dass wir den Justizdialog zwischen beiden Ländern fortsetzen, der ja mit Unterstützung aller Parteien im Deutschen Bundestag vor etwa drei Jahren auch begonnen hat. Wir sind ja alle interessiert an einem guten Handels- und Wirtschaftsverhältnis zu China. Gleichzeitig wissen wir aber auch, dass der Schutz des geistigen Eigentums ebenso für deutsche Investitionen von herausragender Bedeutung ist. Ich habe doch sehr viel auch offene Ohren gehört für unsere Anliegen, wenn es um Rechtssicherheit geht. Das ist ja das erste und wichtigste Thema für jeden Investor, wenn er eben Know-how nach China bringt, dass es doch sein geistiges Eigentum bleibt und dass auch natürlich Produkte, die in anderen Ländern erfunden werden, von ihrem geistigen Wert her geschützt werden in China. Das gilt übrigens nicht nur für China, sondern für eine ganze Anzahl von Ländern weltweit auch noch, denn Wirtschaftsspionage gibt es – das wissen wir – und dass man dagegen vorgehen muss, wissen wir alle gemeinsam auch.
Kolkmann: Die Produktpiraterie ist das eine, das vergiftete Spielzeug und die nicht ausreichenden Kontrollen das andere. Das hat uns in der vergangenen Woche intensiv beschäftigt. Wie groß schätzen Sie das Interesse und die Bereitschaft in China ein, weltweit gültige Standards einzuhalten?
Westerwelle: Sehr groß, denn die chinesische Seite weiß genau, wenn die Produkte fehlerhaft sind, schadet das dem Ruf von China und der chinesischen Wirtschaft insgesamt. Wir wollen nur eines bitte nicht vergessen: Es gibt eben in China mittlerweile die zahlreichen privatwirtschaftlich organisierten Unternehmen. Nicht jedes Versagen eines Unternehmens ist gleich einer Regierung anzulasten. Aber dass die Regierung, die chinesische Regierung selbst weiß, dass sie Qualitätsstandards braucht, damit eben auch kein belastetes Spielzeug beispielsweise exportiert wird, davon habe ich mich hier überzeugen können.
Kolkmann: Kommen wir noch auf das Thema der Medienfreiheit, der Zensur und der Kontrolle im Internet. Das ist ja in den letzten Monaten bei uns auch immer wieder Thema gewesen. Da konnten Sie ja auch diverse Gespräche führen. Tut sich etwas in China?
Westerwelle: Ich will zunächst einmal sagen, es gab auch beispielsweise bei den Gesprächen mit den Mitgliedern des Politbüros ein klares Bekenntnis zu den internationalen Standards, die ja China akzeptiert hat mit der Entscheidung, dass die Olympischen Spiele nach China kommen. Ich habe doch den Eindruck gewonnen, dass man in China und in der chinesischen Führung weiß um die Bedeutung der freien Berichterstattung. Ich habe mir übrigens selbst auch von Journalisten schildern lassen, dass jedenfalls formal ihre Arbeit erleichtert worden ist. Ob das in der Praxis dann tatsächlich funktioniert, das müssen wir abwarten. Aber ich bin dafür, dass wir China bei den eigenen Aussagen zum Thema Pressefreiheit, Meinungsfreiheit ernst nehmen sollten, denn eines ist auch klar: Das ist ein Prozess, der durch die Olympischen Spiele befördert werden kann. Das Interessante ist ja, die Befürchtung, die manche haben, nach den Olympischen Spielen ist dann alles quasi wieder so wie früher, wird von vielen überhaupt nicht geteilt. Wenn Sie beispielsweise daran denken, dass dann im Jahr 2010 die Expo wieder in Shanghai stattfindet, so ist es eben schon wichtig festzustellen, diese internationalen Veranstaltungen in China lenken auch die Augen der Weltöffentlichkeit auf China. Mir haben übrigens auch Anwälte, die hier Bürgerinnen und Bürger vertreten, geschildert, dass es tatsächliche Verbesserungen im Justizsystem gibt, obwohl wir uns sicherlich alle darüber einig sind, dass das mit unseren westlichen Standards noch in keiner Weise kompatibel ist.
Kolkmann: FDP-Chef Guido Westerwelle, zurzeit in Hongkong, über seine Gespräche und Eindrücke in China.