Sachsen-Anhalts Kulturfürst entscheidet
Zwei erste Preise hat die Jury im Wettbewerb für ein neues Bauhaus-Museum in Dessau vergeben. Eine plausible Erklärung dafür gebe es nicht, kommentiert Nikolaus Bernau, vermutet aber: Die Jury hat vor dem machtbewussten Kultusminister Stephan Dorgerloh gekniffen.
Dass Jurys zwei erste Preise in einem Architekturwettbewerb vergeben, ist eine Seltenheit. Einfach deswegen, weil eine Jury berufen wird, um idealer Weise im Auftrag der Gesamtgesellschaft zu entscheiden, was gut ist für die Zukunft, was das relativ Beste im Angebot ist. Und das Angebot im Dessauer Wettbewerb für ein neues Bauhaus-Museum war nun wirklich überaus breit. Mehr als 800 Architekten reichten ihre Ideen zur ersten Runde ein, 30 davon konnten sich bis in die zweite Runde durchschlagen. Und jetzt zwei erste Preise.
Die Nicht-Entscheidung als Niederlage
Die Nicht-Entscheidung der Dessauer Jury ist also erst einmal eine Niederlage. Für alle diejenigen nämlich, die für mehr Transparenz in Architekturwettbewerben eintreten. Denn selbstverständlich wird uns auch in diesem Fall nichts über die Entscheidungswege erzählt, die zu dem seltsamen Urteil führten. Und sie ist eine Niederlage für alle diejenigen, die meinen, dass doch die vereinte Intelligenz von Architekten und Fachleuten ausreicht, um zu einem sowohl künstlerisch wie funktional guten Ergebnis zu führen.
Stattdessen entscheidet nun einer, der in Sachsen-Anhalt eh schon mit der Allgewalt eines Kultur-Fürsten auftritt: Stephan Dorgerloh, seines Amtes Kultusminister. Ein Mann mit überaus gut entwickeltem Machtbewusstsein und der Hybris, zu meinen, alles besser als die Fachleute zu können und zu wissen. Jedenfalls besser als Museumsdirektoren, Musikfachleute, Theatermenschen, Stadtplaner, Oberbürgermeister, und als Architekten soundso.
Es gibt selbstverständlich Ausnahmen von der Regel, dass nur ein erster Preis vergeben werden sollte. Im Fall des Reichstagswettbewerbs konnte keine Jury dem Parlament, also dem Vertreter des gesamten Volks, einen Entwurf vorschreiben. Aber hier geht es um ein Museum. Keine Aufgabe, die demokratiehierarchische Probleme aufwirft. Sicher sind die beiden ausgewählten Entwürfe – so wie übrigens auch der dritte und vierte Preis – reizvoll. Man wünschte fast, sie könnten nebeneinander entstehen.
Einfach deswegen, weil Gonzales Hinz Zabala aus Barcelona mit ihrer strengen Kiste auf Pfeilern, umgeben von einer matt schimmernden Glaswand ein Musterbeispiel für die strenge, oft harte neuere spanische Architektur lieferten. Und Young & Ayata aus New York entwarfen eine Ansammlung von Zipfelmützen mit grandiosen Innenräumen. Ein Museum als gebauter Witz – das wäre doch mal was.
Ein Minister als Super-Museumsdirektor
Dennoch: Die Jury hat gekniffen vor Stephan Dorgerloh. Wie so viele andere. Er hat, um seine Ideen für das Bauhaus-Museum durchzusetzen, im vergangenen Jahr den erfolgreichen Direktor der Bauhaus-Stiftung, Philipp Oswalt, rausgeworfen. Er hat persönlich die vollkommen unbekannte und ohne jede Hausmacht versehene Claudia Perren als dessen Nachfolgerin ausgesucht.
Dorgerloh hat trotz massiver Kritik von Museums- und Stadtplanern den Bauplatz mitten in der Innenstadt von Dessau, aber fern der historischen Bauhaus-Stätten durchgesetzt. Er hat sich schließlich sogar in die Jury als "Sachpreisrichter" gesetzt – der Minister als Super-Museumsdirektor. Und jetzt hat die Jury ihm auch noch die Wahl des Entwurfs überlassen – ohne das klar zu markieren.
Das ist nicht nur wettbewerbsrechtlich ein Problem.