Spiel, Satz, Betrug?
Ein möglicher Wettskandal hat den Auftakt der Australian Open überschattet. Noch bevor im Melbourne Park die ersten Ballwechsel gespielt wurden, sorgen Medienberichte über angebliche Spielabsprachen unter Beteiligung von Top-50-Profis für helle Aufregung.
Das Herrenfinale von Wimbledon 2015 – Novak Djokovic verwandelt den entscheidenden Matchball. Dieses Spiel steht nicht unter Zweifel, wohl aber drei andere Partien in Wimbledon. Sie liegen allerdings wie die meisten anderen Fälle rund zehn Jahre zurück. Wimbledon-Sieger Novak Djokovic bestreitet denn auch, dass die Tenniswelt an der Spitze von Wettmanipulationen betroffen sei. Er selbst berichtete allerdings kürzlich, dass ihm zu Beginn seiner Karriere 110.000 Pfund angeboten wurden, wenn er ein Match absichtlich verliere.
"Die Beweislage damals war sehr stark, berichtet jetzt der Wettanalyst Mark Philipps. Der Internationale Tennisverband habe aber damals faktisch nichts aufgrund ihrer Ermittlungen unternommen, was sehr frustrierend gewesen sei. Im Fokus bei uns standen sechs bis zehn Spieler. Wir haben neun Monate lang untersucht. Kein Spieler ist aber disziplinarisch bestraft worden von der TIU."
Gewettet wurde auf alles
Die TIU ist die Tennis Integrity Unit - die Untersuchungsbehörde wurde eigens im September 2008 vom Welttennisverband ATP ins Leben gerufen, um den Beschuldigungen nachzugehen. Die Wettanalysten übergaben der TIU die Analysen von 27.000 Tennisspielen. 16 Spieler aus den Top 50 der Weltrangliste gehörten zu den Beschuldigten. Wer sie sind, ob sie bestraft wurden – darüber gibt es keine öffentlichen Informationen. Es sollen lediglich nachrangige Spieler gesperrt worden sein. Etliche der Top 16 aber sollen heute noch aktiv und jetzt sogar bei den laufenden Australian Open in Melbourne mit dabei sein.
"Wir unterdrücken keine Beweise, beteuert dagegen der Präsident des Welttennisverbands, ATP, Chris Kermode. Die TIU erhielt damals alle Informationen und Auswertungen. Aber es waren keine Beweise, das ist ein großer Unterschied. Aber alles wird untersucht."
Der BBC und dem US-Medienportal BuzzFeed wurden allerdings Daten zugespielt, wonach die Wettmafia hunderttausende von Dollar dank manipulierter Tennisspiele abkassiert hat. Beteiligt seien Wettsyndikate aus Russland und Italien. Gewettet werde auf alles: wer ein Spiel gewinnt, einen Satz oder auch nur den ersten Aufschlag.
Namen von Tennissportlern werden nicht genannt
Namen von belasteten Tennissportlern werden allerdings nicht genannt. Im Moment steht Aussage gegen Aussage: Der Tennisverband und die Spitzen halten den Sport für sauber, Kritiker und Insider nicht. Der britische Sportminister John Wittingdale rief jedenfalls den Welttennisverband dazu auf, nichts unter den Teppich zu kehren:
"Ich hoffe, dass Tennis von den Fehlern anderer Sportarten lernt, alles schnell untersucht und offenlegt. In der Vergangenheit wurden Vorwürfe zum Beispiel im Fußball unter den Teppich gekehrt. Das hat enormen Schaden angerichtet. Das hier sind ernste Anschuldigungen, denen muss sehr schnell nachgegangen werden."