"When animals dream"

Die neuen Leiden der alten Monster

Der Film kommt am 21.08.2014 ins Kino. Foto: Prokino Filmverleih. ACHTUNG: Verwendung nur für redaktionelle Zwecke im Zusammenhang mit der Berichterstattung über diesen Film und nur mit Urheber-Nennung Foto: Prokino Filmverleih.
Sonia Suhl als Marie in einer undatierten Szene des Films "When Animals Dream". © picture alliance / dpa / Prokino Filmverleih
Von Wolfgang Martin Hamdorf |
In seinem Debütfilm "When animals dream" schaut der dänische Regisseur Johann Alexander Arnby mit neuem Blick auf den alten Werwolf-Mythos. In seiner Story bedroht nicht die Bestie die Gemeinschaft, sondern die Gemeinschaft die Bestie.
In dem kleinen Fischerdorf an der dänischen Küste sind die Menschen ebenso rau wie die Landschaft. Sie sind streng protestantisch und verschlossen. Hier wohnt die 17-jährige Marie mit ihren Eltern. Ihre Mutter sitzt seit Jahren im Rollstuhl, still, fast unbeweglich, wie unter Drogen.
Das Dorf kontrolliert Mutter und Tochter streng, beide stehen unter Aufsicht des Arztes. Marie spürt, dass auch mit ihr etwas nicht in Ordnung ist und dass auch über dem ganzen Dorf ein dunkles Geheimnis lastet...
"Ich bin kein wirklicher Werwolf- oder Vampir-Filmfan. Ich habe nach einer visuellen Metapher für die gequälte menschliche Natur gesucht. Es geht um ein junges Mädchen, das sich zur Frau entwickelt und sich in ihrer Umgebung, in ihrem Dorf starken Einschränkungen ausgesetzt sieht und sie kämpft mit dem Tier in sich, dieses Tier, was wir alle in uns haben. Es geht um menschliche Triebe und Aggressionen. Ich habe eine Balance zwischen Realismus und Genrefilm gesucht, um dieses Spannungsfeld interessant zu vermitteln."
Metapher für die Entwicklung eines jungen Mädchens zur Frau
Für Regisseur Johann Alexander Arnby ist das alte Schauermärchen vom Wolfsmenschen eine Metapher für die Entwicklung eines jungen Mädchens zur Frau und der Repression in einer fast archaischen, streng protestantisch geprägten Dorfgemeinschaft. Aber Marie will ausbrechen: Ihr ganzes Leben musste sie zurückgezogen im Haus leben, jetzt rebelliert sie.
Zunächst gegen den Vater:
"Kaffee, Papa?"
"Also ich denk du gehst besser nach Hause."
"Nein also ich denk das nicht. Möchte hier noch jemand Kaffee"
"Ja, bitte."
"Ja gern. Der Mann kriegt noch seinen Kaffee."
"Hat er schon!"
"Jemand Kaffee noch? Nein?"
"Komm jetzt!"
Marie fühlt sich von der Dorfgemeinschaft bedroht. Bei der gemeinsamen Arbeit in der Fischfabrik wird sie gemobbt, die meisten Dorfbewohner meiden sie, weil sie spüren, dass etwas mit ihr nicht stimmt. Sie misstraut dem Arzt und seinen Spritzen, die schon ihre Mutter sedierten. Die eigene seelische und körperliche Verwandlung, ihre zunehmende Wildheit verstören sie:
"Ich verwandele mich gerade in ein Monster und muss sehen, dass ich vorher möglichst viel Sex kriege. Kannst du mir dabei helfen?"
"Die Bestie in sich entdecken"
Hauptdarstellerin Sonia Suhl kommt selbst aus Jütland. Regisseur Jonas Alexander Arnby hat 400 Mädchen aus der Region gecastet. Ihm ging es besonders um die Wirklichkeitsnähe und die Glaubwürdigkeit der Hauptfigur:
"Für mich musste es ein Mädchen aus der Region sein. In der Rolle kommt schon einiges auf eine 17-jährige Schauspielerin zu und ich dachte, zumindest diese einsame Gegend am Meer, dieser raue und religiös geprägten Menschenschlag, das soll nicht neu für sie sein. Als ich sie dann sah, war mir klar, das ist Marie. Sie hat in einem Fischerdorf gewohnt, hat in einer Fischfabrik gearbeitet, alles war einfach da. Nachher das ganze andere, die Bestie in sich entdecken, dass ist schon schwer genug und hat eineinhalb Jahre Arbeit gebraucht. Aber sie bringt wirklich das rüber, was für den Film notwendig ist."
"When animals dream" erzählt nicht mehr die alte Geschichte von der Bestie, die die Gemeinschaft gefährdet, sondern hier gefährdet die Gemeinschaft die Bestie, und das geht soweit, dass der Zuschauer sich am Ende mit der jungen Wolfsfrau identifiziert. Der Vater versucht bis zum Schluss vergeblich, seine Tochter vor ihrer eigenen Natur zu bewahren, aber die lässt sich nicht mehr einsperren wie ihre Mutter:
"Mach das nicht!"
"Nein bleib da komm zurück!"
"Marie!!"
Kein Kuschel-Werwolf
Die Monster sind human geworden, in Hollywood-Filme lassen schlanke Vampire Teenager Herzen höher schlagen. Aber Jonas Alexander Arnby wollte keinen Kuschel-Werwolf schaffen, er suchte für sein Debüt einen realistischen, traurigen Grundton.
"Ich war etwas besorgt, denn ich wollte auf keinen Fall einen weiteren amerikanischen Werwolf-Film in Stile von Twilight machen. Mein Film kommt etwas spät, weil mittlerweile jeder diese Hollywood Vampir- und Werwolf-Filme kennt und ich war etwas besorgt, dass das alles in dieselbe Schublade geworfen wird. Denn mein Film ist ganz anders, ist eine europäische, eine nordeuropäische Sicht auf diesen alten Mythos. Wir nehmen die kulturellen Konnotationen und besonders die Psychologie der Charaktere sehr ernst."
"When animals dream" erzählt auf neue, fast schlichte Weise das alte böse Märchen vom Werwolf, erzählt von der Einsamkeit einer jungen Frau und ihrer Mutter in einem abgelegenen Küstendorf.
Er verbindet eindringlich Motive des klassischen Horrorfilms mit einer realistischen Inszenierung, die mehr an skandinavische Vorbilder von Carl Theodor Dreyer bis zu Lars von Trier erinnert, als an alte und neue Hollywoodschablonen.
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