Zu Fuß gegen die Kommerzialisierung der Stadt
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Sie erkunden zu Fuß die Straßen der Stadt: Die Flaneusen und Flaneure. Sie sind ein Gegenentwurf zu Zeit-Optimierung und Kommerzialisierung des urbanen Raums. Zweckloses Umherschweifen war schon immer politisch. Aber wie und warum ist es das heute?
Spazieren gehen, flanieren, lustwandeln, herumstreunen, seine Zeit verschwenden: Das klingt erst mal harmlos bis langweilig, kann aber in der Stadt durchaus subversives Potenzial entfalten, weil man Zeit verschwendet und die Arbeit verweigert.
Bewusst in der Stadt bewegen
Oder weil man als flanierende Beobachterin eine kritische Perspektive auf die Stadt und die Menschen entwickelt. Man kann aber auch gezielt in abgeriegelte Bereiche der Stadt eindringen, wie es Urban Explorer tun, in dem sie auf Hochhausdächer klettern und in private Firmengelände einbrechen.
Wer sich bewusst gegen den Strom der Stadt bewegt, sichtbare und unsichtbare Grenzen im Stadtraum überschreitet, eignet sich den Stadtraum an, erobert ihn sich zurück. Gleichzeitig prägt derjenige, der draußen rumläuft, das Stadtbild. Er oder sie hat teil am öffentlichen Leben, erhält Informationen, kann mitreden.
Für die Arbeit inspiriert
Nicht nur die Flaneure des 19. Jahrhunderts, sondern viele Künstler, politische Theoretiker und andere Denker wurden von der Straße, durch die Begehung des öffentlichen Raums mit den Begegnungen und Erfahrungen versorgt, die ihre Arbeit inspirierten.
Es ist kein Zufall, dass der Kanon der Flaneur-Literatur von weißen Männern geschrieben wurde, die weder Diskriminierung noch familiären Verpflichtungen im Haus und am Herd ausgesetzt waren. Die Stadt steht nicht allen Menschen gleich offen: Es ist ein Luxus, die Zeit zum Flanieren zu haben. Einige müssen zudem gegen Hindernisse geradezu anflanieren, denke man beispielsweise an Belästigungen. Wer trotzdem flaniert, leistet Widerstand.