Wie Angeln umweltverträglich werden kann
Der Fischtourismus, die Verbauung von Flüssen, die Erwärmung von Binnengewässern: Auf einer Konferenz in Berlin diskutierten rund 300 Experten über zentrale Probleme der Angelfischerei.
"In Calgary, wo ich lebe, gibt es viele Leute, die gern fischen, aber gleichzeitig haben wir zu wenige Ressourcen für sie."
John Post ist Biologe an der Universität in Calgary, Kanada.
"Wir haben eine Überfischung. Damit sind wir auch gleichzeitig gefährdet, den Wirtschaftsfaktor Sportfischerei zu verlieren, besonders nahe der großen Städte, wo sehr viele angeln wollen."
Die USA und Kanada sind führend in Fragen des Fischereimanagements, meint John Post. Doch auch bei uns in Deutschland rückt die Förderung einer flexiblen und anpassungsfähigen Angelfischerei immer mehr ins Zentrum der Aufmerksamkeit von Hobbyfischern und Verbänden. Wichtige Fragen nach der ökonomischen, sozialen und ökologischen Verträglichkeit des Freizeitsports werden immer intensiver erörtert. Dazu gehört auch die Wiederansiedlung verschwundener Arten in unseren heimischen Gewässern. Am Berliner Müggelsee wird daran seit Jahren gearbeitet.
"Wir sind hier im Leibniz–Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei in Berlin und stehen an der Außenanlage mit unseren Störbecken, wo wir einige Exemplare des amerikanischen Störs und des europäischen Störs halten."
Klein wirkt Nadja Neumann neben den sechs Meter großen Außenstörbecken des Leibniz-Institutes, kurz IGB genannt. Wenig später deutet die Fischmedizinerin in der Aquarienhalle dann auf die zwei Meter langen Störe, die majestätisch am Beckenfenster vorbeiziehen.
"Die Exemplare, die wir hier haben, sind von 1996, also jetzt mittlerweile 15 Jahre alt und gerade im geschlechtsreifen Alter. Der europäische Stör gilt in Deutschland als verschollen, als ausgestorben, schon seit etwa 40 Jahren. Gründe dafür sind zum einen die starke Befischung, aber auch der Verbau von Gewässern, der Querverbau durch Wehre oder Dämme."
Dieser Verbau von Fließgewässern, der die Wandermöglichkeiten von Stören, Lachsen oder Forellen beeinträchtigt, ist ein großes Problem, sagt Robert Arlinghaus, Fischbiologe am IGB. Dagegen ist die Überfischung von Hobbyanglern zweitrangig.
"Natürlich sind Angler interessiert daran, Fische zu entnehmen, aber es ist in gewisser Weise auch ein selbstregulierendes System. Man muss sich das so vorstellen: Wenn irgendwann die Fangraten zurückgehen, die Angelqualität zurückgeht, dann wird natürlich auch weniger gefischt. Das ist der erste wichtige Faktor, weswegen Überfischung, also Komplettverlust von Arten, eigentlich völlig ausgeschlossen ist. Der zweite Punkt ist, dass Fische eben auch sehr hohe Reproduktionsleistungen haben. Und demzufolge Überfischung auch ganz gut kompensieren können."
Doch das Einsetzen von extern aufgezogenen Fischen wie eben des Störs ist kompliziert und wirft einen ganz eigenen Fragenkomplex auf.
"Wo kommen die Fische her, was sind das für genetische Herkünfte, welche Populationen werden zusammengesetzt? Und das ist einfach ein Thema, was man stärker angucken muss und erforschen muss, um negative Auswirkungen auch besser zu kontrollieren."
Jedes Jahr reisen weltweit Millionen Angler in fischreiche Gebiete, um dort ihrem Hobby zu frönen. Nach Norwegen zum Beispiel: auf der Jagd nach Lachs in zahlreichen Flüssen, Hering, Makrele, Dorsch, Steinbeißer und Heilbutt in Fjorden und den küstennahen Regionen.
Keno Ferter, Fischbiologe an der Universität Bergen, aber sagt, dass die Angler aus aller Welt auch hier nicht direkt das Problem sind.
"Es darf pro Angeltourist 15 Kilo Fisch aus dem Land ausgeführt werden, plus einen Trophäenfisch. Jetzt ist es so, dass Angeltouristen nach Norwegen reisen, wahnsinnig viel Geld dafür bezahlen, und diese 15 Kilo Fisch innerhalb von wenigen Stunden im Grunde fangen können. Also müssten sie wieder nach Hause fahren, oder aufhören zu angeln. Was viele Angeltouristen jetzt machen, sie lassen einen Großteil des Fanges wieder frei. Ich habe berechnet, dass im Jahr 2009 über eine Million Dorsche in Norwegen durch Angeltouristen, alleine nur in Nordnorwegen, freigelassen wurden. Und jetzt wird man erst mal gucken, welcher Teil dieser Fische überlebt, die freigelassen werden."
Nicht viele, heißt es, denn die Schwimmblase der Fische ist meist durch den Fang verletzt. Dennoch könnte der Fisch überleben.
"Es gibt sogar Methoden, die man entwickeln kann, zum Beispiel dass man die Schwimmblase punktiert mit einer Nadel, und in dem Moment die Luft aus der Bauchhöhle herausbekommt, damit der Fisch wieder untertauchen kann. Aber das ist etwas, was wir halt gern entwickeln und testen würden, ob das mit Dorsch, Köhler oder auch anderen Fischarten klappen könnte."
Der Fischtourismus in Ländern wie Kanada, den USA oder Norwegen, die Verbauung von Flüssen oder zunehmende Nährstoffeinträge durch die Landwirtschaft in die Gewässer: Als gäbe es nicht schon genug Probleme, kommt ein generelles Problem unaufhaltsam immer näher. Weltweit werden auch die Binnengewässer immer wärmer. Das hat Folgen für manche Fischarten. John Post:
"Kaltwasserspezies wie Forellen etwa brauchen kaltes, fließendes und klares Wasser, darum geraten die gegenwärtig mehr und mehr in Stress. Und ich denke, in den nächsten Dekaden wird das noch schlimmer, nicht besser."
Robert Arlinghaus und sein Wissenschaftsteam vom IGB am Berliner Müggelsee versuchen schon jetzt diesem Trend entgegenzuarbeiten.
"Das ist einfach eine Sache, dass man dann Fische besetzen muss mit einem breiten Genpool, wo ein Anpassung an diese neue Situation möglich ist. Fische sind aber zum Glück auch sehr reproduktiv, so dass in der Regel auch die genetische Vielfalt da ist für diese Anpassung."
John Post ist Biologe an der Universität in Calgary, Kanada.
"Wir haben eine Überfischung. Damit sind wir auch gleichzeitig gefährdet, den Wirtschaftsfaktor Sportfischerei zu verlieren, besonders nahe der großen Städte, wo sehr viele angeln wollen."
Die USA und Kanada sind führend in Fragen des Fischereimanagements, meint John Post. Doch auch bei uns in Deutschland rückt die Förderung einer flexiblen und anpassungsfähigen Angelfischerei immer mehr ins Zentrum der Aufmerksamkeit von Hobbyfischern und Verbänden. Wichtige Fragen nach der ökonomischen, sozialen und ökologischen Verträglichkeit des Freizeitsports werden immer intensiver erörtert. Dazu gehört auch die Wiederansiedlung verschwundener Arten in unseren heimischen Gewässern. Am Berliner Müggelsee wird daran seit Jahren gearbeitet.
"Wir sind hier im Leibniz–Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei in Berlin und stehen an der Außenanlage mit unseren Störbecken, wo wir einige Exemplare des amerikanischen Störs und des europäischen Störs halten."
Klein wirkt Nadja Neumann neben den sechs Meter großen Außenstörbecken des Leibniz-Institutes, kurz IGB genannt. Wenig später deutet die Fischmedizinerin in der Aquarienhalle dann auf die zwei Meter langen Störe, die majestätisch am Beckenfenster vorbeiziehen.
"Die Exemplare, die wir hier haben, sind von 1996, also jetzt mittlerweile 15 Jahre alt und gerade im geschlechtsreifen Alter. Der europäische Stör gilt in Deutschland als verschollen, als ausgestorben, schon seit etwa 40 Jahren. Gründe dafür sind zum einen die starke Befischung, aber auch der Verbau von Gewässern, der Querverbau durch Wehre oder Dämme."
Dieser Verbau von Fließgewässern, der die Wandermöglichkeiten von Stören, Lachsen oder Forellen beeinträchtigt, ist ein großes Problem, sagt Robert Arlinghaus, Fischbiologe am IGB. Dagegen ist die Überfischung von Hobbyanglern zweitrangig.
"Natürlich sind Angler interessiert daran, Fische zu entnehmen, aber es ist in gewisser Weise auch ein selbstregulierendes System. Man muss sich das so vorstellen: Wenn irgendwann die Fangraten zurückgehen, die Angelqualität zurückgeht, dann wird natürlich auch weniger gefischt. Das ist der erste wichtige Faktor, weswegen Überfischung, also Komplettverlust von Arten, eigentlich völlig ausgeschlossen ist. Der zweite Punkt ist, dass Fische eben auch sehr hohe Reproduktionsleistungen haben. Und demzufolge Überfischung auch ganz gut kompensieren können."
Doch das Einsetzen von extern aufgezogenen Fischen wie eben des Störs ist kompliziert und wirft einen ganz eigenen Fragenkomplex auf.
"Wo kommen die Fische her, was sind das für genetische Herkünfte, welche Populationen werden zusammengesetzt? Und das ist einfach ein Thema, was man stärker angucken muss und erforschen muss, um negative Auswirkungen auch besser zu kontrollieren."
Jedes Jahr reisen weltweit Millionen Angler in fischreiche Gebiete, um dort ihrem Hobby zu frönen. Nach Norwegen zum Beispiel: auf der Jagd nach Lachs in zahlreichen Flüssen, Hering, Makrele, Dorsch, Steinbeißer und Heilbutt in Fjorden und den küstennahen Regionen.
Keno Ferter, Fischbiologe an der Universität Bergen, aber sagt, dass die Angler aus aller Welt auch hier nicht direkt das Problem sind.
"Es darf pro Angeltourist 15 Kilo Fisch aus dem Land ausgeführt werden, plus einen Trophäenfisch. Jetzt ist es so, dass Angeltouristen nach Norwegen reisen, wahnsinnig viel Geld dafür bezahlen, und diese 15 Kilo Fisch innerhalb von wenigen Stunden im Grunde fangen können. Also müssten sie wieder nach Hause fahren, oder aufhören zu angeln. Was viele Angeltouristen jetzt machen, sie lassen einen Großteil des Fanges wieder frei. Ich habe berechnet, dass im Jahr 2009 über eine Million Dorsche in Norwegen durch Angeltouristen, alleine nur in Nordnorwegen, freigelassen wurden. Und jetzt wird man erst mal gucken, welcher Teil dieser Fische überlebt, die freigelassen werden."
Nicht viele, heißt es, denn die Schwimmblase der Fische ist meist durch den Fang verletzt. Dennoch könnte der Fisch überleben.
"Es gibt sogar Methoden, die man entwickeln kann, zum Beispiel dass man die Schwimmblase punktiert mit einer Nadel, und in dem Moment die Luft aus der Bauchhöhle herausbekommt, damit der Fisch wieder untertauchen kann. Aber das ist etwas, was wir halt gern entwickeln und testen würden, ob das mit Dorsch, Köhler oder auch anderen Fischarten klappen könnte."
Der Fischtourismus in Ländern wie Kanada, den USA oder Norwegen, die Verbauung von Flüssen oder zunehmende Nährstoffeinträge durch die Landwirtschaft in die Gewässer: Als gäbe es nicht schon genug Probleme, kommt ein generelles Problem unaufhaltsam immer näher. Weltweit werden auch die Binnengewässer immer wärmer. Das hat Folgen für manche Fischarten. John Post:
"Kaltwasserspezies wie Forellen etwa brauchen kaltes, fließendes und klares Wasser, darum geraten die gegenwärtig mehr und mehr in Stress. Und ich denke, in den nächsten Dekaden wird das noch schlimmer, nicht besser."
Robert Arlinghaus und sein Wissenschaftsteam vom IGB am Berliner Müggelsee versuchen schon jetzt diesem Trend entgegenzuarbeiten.
"Das ist einfach eine Sache, dass man dann Fische besetzen muss mit einem breiten Genpool, wo ein Anpassung an diese neue Situation möglich ist. Fische sind aber zum Glück auch sehr reproduktiv, so dass in der Regel auch die genetische Vielfalt da ist für diese Anpassung."