Wie Bilder Politik widerspiegeln
Dieses Handbuch zeigt, wie im Lauf der Geschichte politische Themen in Bilder gegossen wurden. Neben Bildern, die eindeutige Propagandaziele verfolgen, erklärt es auch visuelle Phänomene, die sich in ihrem politischen Gehalt nicht sofort erschließen.
Ein Foto von 2005 zeigt den argentinischen Fußballstar Diego Maradona mit erhobener Faust neben dem venezolanischen Staatspräsidenten Hugo Chavez bei einer Protestkundgebung gegen das US-amerikanische Projekt einer gesamtamerikanischen Freihandelszone. Dass die Faust das Widerstandssymbol schlechthin ist, ist aus dem Artikel von Lutz Heusinger zur "Faust" zu erfahren, der sich im "Handbuch der politischen Ikonographie" findet. Ausgehend vom 15. Jahrhundert spannt Heusinger einen zeitlichen Bogen, der bis ins 21. Jahrhundert reicht. In Flandern nahm man im 15. Jahrhundert Personen, die Widerstand gegen die Staatsgewalt geleistet hatten, Nachbildungen ihrer Fäuste in Wachs und in Metall ab. Während die Wachsfaust durch eine brennende Fackel zum Schmelzen gebracht wurde, musste der Verurteilte Besserung geloben. Die eiserne Faust hingegen blieb erhalten und wurde mit einer Inschrift an einem öffentlichen Ort ausgestellt.
Äußerst faktenreich und sehr anschaulich wird nicht nur in diesem Beitrag gezeigt, welche politischen Themen in Bildern aufgehoben sind. Da sich viele politische Botschaften dem heutigen Betrachter aber nur schwer erschließen, erweist sich das Handbuch als ein unverzichtbares Hilfsmittel. Die drei Herausgeber Uwe Fleckner, Martin Warnke und Hendrik Ziegler haben sich für 141 Lemmata entschieden, sie reichen von "Abdankung" über "Herrscherinsignien" und "Volksmenge" bis zum "Zwerg".
Neben Bildern, die eindeutige Propagandaziele verfolgen, gibt es Phänomene des Visuellen – wie die "Jagd" oder den "Garten" – die sich in ihrem politischen Gehalt nicht sofort erschließen, in denen aber dennoch Herrschaftsstrukturen präsent sind. Die barocken Gartenanlagen gelten als "Spiegelbild der politischen Ordnung" und die Jagd wird als Ereignis beschrieben, bei dem der Fürst zur Ruhe kommen kann. Einzusehen ist allerdings nicht, warum der Beitrag zur "Jagd" im 17. Jahrhundert abbricht, da es doch – um nur ein Beispiel zu nennen – unter der Politprominenz der Ostblockstaaten im 20. Jahrhundert leidenschaftliche Jäger gab.
Die einzelnen Artikel zeichnen sich durch einen hohen Grad an Anschaulichkeit aus und es ist lobend hervorzuheben, dass die Textbeiträge mit den Abbildungen korrespondieren, sodass der Leser vor Augen hat, worüber referiert wird. Das Handbuch ist ohne Zweifel eine verlässliche und willkommene Bereicherung, denn es stellt eine Fülle von Informationen bereit. Der Wissenshorizont des Lesers erfährt eine beträchtliche Erweiterung, auch wenn nicht alle Beiträger beim Parcours durch die Jahrhunderte der Bildgeschichte in der unmittelbaren Gegenwart ankommen.
Beiträge zum "Flugblatt" oder zur "Folter" durfte man in einem "Handbuch der politischen Ikonographie" erwarten. Andere hingegen, wie beispielsweise zum "Pflasterstein" (genutzt zum Barrikadenbau während der Julirevolution von 1830; 1968 rissen die Studenten mit der Parole "Unter dem Pflaster der Strand" Pflastersteine aus der Straße) oder "Hand in der Weste" (die durch Napoleon zur Herrscherattitüde wurde) erweisen sich als Überraschungen. Das "Handbuch zur politischen Ikonographie" ist ein Meilenstein bei der Bilderschließung.
Besprochen von Michael Opitz
Uwe Fleckner, Martin Warnke, Hendrik Ziegler (Hrg.): Handbuch der politischen Ikonographie
C. H. Beck Verlag, München 2011
Zwei Bände, 519 und 618 Seiten, 128 Euro, Subskriptionspreis bis 31.12.2011 98 Euro
Äußerst faktenreich und sehr anschaulich wird nicht nur in diesem Beitrag gezeigt, welche politischen Themen in Bildern aufgehoben sind. Da sich viele politische Botschaften dem heutigen Betrachter aber nur schwer erschließen, erweist sich das Handbuch als ein unverzichtbares Hilfsmittel. Die drei Herausgeber Uwe Fleckner, Martin Warnke und Hendrik Ziegler haben sich für 141 Lemmata entschieden, sie reichen von "Abdankung" über "Herrscherinsignien" und "Volksmenge" bis zum "Zwerg".
Neben Bildern, die eindeutige Propagandaziele verfolgen, gibt es Phänomene des Visuellen – wie die "Jagd" oder den "Garten" – die sich in ihrem politischen Gehalt nicht sofort erschließen, in denen aber dennoch Herrschaftsstrukturen präsent sind. Die barocken Gartenanlagen gelten als "Spiegelbild der politischen Ordnung" und die Jagd wird als Ereignis beschrieben, bei dem der Fürst zur Ruhe kommen kann. Einzusehen ist allerdings nicht, warum der Beitrag zur "Jagd" im 17. Jahrhundert abbricht, da es doch – um nur ein Beispiel zu nennen – unter der Politprominenz der Ostblockstaaten im 20. Jahrhundert leidenschaftliche Jäger gab.
Die einzelnen Artikel zeichnen sich durch einen hohen Grad an Anschaulichkeit aus und es ist lobend hervorzuheben, dass die Textbeiträge mit den Abbildungen korrespondieren, sodass der Leser vor Augen hat, worüber referiert wird. Das Handbuch ist ohne Zweifel eine verlässliche und willkommene Bereicherung, denn es stellt eine Fülle von Informationen bereit. Der Wissenshorizont des Lesers erfährt eine beträchtliche Erweiterung, auch wenn nicht alle Beiträger beim Parcours durch die Jahrhunderte der Bildgeschichte in der unmittelbaren Gegenwart ankommen.
Beiträge zum "Flugblatt" oder zur "Folter" durfte man in einem "Handbuch der politischen Ikonographie" erwarten. Andere hingegen, wie beispielsweise zum "Pflasterstein" (genutzt zum Barrikadenbau während der Julirevolution von 1830; 1968 rissen die Studenten mit der Parole "Unter dem Pflaster der Strand" Pflastersteine aus der Straße) oder "Hand in der Weste" (die durch Napoleon zur Herrscherattitüde wurde) erweisen sich als Überraschungen. Das "Handbuch zur politischen Ikonographie" ist ein Meilenstein bei der Bilderschließung.
Besprochen von Michael Opitz
Uwe Fleckner, Martin Warnke, Hendrik Ziegler (Hrg.): Handbuch der politischen Ikonographie
C. H. Beck Verlag, München 2011
Zwei Bände, 519 und 618 Seiten, 128 Euro, Subskriptionspreis bis 31.12.2011 98 Euro