Jürgen Gottschlich und Dilek Zaptcioglu-Gottschlich: "Die Schatzjäger des Kaisers - Deutsche Archäologen auf Beutezug im Orient"
Christoph Links Verlag, Berlin 2021
336 Seiten, 25 Euro
Tricks, Intrigen und Bakschisch
11:37 Minuten
Für das deutsche Kaiserreich war der Pergamonaltar eine nationale Trophäe. Die deutschen Archäologen seien bei der Beschaffung damals nicht zimperlich gewesen, erzählen Jürgen Gottschlich und seine Frau in ihrem Buch "Die Schatzjäger des Kaisers".
In ihrem Buch "Die Schatzjäger des Kaisers" erzählen der Journalist Jürgen Gottschlich und seine Frau Dilek Zapticioglu-Gottschlich davon, wie Archäologen einst Kulturschätze des Osmanischen Reiches nach Deutschland brachten. Unter diesen Schätzen ist auch der berühmte Pergamonaltar.
Entdeckung des Pergamonaltars
Der Altar sei damals gestohlen worden, so die gängige Meinung heute in der Türkei. Die Verantwortlichen der Stiftung preußischer Kulturbesitz betonen hingegen, der Altar sei rechtlich und moralisch einwandfrei erworben worden.
Der deutsche Ingenieur Carl Humann hatte den Altar einst entdeckt und mit Unterstützung der Museen in Berlin geborgen und ins Deutsche Reich gebracht. Heute ist er der Publikumsmagnet im Berliner Pergamon Museum.
In den Archiven haben Gottschlich und seine Frau recherchiert und alte Unterlagen eingesehen. Demnach habe Humann zwar eine Grabungserlaubnis des Osmanischen Reiches gehabt. Allerdings habe diese Erlaubnis vorgesehen, dass die Ausgräber nur ein Drittel des Fundes behalten durften.
Die Sultane waren finanziell abhängig
"Sie haben es aber geschafft, den Altar komplett nach Berlin zu bringen", so Gottschlich. "Dazu brauchte man Intrigen, Tricks und Bakschisch und man hat die Situation im Osmanischen Reich ausgenutzt. Die Sultane waren finanziell von den europäischen Großmächten völlig abhängig. Sie mussten sich beugen und haben sich auch bei der Ausfuhr des Pergamonaltars gebeugt."
Auch nationalistische Motive hätten damals eine Rolle gespielt, erzählt Gottschlich. Die europäischen Kolonialmächte Großbritannien, Frankreich und Spanien demonstrierten auch mit ihren Museen staatliche Macht.
"Nach Gründung des deutschen Kaiserreiches wollte man dieselbe Weltgeltung erreichen wie die alten, großen Kolonialmächte und dazu gehörte auch kulturelle Repräsentanz", so Gottschlich. Nachdem in Berlin bekannt wurde, dass Humann einen spektakulären Fund gemacht habe, bekam er den Auftrag, den Altar zu beschaffen.
Neben dem Pergamonaltar gab es zahlreiche andere ebenfalls bedeutsame Funde, die Archäologen für das Deutsche Reich im Orient freigelegt und sich angeeignet haben. Darunter sind das Markttor von Milet, die Löwen von Babylon oder die Büste der Nofretete.
Keine nationale Trophäe
Nach dem Ersten Weltkrieg sei mit der "Raubgräberei" aber Schluss gewesen, erzählt Gottschlich. Die Türkei, Griechenland und auch Ägypten hätten in der Folge dafür gesorgt, dass Funde vor Ort blieben, was heute selbstverständlich sei.
Gottschlich erzählt, die Türkei habe nie offiziell die Rückgabe des Pergamonaltars gefordert, weil eine juristische Auseinandersetzung darüber nicht erfolgversprechend wäre. Das habe Griechenland erfahren, als es gegen das British Museum auf Rückgabe des Parthenonfries klagte.
Gottschlich sagt, der Pergamonaltar sei weder eine nationale Trophäe der Deutschen noch der Türken. Er sei in einer Zeit entstanden, als es beide Länder noch nicht gegeben habe, und daher gehe es in erster Linie darum, diesen Kulturschatz