Wie die US-Bürokratie den Antiamerikanismus fördert
Endlose Formulare, hohe Gebühren, Bittgänge beim Konsulat: Mit den Einreisebestimmungen der Homeland Security drängen die USA unbescholtene Bürger in die Rolle Verdächtiger - und stellen sie auf eine Stufe mit Terroristen. Hans Christoph Buch findet das zutiefst demütigend.
Amerika hatte schon lange nicht mehr einen so populären Präsidenten wie heute, aber es ist unbeliebter denn je. Weltweit hat Barack Obama höhere Sympathiewerte als John F. Kennedy, ganz zu schweigen von George W. Bush, doch Washington stößt nicht etwa seine Feinde vor den Kopf, sondern seine Freunde, allen voran die Deutschen.
Russland und China, Kuba, Nordkorea oder die arabischen Staaten halten an ihrer Hassliebe zu den USA fest, deren Politik sie bekämpfen, aber deren "way of life" sie fasziniert. In Westeuropa aber, speziell in der Bundesrepublik, wächst die Irritation, und das ist nicht etwa eine Neuauflage des Antiamerikanismus von gestern und vorgestern, als es um den Krieg in Vietnam oder die Stationierung von Cruise Missiles ging.
Das Paradox liegt darin, dass die wechselseitige Irritation kaum nachvollziehbare Gründe hat, Stichworte Guantánamo und Abu Ghraib, Lehman Brothers oder Goldman Sachs. Was die Europäer – speziell die Deutschen – auf die Palme bringt, ist nicht die berechtigte Erregung über Leichenschändungen und Folter in Afghanistan oder Amerikas klammheimliche Freude über die Schuldenkrise der EU, sondern eine Erfahrung, die jeder USA-Reisende macht und die größere Verdrossenheit erzeugt als FBI oder CIA.
Gemeint sind die hinter Abkürzungen wie ESTA und APIS verborgenen Einreisebestimmungen der Homeland Security, die unbescholtene Bürger in die Rolle Verdächtiger drängen und mit Terroristen auf eine Stufe stellen – so als strebe ganz Europa danach, illegal in die USA einzureisen. Der Ärger beginnt mit dem Ausfüllen schier endloser Formulare, in denen Vor- und Nachnamen der Großeltern und die genauen Daten früherer USA-Besuche abgefragt werden – nicht nur Monat und Jahr, sondern auf den Tag genau.
Irrt der Antragsteller oder lässt eine Frage unbeantwortet, hat er eine US-Behörde belogen oder nicht die Wahrheit gesagt, woraus man ihm bei Bedarf einen Strick drehen kann. Dass das Ganze auf schwer zu erreichenden Web-Sites vonstatten geht, die sich nach ein paar Minuten automatisch abschalten und alle eingegebenen Daten löschen, sofern man nicht das dafür vorgesehene Feld anklickt, sei nur am Rande vermerkt.
Ich habe jahrelang in den USA gelebt und gelehrt, aber als eine renommierte Universität im Staat New York mich als Writer in Residence einlud, musste ich eine Mitarbeiterin anstellen, um einen Wust von Formularen durchzuarbeiten – schon die elektronische Überweisung der nicht zu knappen Gebühren war ein Kapitel für sich. Der Tiefpunkt der Demütigung aber war erreicht, als ich mich um sieben Uhr früh unter die Bittsteller einreihen musste, die vor dem US-Konsulat in Berlin-Dahlem Schlange standen und trotz Regen und eisigem Wind nur einzeln vorgelassen wurden.
Bürokratisch klingt verharmlosend, zynisch ist angemessener, denn am Ende der ermüdenden Prozedur, als eine höfliche Beamtin mir meinen Pass zurückgab, wollte sie wissen, wie die Abfertigung mir gefallen habe.
Amerika war nie so unbürokratisch, wie es im Wunschdenken vieler Europäer erschien, aber früher genügte der Einladungsbrief einer amerikanischen Universität und nach einem kurzen Gespräch stempelte der Visa-Offizier den Sichtvermerk in den Pass.
Die kafkaesk wuchernde Bürokratie hat die USA nicht sicherer gemacht, auch wenn das Gegenteil behauptet wird, die Homeland Security ist wie die Krebsvorsorge, die selbst Krebs erzeugt. Bislang hat sie nur eins geschafft: die Vereinigten Staaten bei ihren Freunden in Verruf zu bringen. Kontraproduktiv ist das richtige Wort dafür.
Russland und China, Kuba, Nordkorea oder die arabischen Staaten halten an ihrer Hassliebe zu den USA fest, deren Politik sie bekämpfen, aber deren "way of life" sie fasziniert. In Westeuropa aber, speziell in der Bundesrepublik, wächst die Irritation, und das ist nicht etwa eine Neuauflage des Antiamerikanismus von gestern und vorgestern, als es um den Krieg in Vietnam oder die Stationierung von Cruise Missiles ging.
Das Paradox liegt darin, dass die wechselseitige Irritation kaum nachvollziehbare Gründe hat, Stichworte Guantánamo und Abu Ghraib, Lehman Brothers oder Goldman Sachs. Was die Europäer – speziell die Deutschen – auf die Palme bringt, ist nicht die berechtigte Erregung über Leichenschändungen und Folter in Afghanistan oder Amerikas klammheimliche Freude über die Schuldenkrise der EU, sondern eine Erfahrung, die jeder USA-Reisende macht und die größere Verdrossenheit erzeugt als FBI oder CIA.
Gemeint sind die hinter Abkürzungen wie ESTA und APIS verborgenen Einreisebestimmungen der Homeland Security, die unbescholtene Bürger in die Rolle Verdächtiger drängen und mit Terroristen auf eine Stufe stellen – so als strebe ganz Europa danach, illegal in die USA einzureisen. Der Ärger beginnt mit dem Ausfüllen schier endloser Formulare, in denen Vor- und Nachnamen der Großeltern und die genauen Daten früherer USA-Besuche abgefragt werden – nicht nur Monat und Jahr, sondern auf den Tag genau.
Irrt der Antragsteller oder lässt eine Frage unbeantwortet, hat er eine US-Behörde belogen oder nicht die Wahrheit gesagt, woraus man ihm bei Bedarf einen Strick drehen kann. Dass das Ganze auf schwer zu erreichenden Web-Sites vonstatten geht, die sich nach ein paar Minuten automatisch abschalten und alle eingegebenen Daten löschen, sofern man nicht das dafür vorgesehene Feld anklickt, sei nur am Rande vermerkt.
Ich habe jahrelang in den USA gelebt und gelehrt, aber als eine renommierte Universität im Staat New York mich als Writer in Residence einlud, musste ich eine Mitarbeiterin anstellen, um einen Wust von Formularen durchzuarbeiten – schon die elektronische Überweisung der nicht zu knappen Gebühren war ein Kapitel für sich. Der Tiefpunkt der Demütigung aber war erreicht, als ich mich um sieben Uhr früh unter die Bittsteller einreihen musste, die vor dem US-Konsulat in Berlin-Dahlem Schlange standen und trotz Regen und eisigem Wind nur einzeln vorgelassen wurden.
Bürokratisch klingt verharmlosend, zynisch ist angemessener, denn am Ende der ermüdenden Prozedur, als eine höfliche Beamtin mir meinen Pass zurückgab, wollte sie wissen, wie die Abfertigung mir gefallen habe.
Amerika war nie so unbürokratisch, wie es im Wunschdenken vieler Europäer erschien, aber früher genügte der Einladungsbrief einer amerikanischen Universität und nach einem kurzen Gespräch stempelte der Visa-Offizier den Sichtvermerk in den Pass.
Die kafkaesk wuchernde Bürokratie hat die USA nicht sicherer gemacht, auch wenn das Gegenteil behauptet wird, die Homeland Security ist wie die Krebsvorsorge, die selbst Krebs erzeugt. Bislang hat sie nur eins geschafft: die Vereinigten Staaten bei ihren Freunden in Verruf zu bringen. Kontraproduktiv ist das richtige Wort dafür.
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